Galopp+Insider Gabriele Gaul: Zwei Gäule mit Faible für feine Pferde

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Gabriele Gaul hat gemeinsam mit ihrem Mann die B.A.U. GmbH & Co. KG aufgebaut: Das Bauträgerunternehmen wurde vor allem mit dem architektonisch und technisch wegweisenden Büropark Eastsite in Mannheim-Neuostheim überregional bekannt. Über Ehrenämter im Badischen Rennverein Mannheim-Seckenheim wurde aus der Pferdeliebhaberin Gabriele Gaul eine professionelle Züchterin. Was bei ihr die Pferde, sind bei ihm die Pferdestärken: Gatte Peter hat ein Faible für Oldtimer, von denen er einige besitzt.
Exklusiv im Galopp+Insider auf dem RaceBets-Blog gibt Gabriele Gaul einen Einblick in ihr Leben im Galoppsport.
„Klar fand ich – wie fast alle jungen Mädchen – Pferde schon immer toll. Schon als Kind war ich einmal mit meiner Mutter auf der Rennbahn in Baden-Baden. Als ich junges Mädchen war, zogen wir von Mainz nach Mannheim. Und schon als Schülerin war ich auf der Rennbahn in Mannheim-Seckenheim. Damals begeisterten mich zugegebenermaßen eher die Tiere als die Rennen. Dann war das Thema ‚Pferde’ allerdings erstmal weit weg: Ich habe eine Lehre als Groß- und Außenhandelskauffrau gemacht, im Holzhandel gearbeitet, meine erste eigene Wohnung bezogen: Eine Zeit, in der eine junge Frau 1000 Dinge im Kopf hat. Da interessierte ich mich mehr für Zweibeiner mit langen Mähnen als für Vierbeiner mit langen Mähnen.
Trotzdem habe ich wenig später, noch während meiner Ausbildung, im Reiterverein Mannheim Reitstunden genommen. Leider reichte das Talent nicht, um aus mir eine gute Reiterin zu machen. Aber zumindest Mitglied bin ich heute noch im Reiterverein.
1988 habe ich meinen Mann Peter kennengelernt, 1990 haben wir geheiratet – leider ohne Pferdekutsche – und uns gleich zusammen als Bauträger selbstständig gemacht. So hatte ich nicht mehr 1000 Dinge im Kopf, sondern musste 1000 Dinge tun. Ende 1996 haben wir dann die B.A.U. übernommen Die ersten Jahre waren hart, und mein Mann war unglaublich viel unterwegs zwischen dem Ruhrgebiet und den damals noch wirklich neuen Ländern. Immerhin kamen wir 1997 auf den Hund: Carlos begleitete uns fortan ins Büro und bis 2013 durchs Leben.
Später habe ich mich ehrenamtlich im Rennverein engagiert. Es war schön, jetzt direkten Kontakt zu Pferden zu haben. Die Eleganz und Schnelligkeit der Rennpferde faszinierten mich sofort. Und dann … eigentlich ist natürlich mein Mann an allem schuld: 1995 wurde er Vize-Präsident des Badischen Rennvereins Mannheim-Seckenheim: Da war nicht Pferdeverstand, sondern sein wirtschaftliches Talent gefragt. Als Ehegattin war ich sozusagen mitverpflichtet wie die klassische Pastorenfrau; in dieser Zeit habe ich mich vor allem um die Sponsoren gekümmert. Als Peter 2005 Präsident wurde, gab es keine Ausreden mehr: Jetzt musste endlich ein eigenes Pferd her!

Mutterstute Ericarrow mit Fohlen Enzo auf der Weide am 28.03.2017 im Gestüt Römerhof.

Leider hatten wir mit den ersten Pferden, die wir gekauft haben, keine glückliche Hand. Dann kam die Stute Ericarrow: In Baden-Baden wurde sie Dritte in einem Blacktype-Rennen, in Mannheim gewann sie einen Weltmeisterschaftslauf. Und dann verletzte sie sich und konnte keine Rennen mehr laufen. Es war zum Heulen!
Doch sie war es, die mich zur Züchterin machte: Auch nach ihrer Verletzung wollte ich dieses großartige Pferd keinesfalls verkaufen. Ericarrow ist charakterstark, gelassen, pfeilschnell – und sie hat ein unglaubliches Kämpferherz. Die Idee, dass diese tolle Stute noch tollere Fohlen bekommen könnte, ließ mich nicht mehr los. Mein Mann fand die Idee, gelinde gesagt, ziemlich verrückt.
Zugegebenermaßen bin ich ziemlich naiv an die Zucht gegangen. Es war eine unglaublich aufregende Zeit – und ich musste viel lernen: Wen nehme ich als Papa, also: welchen Hengst? Passt die Blutlinie, damit ein erfolgreiches Rennpferd heranwachsen kann? Kann ich meinen Wunschhengst überhaupt bezahlen? 2010 wurde Ericarrow erstmals gedeckt und nach elf Monaten kam ein gesundes Hengstfohlen auf die Welt. Und bei diesem Anblick waren mögliche spätere Erfolge erst mal völlig unwichtig …
Eric siegt unter Alexander Pietsch im Ferdinand Leisten-Memorial (BBAG Auktionsrennen) am 18.10.2013 Renntag in Baden-Baden.

Und dieser Eric, das erste Fohlen von Ericarrow und das Erste aus meiner Zucht, gewann 2013 gleich das höchstdotierte Rennen für Zweijährige in Baden-Baden/Iffezheim! Trotzdem wurde dieser 1,58 Meter große Zwerg, der das Kämpferherz seiner Mutter geerbt hat, von der Fachwelt schlicht übersehen: Beim IDEE 145. Deutschen Derby in Hamburg 2014 wurde der 658:10-Außenseiter Vierter! In dem berühmten Rennen für dreijährige Hengste, an dem jedes Pferd nur einmal in seinem Leben teilnehmen darf. Und als er dann noch im Großen Preis der Sparkasse Krefeld Gruppe-III-Rennen in Krefeld siegte, war der Erfolg perfekt: A Star was born … Diesen Sieg werde ich nie vergessen. Unfassbar war Erics Auftritt ein Jahr später beim 80. Gerling-Preis in Köln, ein Gruppe II-Rennen. Eric stürmte reiterlos aus der Startbox und lief die komplette Renndistanz von 2.400 Metern. Daraufhin musste er vom Tierarzt gecheckt werden, wurde für den „echten“ Start freigegeben und in diesem Rennen tatsächlich noch Dritter!
Ich hatte absolutes Anfängerglück als Züchterin. Oder Instinkt. Wahrscheinlich beides. Und weil Leidenschaft mit den Erfolgen kommt, wurde aus der naiven Pferdefreundin eher ungeplant eine professionelle Züchterin: Es ging immer weiter und wurde immer ernsthafter und immer professioneller und immer anstrengender – und macht gleichzeitig immer mehr Spaß. Seit 2014 immer mit dabei ist Arctic Ice, genannt Icy, ein schneeweißer Terrier mit schwarzgepunkteten Ohren und dem Gemüt eines Buddha.
Leider findet mein Arbeitsalltag nicht direkt bei meinen Pferden statt: Die stehen in den Rennställen von Christian von der Recke in Weilerswist und von Lennart Hammer-Hansen in Iffezheim. Aber wir telefonieren natürlich fast täglich, planen und disponieren. Und ich besuche meine Pferde so oft wie möglich im Training. Ebenso Mutter und Fohlen in der ‚Kinderstube’ von Michael Andree auf Gestüt Römerhof in Erftstadt.
Das ist nicht nur schön, sondern wirklich wichtig: Wer in Rennen gut abschneiden will, muss zuallererst dafür sorgen, dass es den Tieren gut geht. Es beginnt damit, die Definition “Renntauglichkeit” gerade bei jungen Pferden wirklich ernst zu nehmen und auch bei älteren immer wieder ernsthaft zu prüfen. Und gegebenenfalls entsprechend zu reagieren. Es reicht weit über Unterbringung, Training und regelmäßige Physiotherapie hinaus. Es heißt auch, gemeinsam mit den Trainern die richtige Anzahl an Rennen zu bestimmen und die richtigen Rennen auszuwählen. Dahinter steckt viel Schreibtischarbeit: Analyse sämtlicher Rennen und Ergebnisse, Studium aller neuen Rennausschreibungen und so weiter.
Außerdem muss ich natürlich die Fanseiten meiner Pferde bei Facebook pflegen. Wir freuen uns übrigens über alle Besucher unseres virtuellen Stalls: ‚Fans von Eric’, ‚Fans von Eastsite One’, ‚Fans von Erica’, ‚Fans von Earl’ und ‚Fans von Enzo’ sind die Adressen.
Ich habe jetzt fünf Pferde von meiner geliebten Mutterstute Ericarrow: Eine Mutter, fünf Kinder, drei Väter – das sind Verhältnisse, nicht wahr?! Eric (* 2011) und Earl (* 2015) sind Söhne von Tertullian, Eastsite One (* 2012) und Erica (* 2013) sind Kinder des Iren Mamool und Nesthäkchen Enzo (* März 2017) stammt von Thewayyouare ab.
Boris Becker nannte den Center Court von Wimbledon mal sein Wohnzimmer. So gesehen ist Iffezheim unser Stall: Drei Fohlen von Ericarrow sind hier bisher gestartet – und alle haben gewonnen: Eric 2013, Eastsite One und Erica 2016. Darauf bin ich wirklich stolz. Außer in Baden-Baden starten meine Pferde auch in Düsseldorf, Hannover, Hamburg, Krefeld, Bad Harzburg, München, Bad Doberan und bei passenden Rennen auch in Mannheim. Unser Champ Eric ist auch international unterwegs und startete schon in Istanbul, Mailand, St. Sebastian, Zürich, St. Moritz, Mons und Nancy.
Toll sind immer wieder die Überraschungen: Der heute fünfjährige Eastsite One hatte lange keine Lust auf eine Karriere als Rennpferd. In diesem Jahr hat er sich das anders überlegt und eine Serie 1-1-2-1-7 hingelegt. Gewonnen hat er den Bad Harzburger Spielbank-Preis, den Prix France Galop in Cluny und das Klaus Woyna-Gedächtnisrennen in  Hannover. „Easti“ schien wirklich zu grinsen nach dieser Erfolgsserie: „Siehste, ich kann schon, wenn ich will.“
Eastsite One im Portrait am 30.08.2017 in Iffezheim.

Fürs nächste Jahr setzen wir darauf, dass Earl, auch so ein talentierter Kindskopf, ein bisschen mehr Ehrgeiz entwickelt: Immerhin hat er eine Nennung für das Deutsche Derby in Hamburg im nächsten Jahr.
Secret Edge hat uns dazu gebracht, die Zukunft zu planen: Secret Edge, heute Edgar genannt, war – und ist – das Lieblingspferd meines Mannes. 2014 haben wir den damals sechsjährigen Wallach gekauft. Er wurde als Zweiter nur knapp geschlagen im 111. Großen-Heinrich-Vetter-Badenia-Jagdrennen auf unserer Heimrennbahn in Mannheim-Seckenheim. Den Sieg schaffte er ein Jahr später im 112. Großen-Heinrich-Vetter-Badenia-Rennen und gewann kurz darauf noch die von meinem Mann zusätzlich aufgerufene B.A.U. Badenia-Revanche 2015. Eine Riesenleistung! Und dann: Sehnenschaden. Zur Zeit ist er liebevollen Händen von Freunden in Mannheim.
Das ist mir wichtig: Ich versuche, keines meiner tollen Pferde zu verkaufen: Die aus der eigenen Zucht kenne ich, seit sie geboren wurden, ich bin mit meinen Tieren durch halb Europa gereist, und sie sind tolle Rennen gelaufen. Deshalb suchen wir jetzt einen möglichst nahe gelegenen Stall. Vielleicht werde ich irgendwann eine schräge alte Lady, die zufrieden mit ihrem Rollator zwischen glücklichen alten Pferden über die Wiese stolpert und nochmal ihre tollen Hüte ausführt: Auf dem Gnadenhof für Gäule …“

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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