Seit vielen Jahren ist Köln die Wahl-Heimat von Alexander Weis. Seine Trainerin Sarah leitet einen erfolgreichen Rennstall in der Domstadt, er ist ihr kongenialer Partner und Jockey. Speziell in diesem Jahr läuft er sehr gut für das Ehepaar. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet Alexander Weis über seine Karriere und den Rennstall.
2021 legte ihr Stall eine fulminante erste Saisonhälfte hin. Was sind die Gründe dafür?
Alexander Weis: Wir machen nichts anderes als bisher. Im vergangenen haben wir wegen Corona und weil es keine kleinen Bahnen gab, unsere Rentner allesamt als Reitpferde in gute Hände vermittelt. Jetzt haben wir einige junge Pferde im Stall, die alle nicht ganz so früh sind und sich erst noch beweisen müssen. Der Rest ist einsatzbereit und läuft gut. Wir arbeiten mit jedem Pferd individuell und lassen uns nicht aus der Ruhe bringen. Die Pferde sagen, wann sie bereit sind.
„Glaube, Vernatsch wird noch einiges zeigen“
Mit Vernatsch feierten Sie sogar einen Treffer in Hamburg. Was zeichnet das Pferd aus? Was trauen Sie ihm noch zu?
Alexander Weis: Vernatsch hat lange gebraucht, um sich zu entwickeln und zu wissen, für was er da ist. Er kam als völlig unerfahrenes Pferd zu uns und musste noch viel lernen. Wir haben nicht aufgegeben, auch wenn uns viele ausgelacht haben. Das dankt er uns jetzt. Seine Besitzerin hat immer gesagt, er ist wie ein guter Wein, der wird mit der Zeit immer besser. Er überrascht uns immer wieder. Ich glaube, er wird noch einiges zeigen.
15 Pferde befinden sich derzeit im Stall Ihrer Frau. Was sind die weiteren Hoffnungsträger?
Alexander Weis: Wir haben noch einige dunkle Kandidaten bei den jungen Pferden, sie brauchen aber noch Zeit zur Entwicklung. Wikileaks ist ein kleiner Star im Stall, auch Ecaterina, die vornehmlich in Frankreich läuft, sollte noch einiges nachholen können. Varon, der Bruder von Vernatsch, ist schon ein Mumm-Pferd im Stall.
Wie sind die Aufgaben zwischen Ihnen und Ihrer Frau aufgeteilt?
Alexander Weis: Ich bin für das Reiten der Pferde im Stall zuständig, meine Frau reitet meistens das Führpferd für die jungen Pferde. Ansonsten muss sie sich um alle andere Arbeit mit und um die Pferde kümmern. Sie mistet, füttert, fährt mit den Pferden zum Rennen und übernimmt das Management der Pferde sowie die Besitzerbetreuung und die Büroarbeiten.
Job, Hobby und Leidenschaft
Im nächsten Jahr werden Sie 50 Jahre alt. Wie lange möchten Sie noch reiten? Gibt es schon Pläne für die Zeit danach?
Alexander Weis: Ich reite, so lange es die Knochen und der Körper mitmachen. Mein ganzes Leben mache ich ja nichts anderes. Wenn ich keine Rennen mehr reite, dann muss ich immer noch unsere Pferde im Training auf die Rennen und für andere vorbereiten. Das ist bei uns Job, Hobby und Leidenschaft. Wenn ich sonst noch Zeit habe, gehe ich gerne angeln.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Alexander Weis: Arbeit, Arbeit, Durchhaltevermögen und der Glaube an die Pferde. Es gibt nichts Schöneres, wenn man als Lohn für seine tägliche Arbeit zum Beispiel mit einem Sieg seines Pferdes in Hamburg-Horn dann belohnt wird. Für diesen Kick arbeiten wir.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag aus?
Alexander Weis: Wir arbeiten durchgehend und ohne Pause und sind den ganzen Tag am Stall und bei den Pferden. Füttern, Reiten, Stallarbeit, Pferde versorgen, Tätigkeiten im Stall, zum Rennen fahren, Laufen für die Fitness, junge Pferde einreiten – es gibt jeden Tag genug zu tun. Viel Zeit für andere Dinge bleibt da nicht.
In Kirgisien hat alles angefangen
Wo haben Sie das Reiten gelernt, und wie ist der Kontakt zum Rennsport entstanden?
Alexander Weis: Als kleiner Junge in meiner Heimat Kirgisien/Russland. Erst in der Steppe, dann bin mal auf die Rennbahn gekommen. Waldemar Hickst war dort schon Trainer und hat uns Jungs viel beigebracht. Ich habe auch in Kirgisien im Springsport viel gelernt.
Rennsport war natürlich eine Nummer für sich. Als ich dann einmal zu Besuch in Deutschland war, bin ich gleich hier geblieben. Harro Remmert in Köln, wo Waldemar Hickst beschäftigt war, war meine erste Station- Erst als Arbeitsreiter, später als Jockey. Weil man als Unbekannter keine Ritte bekommt, bin ich erst einmal als Hindernis-Jockey angetreten.
Es folgten Stationen bei Matthias Schwinn, eine erfolgreiche und schöne Zeit, die von zwei Südwest-Championaten gekrönt war, und vier Jahre im Gestüt Ohlerweiherhof. Dann ging es zurück nach Köln, wo meine Frau dann als selbständige Trainerin ihre Arbeit aufgenommen hat.
Haben Sie den Wechsel nach Deutschland je bereut? Wie ist der Kontakt in Ihre Heimat?
Alexander Weis: Auf keinen Fall, es war der richtige Weg. Ich würde es immer wieder so machen. Deutschland ist schon lange meine Heimat. Wenn mir danach ist, kann ich immer wieder zurück nach Kirgisien fliegen und meine alten Freunde besuchen.