Insider-Talk mit Gabriele Gaul: Ein Leben für die E-Familie!

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Pferde sind ihre Leidenschaft. Als Züchterin und Besitzerin von Galoppern erlebte Gabriele Gaul schon viele tolle Momente. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet Gabriele Gaul über ihre Begeisterung für den Turf.

Wie ist Ihr Faible für den Galopprennsport entstanden? Haben Sie selbst schon im Sattel gesessen?

Gabriele Gaul: Klar bin ich als Teenager geritten! Aber ehrlich gesagt war ich eher untalentiert – ich bin lieber Ski gefahren. Dafür war ich mit einer Freundin oft auf der Waldrennbahn in Mannheim und immer absolut begeistert! Mit neuen Herausforderungen, Beruf und Familie hatte ich dann erstmal andere Dinge im Kopf. Aber als wir dann in die ehrenamtliche Arbeit für den Badischen Rennverein eingestiegen sind, kam natürlich schnell das erste Pferd dazu: Image Art – wunderschön und hoch untalentiert. Aber ich „voll angefixt“.

Die heutigen Rennen bei RaceBets

Gabriele Gaul
Gabriele Gaul

„Ich schwebte auf Wolke sieben“

Welche Pferde haben Ihnen bisher die tollsten Momente beschert? Und was verbinden Sie mit diesen Pferden? 

Gabriele Gaul: 2009 haben wir die Stute Ericarrow gekauft. Die wurde von Christian von der Recke trainiert. In ihrem ersten Rennen wurde sie Zweite von elf Startern, im zweiten, einem Hürdenrennen in Baden-Baden, holte sie sich die Auszeichnung als Black Type-Pferd. Und dann gewann Ericarrow den Preis der Heinrich Vetter-Stiftung. Das ist ein Fegentri-Rennen, also ein Amateur-Weltmeisterschaftslauf – damals absoluter Hype. Ich schwebte auf Wolke sieben und war unendlich stolz auf mein tolles Pferd. Und stürzte brutal ab, als Ericarrow sich verletzte und keine Rennen mehr laufen konnte. Es war zum Heulen!

La Combattant (links) und Ericarrow im Sprung am 20.05.2009 in Baden-Baden
La Combattant (links) und Ericarrow im Sprung am 20.05.2009 in Baden-Baden

Aber Ericarrow war – und ist! – ein so großartiges Pferd, dass ich sie nicht als Reitpferd zu verkaufen, sondern mit ihr zu züchten wollte. Das war mehr als ein Wagnis: Mit einem GAG von 55,5 zu züchten, ist schon etwas irre. Reine Bauchentscheidung. 2010 wurde sie gedeckt und 2011 kam Eric auf die Welt.

Und schon 2013 gewann mein erstgezogenes Pferd zwei Rennen, darunter das Ferdinand-Leisten-Memorial um 200.000 Euro, das höchstdotierte Rennen für Zweijährige in Deutschland. Damit war er qualifiziert für das Deutsche Derby. Gänsehautfeeling!!

„Mein kleiner Hengst mit dem riesigen Kämpferherzen“

Als absoluter Außenseiter wurde mein kleiner Hengst mit dem riesigen Kämpferherzen Vierter! Anschließend hat Eric noch in einem Gruppe III-Rennen den Grossen Preis der Sparkasse Krefeld gewonnen: GAG 95,5! Ich war also ziemlich erfolgsverwöhnt und musste danach erstmal lernen, dass es nicht immer so laufen kann …

Der wunderbare Eric ist heute übrigens immer noch Hengst und lebt als Reitpferd in Iffezheim. Genaugenommen wird er von einer Freundin und ihrer Tochter geliebt und betreut wie ein Haustier.

Eric siegt unter Andrasch Starke am 13.05.2018 in Krefeld
Eric siegt unter Andrasch Starke am 13.05.2018 in Krefeld

Auf welche Prinzipien setzen Sie bei der Zucht Ihrer Pferde? Und mit welchen Gestüten in Deutschland arbeiten Sie besonders gerne zusammen?

Gabriele Gaul: Am Anfang hatte ich von Pferdezucht natürlich überhaupt keine Ahnung. Hier konnte ich Michael Andree vom Gestüt Römerhof vertrauen. Gemeinsam haben wir die passenden Deckhengste ausgesucht. Die erste Deckung übernahm Tertullian. Dann stand Mamool auf Gestüt Römerhof, der Ericarrow zweimal deckte. Beide Fohlen, Eastsite One und Erica, wurden richtig gut und erreichten einen GAG von 79 und 92.

Natürlich gibt es auch Dämpfer, wenn heiß ersehnte Fohlen sich nicht so entwickeln wie erhofft oder gar nicht als Rennpferd eignen. Ich persönlich fühle mich aber verpflichtet, diese ebenso wunderbaren Tiere bestens zu vermitteln. Das gelingt mir auch, meist sogar im Freundeskreis: So weiß ich immer, wie es ihnen geht.

„Hoffnungsträger im Rennstall ist auch Ericson“

Wie ist Ihr Rennstall derzeit aufgebaut? Und wer sind Ihre Hoffnungsträger für die nächsten Monate?

Gabriele Gaul: Meine Rennpferde werden im Rennstall von Carmen Bocskai in Iffezheim trainiert, und für 2024 sind wir absolut hoffnungsvoll. Das ist man aber natürlich immer am Anfang der Saison … Doch es sieht so aus, als ob die Enkel noch besser werden können als die zweite Generation meiner E-Linie.

Die Pläne für 2024 sind, dass die vierjährige Elle mit einem aktuellen GAG von 82 dieses Jahr ihr Black Type-Label für die Zucht bekommt. Von der dreijährigen Ella La Vitesse – bisher mit einen GAG von 77,5 – lasse ich mich überraschen, da ist Luft nach oben. Rennerfahrung hat sie auf alle Fälle: „ELV“ ist zweijährig in fünf Rennen gestartet und hat eine Diana-Nennung. Hoffnungsträger im Rennstall ist auch der dreijährige Ericson: Es wäre toll, wenn er die Route zum Deutschen Derby einschlägt – eine Nennung hat er schon. Der zweijährige Erling hat sich über den Winter extrem positiv entwickelt. Es sieht so aus, als könnte er wie die meisten Zweijährigen meiner E-Familie in diesem Jahr starten.

Gabriele Gaul mit Fohlen a.d. Ericarrow
Gabriele Gaul mit Fohlen a.d. Ericarrow

Und dann bin ich ungeheuer gespannt auf unsere Nesthäkchen: Am 7. Februar hat Ericarrow ein gesundes Hengstfohlen von Guiliani, ebenfalls ein Nachkomme von Tertullian, auf die Welt gebracht. Und der ist ein Rätsel: Mein geheimer Wunsch war ein dunkelbraunes Fohlen ohne Abzeichen. Ich bekam einen Fuchshengst, der exakt so aussieht wie Eric. Hier hat sich also Opa Tertullian durchgesetzt. Und der Doppelgänger hat einen wunderschönen Namen: Erico.

Und natürlich auf das nur eine Woche später, am Valentinstag geborene Stutfohlen Elvalentina von Japan. Mutter Erica hat es für uns alle spannend gemacht und gerade noch um 23:00 Uhr abgefohlt. Der Valentinstag musste natürlich in den Namen!

Derby und Diana im Blick

Gibt es Rennen, die Sie unbedingt einmal gewinnen möchten?

Gabriele Gaul: Klar, die German Oaks! Also das Deutsches Derby und den Preis der Diana – und das am besten gleich 2024. Ernsthaft: Ich wäre überglücklich, wenn Ericson und Elle La Vitesse es hier zum Start schaffen würden.

Wieviel Zeit widmen Sie Ihren Pferden? Und inwiefern zahlen es Ihnen die Vierbeiner zurück, nicht in finanzieller, sondern in emotionaler Hinsicht?

Gabriele Gaul: Ich spreche täglich mit der großartigen Betreuerin Sarah Groß. Und wenn ich nicht vor Ort bin, nimmt sich Trainerin Carmen Bocskai die Zeit, mich ausgiebig über Trainingsverlauf, Gesundheit und so weiter zu informieren. Natürlich ist es am Schönsten, mittenmang meiner E-Familie zu sein, aber das geht halt nicht immer.

Welche Renntage, außer Baden-Baden und Mannheim, wollen Sie im Jahr nicht verpassen?

Gabriele Gaul: Wenn’s ums Wollen ginge … wäre ich jedes Wochenende auf einer anderen Rennbahn: Auf den großen und kleinen, den feinen und familiären, den sportlichen und den gemütlichen. Und natürlich überall da, wo meine Pferde laufen. Und die meiner Freunde. Und bei unseren Nachbarn, etwa in Wissembourg oder Strasbourg. Das geht aber nicht. Aber ich will so viel wie möglich unterwegs sein. Sonst klebe ich an Renntagen natürlich am Bildschirm: Die Übertragungen sind inzwischen perfekt, und es gibt tolle Interviews und Videos.

Peter und Gabriele Gaul im Portrait
Peter und Gabriele Gaul im Portrait

Welche Ziele im In- und Ausland stehen in Kürze auf Ihrer Agenda?

Gabriele Gaul: Nach den Aufbaustarts für Elle La Vitesse und Ericson schauen wir nun Step-by-Step, wie weit sie kommen. Siege und Platzierungen sind schön, aber wichtiger ist natürlich, dass meine Pferde gesund aus jedem Rennen kommen. Nur dann können sie sich weiterentwickeln.

Was macht für Sie einen Tag auf der Rennbahn aus?

Gabriele Gaul: Ach, alles! Es fängt ja schon vor den Rennen an: Dieses bunte Publikum! Jung und alt, chic und leger, einzeln oder in Gruppen, viele Sprachen sprechend. Am meisten freue ich mich über die Familien, die mit Kindern und Picknickkorb auf der Wiese einfach einen schönen Tag verbringen. Junges Publikum ist so wichtig für die Bahnen! Da müssen wir mehr tun! Zum einen beim gesamten Marketing, zum anderen mit Events und Angeboten neben der Rennbahn speziell für diese Zielgruppen.

Könnten Sie sich ein Leben ohne Pferde vorstellen?

Gabriele Gaul: Niemals! Es ist jeden Tag wieder eine ungeheure Freude! Trotz aller Sorgen, die die kleinen und größeren Wehwehchen der Vierbeiner immer wieder machen. Für mich ist es etwas Besonderes, dass ich Rennpferde selbst züchten kann. Dass ich zusehen kann, wie sie sich entwickeln, dass alle einen ausgeglichenen und lieben Charakter haben. Vor allem die Hengste, die im Stall total verschmust sind und dann auf der Rennbahn mit aller Kraft um den Sieg kämpfen – das ist doch wunderbar!

Die heutigen Rennen bei RaceBets

Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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