Ostern hatte für Adrie de Vries (47) nicht ganz nach Wunsch begonnen. Wegen einer Grippe musste er am Sonntag in Hoppegarten seine Ritte absagen und verpasste dadurch einen Siegritt. Doch schon am Ostermontag demonstrierte der wegen seiner Herkunft gerne als „fliegender Holländer“ titulierte Klassejockey wieder in Köln seine große Klasse, u.a. beim Erfolg mit dem Röttgener Elias im Ausgleich II.
Seit der Jahrtausendwende gehört der frühere Abo-Champion der Niederlande (13 Titel) zu den absoluten Stars der Sattelkünstler bei uns. 2014 wurde er hier sogar Titelträger, 2016 belegte er Rang drei der Statistik. Über 1.700 Siege stehen auf dem Konto des Reiters, der allein im Inland im Vorjahr 925.860 Euro mit den von ihm gesteuerten Pferden für die Besitzer in Deutschland verdiente.
Aber nicht nur hierzulande weiß man um seine Qualitäten. In den Wintermonaten trumpfte er wieder einmal am Persischen Golf riesig auf. In Dubai gewann er dabei mehrfach für den größten Pferdebesitzer der Welt, Sheikh Mohammed und dessen blaue Godolphin-Erfolgsflotte. Doch nun hat die große Saison in Deutschland begonnen, und der Stalljockey von Markus Klug freut sich auf die kommenden Wochen.
Exklusiv im RaceBets Blog gibt er in unserer Rubrik Galopp+Insider einen Einblick in seine bisherige Laufbahn, die Hoffnungen für 2017 und sein Leben als Jockey.
„Der Winter war für mich eine sehr gute Zeit. Ich hatte mein bisher bestes Jahr in Dubai, wo ich seit drei Jahren regelmäßig bin. Insgesamt arbeite ich schon seit etwa zehn Jahren während der kalten Jahreszeit im arabischen Raum. Es war eine große Chance, auch für Godolphin zu reiten, und die habe ich nutzen können. Allein schon in den blauen Farben in den Sattel zu steigen, ist ganz speziell. Der Kontakt zu Trainer Saeed bin Suroor besteht seit vielen Jahren, als ich mit Campanologist für Frankie Dettori im Kölner Rheinland-Pokal eingesprungen bin und das Gruppe I-Rennen gewonnen habe. Bei unserem Wiedersehen in Dubai hat Saeed mich gleich erkannt. Scheich Mohammed hat mir nach einem Sieg auch gratuliert und die Hand gegeben, das war eine Klasse-Sache.
Hier in Deutschland ist im Winter nicht viel zu verdienen. In Dubai ist das Klima super, es gibt Top-Rennen, und es lohnt sich finanziell. Meine Frau und meine beiden Söhne, von denen Liam selbst ein paar Ponyrennen bestritten hat, aber doch nun zu groß geworden ist und lieber studiert, haben mich mehrfach besuchen können. Im nächsten Winter werde ich an den Stall von Ismael Mohammed zurückkehren. Das ist ein kleines Quartier mit Handicappern, so dass ich öfter für Saeeds Pferde frei sein werde.
Man hat mich gefragt, was ich im Sommer machen würde. Aber ich arbeite für einen Top-Stall in Deutschland, was mir große Freude bereitet. Allerdings wird Saeed mich informieren, wenn er in England den ein oder anderen Ritt für mich hat. Vielleicht kann ich dann auch bei schönen Meetings in England dabei sein, wie in dieser Woche.
Bei Markus Klug bin ich nun im zweiten Jahr Stalljockey. Die Zusammenarbeit verläuft ausgezeichnet. Es freut mich auch sehr, wieder in Deutschland zu sein. Der Stall ist erstklassig, und die Trainingsmöglichkeiten in Röttgen sind sowieso ideal. Wir haben für dieses Jahr einige vielversprechende Pferde zur Verfügung, vor allem bin ich auf die Dreijährigen gespannt. Ich denke, dass wir in den klassischen Rennen einiges bewegen können.
Für das Derby gibt es vier oder fünf Kandidaten, die in Frage kommen. Heraus steht keiner (Zum Derby-Wettmarkt).
Windstoß hat in sehr guter Manier gewonnen. Ich glaube, dass er sich als phlegmatischer Typ weiter steigern kann. Colomano, Kastano und Northsea Star sind weitere Hoffnungen. Sehr gut in die Saison gestartet ist die Stute Alicante. Sie sieht aus wie ein Diana-Pferd. In Köln war die Distanz noch zu kurz für sie. Sie ist schon ein Trumpf für weitere Wege. (Zum Diana-Wettmarkt).
Bei den Älteren können sich Degas oder El Loco sicherlich Gruppe-Rennen schnappen. Kasalla ist ein Pferd für die Big Points. Sie war im Vorjahr schon Gruppe I-platziert und hat sich über den Winter gut gemacht.
Im Dr. Busch-Memorial am Sonntag reite ich Dia Del Sol (Zum Wettmarkt). Ich habe mich für ihn entschieden, da ich glaube, dass er auf dieser Distanz stärker ist. Ein richtiges Guineas-Pferd. Colomano wird sich vielleicht als Derby-Pferd entwickeln.
Das Championat ist für mich nicht einfach zu gewinnen, da ich Ende Oktober wieder nach Dubai gehen werde. Ich möchte in erster Linie viele Sieger für unseren Stall reiten. Einmal habe ich den Titel geholt, obwohl ich nur gut sechs Monate hier war.
Angefangen hat meine Karriere durch meinen Vater. Er war Pferdebesitzer und hatte auch Ponys. Wir waren in Holland viel auf kleinen Bahnen unterwegs. Dann hat mich die Zeit bei Jan Pubben und Math Snackers sehr geprägt. Mit Jan habe ich regelmäßig Kontakt. Er war zuletzt auch beim Geburtstag meines Sohnes dabei.
Mein erster Job in Deutschland war bei Andy Trybuhl. Mit Lucky Strike haben wir viele Gruppe-Rennen gewonnen. Das war das Pferd, das meine Laufbahn hier in Gang gebracht hat. Auch hatte ich meinen zweiten Ruf an Waldemar Hickst und Hans-Albert Blume vergeben. Das war mein erster Kontakt zu Röttgen. Vier Jahre war ich beim Gestüt Schlenderhan. Anschließend habe ich ein Jahr als Freelancer und dabei oft für Mario Hofer gearbeitet. Und 2014 durfte ich Andrasch Starke bei Peter Schiergen vertreten.
Das schönste Erlebnis war mein Sieg mit Energizer in Royal Ascot. Aber natürlich hat auch der Erfolg mit Prize Money am Super Saturday in Dubai eine besondere Bedeutung für mich.
Das Deutsche Derby habe ich noch nie gewonnen, war aber schon ein paar Mal Zweiter. Es wäre natürlich schön, wenn es in diesem Jahr klappen würde und würde meine Karriere komplett machen.
Mein Gewicht habe ich mit 56 Kilo gut unter Kontrolle. In Gruppe-Rennen kann ich auch 55 Kilo schaffen. Natürlich muss ich auf mein Essen achten, aber hungern brauche ich nicht. Hobbies habe ich kaum, mache aber viel Sport. In Dubai habe ich viel Freizeit und lege Wert auf Fitness. Der Pferdesport ist für mich Beruf und Hobby zugleich.
Ich werde sicher immer etwas mit Pferden zu tun haben. Da es immer noch bergauf geht und ich weiterhin Riesenspaß am Reiten habe, werde ich das bestimmt noch ein paar Jahre machen. Die Arbeit als Trainer hat mich stets interessiert, aber alles Weitere wird die Zukunft zeigen.“
Galopp+Insider Adrie de Vries: „Vielleicht gewinne ich dieses Jahr mein erstes Derby in Deutschland“
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