Am 26. März startet in Düsseldorf nicht nur das Rennjahr in der NRW-Metropole, sondern auch die Grasbahn-Saison 2023 der deutschen Galopper. Andrea Höngesberg, die einzige Frau, die als Geschäftsführerin einen Rennveranstalter hierzulande führt, ist maßgeblich für die Turf-Events hier verantwortlich. Wie vor einem Jahr wollen wir in einem Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog mit ihr einen Blick in die Planungen werfen.
Am Sonntag steigt Düsseldorf in die neue Saison ein, wobei Sie direkt ein großes Jubiläum feiern, den 10. Fortuna Düsseldorf-Renntag. Welche Bedeutung hat die Zusammenarbeit mit dem Fußballclub für den Reiter- und Rennverein? Und was ist für diesen Tag vorgesehen?
Andrea Höngesberg: Fortuna Düsseldorf und den DRRV verbindet eine tiefe Freundschaft. Nicht nur, dass wir seit 10 Jahren den gemeinsamen Renntag durchführen, es gibt auch einen Rennstall Fortuna 95, zu dem unter anderem Fortuna-Gesicht Axel Bellinghausen und seine Frau gehören. Und natürlich sind wir personell über unseren Vize-Präsidenten Klaus Allofs verbunden. Wobei ich betonen möchte, dass die Freude an der Zusammenarbeit von allen Bereichen von Fortuna geteilt wird. Ob Vorstandschef Alexander Jobst, der auch bei anderen Renntagen zu Gast bei uns ist, oder die CRS-Abteilung, die uns regelmäßig mit sozialen Partner-Organisationen besucht. Für uns hat der Schulterschluss zur Fortuna und den anderen Sportvereinen Düsseldorfs eine große Bedeutung. Wir sind zwar der älteste Sportverein Düsseldorfs, sehen uns aber als Teil eines großen Netzwerks in der Farben rot und weiß für die Lebensqualität und Attraktivität der Landeshauptstadt.
Die heutigen Rennen bei RaceBets
Auch zum 10-jährigen Renntags-Jubiläum gibt es wieder ein tolles interaktives Programm rund um Fortuna Düsseldorf. Highlight ist das Torwandschießen für Kinder mit dem Finale gegen die Profis. Eine Neuerung erwartet die Besucher zum Hauptrennen, bei dem der „Einlauf“ der Jockeys in den Führring gemeinsam mit Einlauf-Kindern der Fortuna und Fortuna-Spielern zelebriert werden soll. Zudem können sich die Besucher mit den Jockeys und Fußballern auf dem E-Pferd der Jockeyschule messen. Die Rennsport-Liebhaber werden neben dem ersten Black Type-Rennen der Saison auch auf die Bekanntgabe des Galopper des Jahres hinfiebern.
Große Verbindung zu Japan
Erstmals wird in diesem Jahr der sogenannte Kirschblüten-Renntag am 16. April durchgeführt. Wie eng ist die Verbindung zu Japan? Und wie kamen Sie auf diese Idee?
Andrea Höngesberg: Kirschblüten-Renntag klingt wahrscheinlich für viele Leute erstmal sehr exotisch – als Düsseldorfer hat man aber sicher sehr schnell eine Vorstellung davon. Immerhin ist Düsseldorf eine der größten japanischen Communities außerhalb Japans. Knapp 9.000 Japaner leben in der Landeshauptstadt und prägen das pulsierende Little Tokyo in der Innenstadt. Im vergangenen Jahr durften wir bereits den Kirschblüten-Wirtschaftsempfang des Wirtschaftsministeriums NRW bei uns im Teehaus ausrichten, nur zwei Tage nach dem Renntag.
In jedem Frühjahr wird in Japan mit sogenannten „Kirschblütenfesten“ im April der Beginn des Frühlings gefeiert. Die Frühjahrsmeile (Gr. 3) ist das erste Gruppe-Rennen des Jahres in Deutschland und läutet traditionell das deutsche Turf-Jahr ein. Mit dem Kirschblüten-Renntag vereint die Galopprennbahn Düsseldorf nun diese beiden Traditionen. Die Besucher erwartet neben den Rennen ein Einblick in die japanische Kultur von Origami über Samurai-Vorführungen bis hin zu Cosplay und japanischem Streetfood. Besonders freut uns, dass die JRA (Japan Racing Association) offizieller Partner des Renntags ist.
„Für mich ist jeder Renntag gleich wichtig“
Mit fünf Grupperennen, darunter zwei Klassikern, und sechs Listenrennen, wird sportlich wieder Hochkarätiges geworden. Was sind für Sie persönlich die besonderen Fixpunkte und weshalb?
Andrea Höngesberg: Für mich ist jeder Renntag gleich wichtig und jedes Rennpferd, das zu uns kommt – von Gruppe I- bis Agl. IV-Starter. Der Henkel-Preis der Diana ragt natürlich gerade bei der 165. Ausgabe besonders heraus. Am Henkel-Renntag bieten wir ein tolles Rahmenprogramm, neben einem Gr. 3- und einem BBAG Auktionsrennen auch mit dem höchstdotierten Agl. I des Jahres mit 20.000 €. Hervorzuheben ist auch der Große Familiencup der Stadtsparkasse Düsseldorf (Listenrennen) mit 30.000 € Dotierung. Ein wirklicher Fixpunkt sind aber jährlich die WEMPE German 1000 Guineas (Gr. 2, 125.000 €). Diese schließen bei uns gefühlt den Frühling mit einem Knall ab und läuten den Sommer ein. Ab dann denken wir in 2200 Meter.
Urlaubstag, Mädelstag, Familientag, Glückstag, Feiertag – Renntag – mit diesen Mottos haben Sie vor einem Jahr hier die Erlebnisse auf der Rennbahn umschrieben. „Renntag ist, was Du draus machst!“, so ist der offizielle Werbe-Slogan. Was fasziniert Sie selbst am meisten an den Renntagen und den schnellen Pferden?
Andrea Höngesberg: Das ist schwer in Worte zu fassen. Ich liebe einfach diese besondere Mischung zwischen entspannter Atmosphäre und Nervenkitzel. Sommertage im Grünen, das Herzklopfen bis zum Hals, wenn das Einrücken zu den Top-Rennen beginnt. Und natürlich die herrlichen Pferde. Ich bin seit meiner Kindheit ein Pferde-Mädchen, obwohl meine Eltern und Familie nichts damit zu tun hatten. Für mich sind es einfach besondere Tiere und es ist ein Privileg, jetzt auch meinen beruflichen Alltag rund um sie gestalten zu dürfen.
Zwei große Winter-Projekte
Welche wichtigen Arbeiten wurden über Winter durchgeführt bzw. was ist neu auf dem Grafenberg 2023?
Andrea Höngesberg: Im Winter führen wir natürlich die regulären Wartungsarbeiten durch – ein Anstrich hier, eine Reparatur da. Aber dieser Winter wurde geprägt von zwei großen Projekten. Zum einen die Sanierung eines weiteren Wohntraktes für die Arbeitsreiter und Mitarbeiter in der Trainingszentrale. Hier investieren wir einen knappen sechsstelligen Betrag in die Verbesserung der Unterbringung, nachdem wir bereits im letzten Jahr das gleiche in ein anderes Wohngebäude investiert hatten. Das zweite Projekt ist die Neugestaltung des Kinderspielplatzes. Der alte war inzwischen nicht mehr nutzbar, und wir haben dafür sehr viel Unterstützung, sowohl aus dem Kreis unserer Mitglieder und Sponsoren, als auch von unserem Stadtbezirk 7 erhalten. Hier entsteht ein toller themenbezogener Spielplatz, u.a. mit Jockeystube und Pferdestall, sowie Wackelpferd und Kutsche. Dieser ist nicht nur an Renntagen geöffnet, sondern jederzeit für alle Kinder. Eine neue Einfassung des Ponyreitens dient der Sicherheit.
Dotierungen auch 2023 über Mindestniveau
Durch die Rennpreis-Erhöhungen kommen auf die Veranstalter zusätzliche Kosten zu, doch sind sie von großer Bedeutung für die Aktiven. Wie lässt sich das schultern?
Andrea Höngesberg: Wir als Düsseldorfer Reiter- und Rennverein zählen uns zu den Premium-Veranstaltern Deutschlands. Daher haben wir bereits im Vorjahr über dem vorgeschriebenen Mindestniveau dotiert. Das ist nur möglich mit guten Sponsoren und einem guten Gesamtangebot für die Zuschauer. Zudem vermarkten wir unsere Flächen natürlich auch sehr stark außerhalb der Renntage und erwirtschaften so weitere Mittel. Wir haben in diesem Jahr allerdings an allen Stellen mit Teuerungen zu kämpfen. Das Sicherheitspersonal z.B. soll 30% teurer werden als 2022. Das macht einen zwischendurch schon mal ziemlich ratlos, da man selbst ja eigentlich nicht auch noch Tickets, etc. teurer machen möchte, wenn die Leute schon weniger in der Tasche haben. Dennoch haben wir beschlossen, auch 2023 über Mindest-Niveau zu dotieren. Das neue Förderprogramm, das BGG und BV gemeinsam stemmen, ist daher enorm wichtig für die erneute Anhebung. Wir geben diese zusätzlichen Fördergelder komplett in Rennpreisen an die Aktiven weiter. Unsere Hoffnung ist, durch unsere konsequente Weiterentwicklung des Besucherangebots die Besucherzahl pro Renntag um 500 Personen zu steigern und damit höhere Einnahmen zu generieren. Zudem sind Aussichten auf die Übertragungen von Rennen nach Hong Kong natürlich ein Hoffnungsschimmer für den deutschen Wettmarkt.
In NRW sind immer noch die meisten Rennvereine. Früher gab es die Arbeitsgemeinschaft westdeutscher Rennvereine. Inwieweit arbeitet Düsseldorf mit den anderen Vereinen zusammen, oder ist jeder auf sich allein gestellt?
Andrea Höngesberg: Wir arbeiten zusammen, aber natürlich ist jeder eigenständig. Aber mein Kollege Philipp Hein von Köln Galopp und ich verstehen uns sehr gut, und sehen viele Dinge sehr ähnlich. Daher treiben wir die Zusammenarbeit und die Abstimmungen unter den Rennvereinen voran oder nehmen Besuche im Landwirtschaftsministerium o.ä. gemeinsam war. Es wird z.B. im August das erste „Rheinische Meeting“ geben mit einem Renntag samstags in Köln und dann dem Preis der Diana sonntags in Düsseldorf. Es ist wichtig, dass der Rennsport mit einer Stimme spricht. Allerdings sehe ich hier auch noch viel Potential. Alle haben die Herausforderung des Fachkräftemangels, was meiner Ansicht nach mittelfristig eine noch stärkere strategische Zusammenarbeit erzwingt.
Wetten ist das A und O, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Wie wollen Sie die Menschen an die Schalter bringen? Und was waren persönlich Ihre größten Erfolge am Toto?
Andrea Höngesberg: Das Wetten hat natürlich eine hohe Bedeutung. Wobei der Preis für den Wettumsatz immer weiter ansteigt. Durch steigende Kosten beim Personal, Provisionen und anderem ist der Ertrag aus dem Umsatz prozentual in den letzten Jahren immer weiter gesunken. Daher sind steigende Umsätze alleine nicht die Lösung, wenn man sich diese teuer erkaufen muss. Wir müssen dieses Verhältnis stabilisieren, wenn die Wette weiterhin die gleiche Bedeutung haben soll. Dem Fachkräftemangel und steigenden Personalkosten müssen wir technologische Antworten bieten. Im Marketing muss man zwei Zielgruppen unterscheiden: Chronologisch als erstes den Gelegenheits-Besucher, der über eine positive Kommunikation und geringe Einstiegsbarrieren erst an die Wette herangeführt werden muss. Hier ist der deutsche Rennsport eigentlich gut aufgestellt. Dann den bereits aktiven Wetter, der durch bessere Services und diversifizierte Produkte öfter mal höhere Einsätze tätigt – online und auf der Bahn. Hier müssen ständig Weiterentwicklungen erfolgen, was natürlich eine größere Herausforderung ist aber auch einen wesentlich größeren Hebel bietet.
Novemba hat mir zweimal Glück gebracht, einmal in 1000 Guineas und dann noch einmal in Ascot. Auch die Platzierung von Torquator Tasso in Ascot war durchaus lohnenswert. An diese Erfolge erinnern mich immer zwei Souvenirs aus dem Rennbahn-Shop in Ascot. Die englischen Pfund wollten ja schnell investiert sein, bevor es direkt nach dem Renntag nach Hause ging.
Wie hat sich Ihre eigene Beteiligung an Rennpferden entwickelt? Oder ist auch der Kauf eines komplett eigenes Pferdes geplant?
Andrea Höngesberg: Ich bin Mitbesitzer in einer großen Besitzergemeinschaft, dem Stall ROM. Hier sind aktuell ein Pferd im Training und eine Beteiligung vorhanden. Ein eigenes Rennpferd ist nicht geplant, da ich dann gerne auch selbst trainieren würde. Für den Besitzertrainerlehrgang und dann den ganzen Aufwand fehlt mir im Alltag leider die Zeit. Quasi ganz oder gar nicht.
Was machen Sie persönlich, wenn einmal freie Zeit angesagt ist und kein Renntag unmittelbar bevorsteht?
Andrea Höngesberg: Die verbringe ich meist auch mit Pferden. Ich habe einen 12-jährigen Wallach, mit dem ich fast täglich Dressur, Springen, Arbeit an der Hand etc. mache und Ausritte genieße. Da freue ich mich drauf, wenn die Tage wieder länger werden. Gino gehörte übrigens schon zu unserer Familie, bevor ich auf der Rennbahn angefangen habe – nur als Hintergrund zu Ihrer vorigen Frage. Auch meinen Urlaub verbringe ich häufig auf dem Pferderücken. Ich war zweimal zum Trailreiten auf Island, einmal zur Mittsommerzeit und mit frei mitlaufender Herde. Letztes Jahr habe ich das Distanzreiten auf Arabern in Frankreich ausprobiert und bin zwar mit ein paar neuen Narben nach einem heftigen Sturz, aber dafür auch mit der Erinnerung an einen unglaublichen Strandgalopp zurückgekommen. Das war wohl der schnellste Galopp meines Lebens. Ich habe dann im Nachhinein erfahren, dass das mir zugeteilte Pferd an internationalen Distanzrennen teilnimmt – die Guides haben das wohl etwas falsch verstanden, als sie beim Vorstellungsabend von meiner Arbeit auf der Rennbahn erfahren haben.
An freien Wochenenden sind wir auch mal auf dem Wasser unterwegs, im Segel- oder Motorboot. Abends genießen wir sehr gerne mit Freunden das ausgezeichnete Gastro-Angebot in Düsseldorf. Darüber hinaus bin ich nun endlich auch Mitglied in einem Karnevalsverein geworden, der Prinzengarde Blau-Weiß. Ich liebe es, die Kostüme für die nächste Session zu planen. Fast so sehr wie die Hüte für die nächsten Renntage 😉