Am 16. Mai feiert Annika Fust den 37. Geburtstag in ihrer Wahl-Heimat Warendorf bzw. in ihrem Rennstall in Sassenberg. Aber schon vor einigen Wochen hatte die noch unter ihrem Mädchennamen Annika Rosenbaum bekannte Ex-Amateurreiterin allen Grund zu feiern. Die Geschichte ähnelt der von David gegen Goliath. Denn der von ihr vorbereitete Galopper Mighty Mouse hatte das Kunststück fertig gebracht, wie schon 2012 (in Köln) auch 2017 den Grand Prix Aufgalopp (Listenrennen), diesmal in Düsseldorf, zu gewinnen, und dies als eines von gerade einmal vier Pferden, die in ihrem Rennstall stehen, gegen die großen Trainer Deutschlands.
Im Galopp+Insider auf dem Blog von RaceBets schildert Annika Fust exklusiv, was ihr dieser Überraschungserfolg bedeutet und wie sich ihr Leben im Turf bislang gestaltet hat.
„Die Pferde sind Teil meines Lebens und nicht weg zu denken. Ich habe mein Schulpraktikum auf der Rennbahn bei dem früheren Dortmunder Trainer Arnold Zweifel absolviert, wo ich dann auch als Amateur geritten habe. Meine Zeit als Reiterin war mit 81 Siegen für mich persönlich sehr erfolgreich, da ich zum einen leidenschaftlich gerne Rennen geritten habe und zum anderen unheimlich viel gelernt habe, wovon ich auch jetzt als Trainerin noch sehr profitiere.
Leider beendete ein schwerer Unfall im August 2012 in Magdeburg meine Karriere sehr abrupt. Beim Aufgalopp zur Startstelle brach mein Pferd unverhofft weg, und ich landete ganz unspektakulär auf meinen beiden Beinen, die leider der Kombination aus Geschwindigkeit und festem Boden nicht standhielten. Dabei habe ich mir beide Beine gebrochen und war lange Zeit auf den Rollstuhl angewiesen. Das war schon ein sehr einschneidendes Erlebnis und eine schwierige Zeit. Und gesundheitlich ist es das immer noch. Jedoch war es wahrscheinlich auch gleichzeitig einer meiner glücklichsten Tage, da ich durch den Unfall meinen Ehemann kennengelernt habe und wir mittlerweile einen 7 Monate alten Sohn haben. Ich denke, ein größeres Glück gibt es nicht.
Später habe ich angefangen zu trainieren, zunächst für Hans-Heinrich Jörgensen in Großenkneten, und seit 2014 in ganz kleinem Rahmen in Warendorf. Ein Erfolgsgeheimnis habe ich nicht, aber die Faszination ist der Vollblüter an sich. Seine individuelle Persönlichkeit und Leistungsbereitschaft begeistern mich.
Natürlich ist Mighty Mouse mein absolut bestes Pferd. Bisherige Highlights kann ich gar nicht so unbedingt benennen, da er seit seinem Comeback 2015 noch nicht bei einem einzigen Start enttäuscht hat. Gesundheitlich hat er schon einiges hinter sich, im Dezember 2014 eine Operation am Kehldeckel. Hier gilt ein großes Dankeschön der Klinik Domäne Karthaus und Frau Dr. Hornig, ohne die eine zweite Rennkarriere nicht möglich gewesen wäre. Ab Januar 2015 schloss sich eine lange Aufbauphase an, es gab aber erneute gesundheitliche Schwierigkeiten, nach wie vor Luftprobleme, Allergien, Magengeschwüre und Gelenkprobleme.
Der Erfolg mit Mighty Mouse im Grand Prix-Aufgalopp in Düsseldorf, fünf Jahre nach dem ersten Sieg in diesem Rennen, war schon überwältigend. Man darf nicht vergessen, dass er neun Jahre alt ist und aufgrund seiner Wehwehchen zwischen den Rennen lange pausiert. Wenn man dann aus der Winterpause kommt und er so eine Leistung abruft, dann ist das einfach überwältigend. Ich freue mich einfach, wenn das Ergebnis meiner Arbeit auf der Rennbahn positiv ausfällt und man sieht, wo man steht und was vielleicht noch geht oder was auch eben nicht geht. Jetzt genießt Mighty Mouse wieder eine Auszeit. Voraussichtlich wird er im August in einem Listenrennen in Düsseldorf laufen und dann im St. Leger in Dortmund. Das hängt jedoch alles vom Pferd ab. Er geht Ende der Saison definitiv in seinen wohlverdienten Ruhestand.
Ich bereite unsere Pferde in Warendorf vor, auf der Reitanlage Hof Freitag, mit Anbindung an die Trainingsbahn von Gregor Baum, die wir glücklicherweise nutzen dürfen, ansonsten wäre eine professionelle Vorbereitung nicht möglich. Allerdings trainiere ich nur in kleinem Rahmen, die Kapazitäten auf unserem Hof geben gar nicht mehr her. Nach meinem Unfall habe ich eine Ausbildung zur Übungsleiterin für Rehabilitationssport gemacht.
Mit unserer kürzlich in Hannover erfolgreichen Stute Nada Alward wollen wir nach Möglichkeit in Hannover weiter machen, da sie auf dem Linkskurs besser aufgehoben ist. Ziel ist es, mit ihr einmal Black Type zu erreichen. Außerdem haben wir einen mittlerweile dreijährigen Wallach Dukat aus der Röttgener Zucht auf der Auktion erworben. Er ist talentiert, steht jedoch stark im Wachstum und wird noch viel Zeit benötigen. Die vierjährige Stute Nastasia, ebenfalls auf der Zucht des Gestüts Röttgen, zeigt starke Arbeitsleistungen. Es gilt, diese im Rennen zu übertragen, was sich aufgrund ihrer Dauerrosse sehr schwierig gestaltet. Gerne hätte ich einen Mighty Mouse in jung.
Meine Lieblingsbahn ist ohne Frage Düsseldorf. Alles ereignete sich hier, mein erster Sieg als Amateur mit Bel Etoile, mein erster Sieg als Trainerin mit Chairlady, nun noch der Listen-Erfolg mit Mighty Mouse, sowie viele weitere emotionale Momente für unseren Stall mit Abbashiva und Enora. Meine Familie und meine Pferde sind das Wichtigste für mich. Für die Zukunft ist mir nicht bange, denn ich bin generell ein positiv denkender Mensch!“