Escape und der königliche Skandal

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Im 18. Jahrhundert hatte der Status des Pferderennsports und seine Bedeutung andere Ausmaße als in unserer Zeit. Vor allem in England. Dort galt der von 1762 bis 1830 lebende Prince of Wales George IV als eine kontroverse Figur- Und er war verantwortlich für einen großen königlichen Skandal, der im Zusammenhang mit einem Pferd namens Escape stand. Und aus diesem Skandal war kein „Escape“ mehr möglich, also kein „Rauskommen“. Denn den spätere König von England war beleidigt.

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Über den Prince of Wales George IV

Prince of Wales George IV, 1811, Foto: TT
Prince of Wales George IV, 1811, Foto: TT

Zeitgenossen beschreiben den Monarchen als seltsamen, egoistischen Menschen, der nicht wirklich dazu gehörte. Er war wohl kein einfacher Charakter. Dass er sich für Pferderennen interessierte, soll dem Vertrauen, das seine Familie in ihn gesetzt hatte, nicht gerade gut getan haben. Aus der damaligen Zeit existieren satirische Zeichnungen, die den Prinzen mit diversen Ladies zeigen. Er scheint also auch ein Frauenheld gewesen zu sein. Und wurde, was die Geschichte noch interessanter macht, zu King George IV – und somit zum König von England. Es handelt sich um einen Ahnen der aktuellen Königin und ihrer Nachkommen. Und auch die begeistern sich bekanntlich größtenteils für die schnellen Pferde.

Der Prinz und die Eclipse Affair

Der größte Skandal, in den George verwickelt war, ist die Escape Affäre oder besser gesagt die Escape Affair. Aber war er wirklich verwickelt und war es nach heutigen Maßstäben tatsächlich ein Skandal? Das kann man so nicht sagen… Also: Wir befinden uns in England. Alles trug sich im Oktober des Jahres 1791 zu. Genauer gesagt am 20. Oktober bestritt das gleichnamige Pferd in Newmarket eine Prüfung über 3200 Meter. Ein damals führender Reiter namens Sam Chifney saß im Sattel. Er hat später eine Autobiografie veröffentlicht, die den nicht gerade bescheidenen Titel „Genius Genuine“ trug. Er sah sich selbst als Genie… Escape ging als haushoher Favorit auf die Reise und er hatte nur drei Gegner. Und am Ende wurde er Letzter. Bereits einen Tag später war er wieder in Action und traf über 6400 Meter auf fünf Rivalen, ebenfalls in Newmarket. Zwei davon hatte er am Nachmittag zuvor den Vortritt lassen müssen. Diesmal war die Quote um einiges höher. Und es wird jetzt nicht überraschen, dass Escape gewann, denn sonst hätte sich kein Skandal entsponnen. Denn dieser Sieg hatte Folgen.

George IV In Carriage, Foto: TT
George IV In Carriage, Foto: TT

War alles geplant?

Es gingen nach diesem Erfolg direkt Gerüchte herum, dass sein Reiter Escape am Tag zuvor mit Absicht am Sieg gehindert hat, damit die Quote steigen würde. Übrigens durften damals die Jockeys noch selbst wetten. Der Jockey Club untersuchte den Fall. Dies war fraglos nicht einfach in einer Zeit, in der es keinerlei Aufzeichnungen gab. Man konnte sich das Rennen also nicht noch einmal anschauen, war auf die Aussagen aller Beteiligten angewiesen. Besagter Reiter redete sich heraus. Und man gab dem Prinzen die Schuld. In welcher Form ist nicht überliefert, aber allem Anschein nach nahm man wohl an, dass er die erste schwache Form seines Pferdes angeordnet hat und am zweiten Tag gewinnen wollte – wegen der Quote. Dabei wird es dem Prinzen nicht am Geld gemangelt haben, aber dies nur nebenbei. Der spätere King George VI regte sich darüber so sehr auf, dass er seinen Stall in Newmarket mehr oder minder spontan schloss und nie wieder in die Stadt zurück kam. Für Newmarket war das alles andere als gut.

Eine Entschuldigung 14 Jahre später

14 Jahre später entschuldigten sich die damals Verantwortlichen beim Prinzen, der mittlerweile gekrönt worden war und somit die wichtigste Persönlichkeit im ganzen Land. Sie hatten ihn wegen seines Rufs als junger Mann zum Schuldigen erklärt und nicht aufgrund von Fakten. Wenn es überhaupt einen Verantwortlichen gab, dann war es besagter Reiter. Das war zwar schon damals allem Anschein nach allseits klar. Aber er wurde dennoch nicht beschuldigt, denn der Ruf von Sam Chifney war tadellos. Damals hochrangige Persönlichkeiten wie Sir Charles Bunbury (der das Derby quasi mit erfunden hat und mit seinem Hengst Diomed die erste Austragung gewann) schrieb an den späteren König. Der Brief ist erhalten geblieben. Wie es heißt, wurde der sprichwörtliche Olivenzweig nicht angenommen. King George erschien zwar auf der Rennbahn von Ascot das eine oder andere Mal und er begeisterte sich weiterhin für den Sport, was er bekanntlich seinen Ahnen wie man so sagt in die Wiege gelegt hat. Aber Newmarket hat nie wieder betreten.

Diomed, Foto: TT
Diomed, Foto: TT

Irgendwie kann man es verstehen…

Der Skandal, der mit dem ansonsten vergessenen Pferd Escape in Verbindung steht, war also im Grunde eine Anschuldigung an den späteren König von England, die auf einer fehlerhaften Annahme basierte. Und weil die Person in der Öffentlichkeit nicht allzu hoch angesehen war, weil sie nicht den Normen entsprach. Nicht die große Persönlichkeit war für den Skandal verantwortlich, sie war stattdessen das Opfer. Die Reichen und die Mächtigen hatten es damals schon nicht leicht, was Vorurteile betrifft.

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