Andreas Wöhler ist einer der erfolgreichsten deutschen Galopp-Trainer. Hier ein exklusives Insider-Talk.
Sie haben 1986 als Nachfolger ihres Vaters Adolf Wöhler Ihre Trainer-Laufbahn begonnen und sind seit vielen Jahren einer der erfolgreichen Betreuer von Galoppern in Deutschland. Können Sie sich noch an die Anfangszeit erinnern und auch Ihre vorherige Laufbahn als Amateurreiter? Was waren damals ihre Stationen, und was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?
Andreas Wöhler: Die Amateurrennreiterzeit war ein schöne, unbeschwerte Zeit. Sehr erfolgreich mit Hilfe vieler guter Pferde im Stall meines Vaters. Die Krönung war das Alte Badener Jagdrennen mit Ariporo, welches mein Vater als Reiter nicht gewinnen konnte, sowie das Championat zusammen 1983. Mein Vater war und ist immer mein Vorbild in seiner offenen und fairen Haltung gegenüber Pferd und Mensch.
„Die Party in Melbourne war irre“
Vom ersten Gruppesieger Tao bis zum fünften Derby-Gewinner Laccario 2019 gab es Höhepunkte in Serie. Sie haben mit Protectionist den ersten deutschen Melbourne Cup-Sieger vorbereitet. Schildern Sie uns die Vorbereitung und die Momente des Sieges im bedeutendsten Rennen Australiens?
Andreas Wöhler: Die Idee war, nach dem zweiten Platz zu Almandin auf der Heimfahrt geboren und wurde nach dem Hansa-Preis an den Besitzer herangetragen. Zum letzten Test ging es nach Frankreich zum Prix Kergorlay, wonach Herr Dr. Berglar zustimmte. Nach einer Zusammenkunft mit Australian Bloodstock einigten wir uns auf Ryan Moore als Jockey.
Die Vorbereitung ging über zwei Wochen Quarantäne in Newmarket, wo ich jede Woche zur Arbeit einflog, nach Werrebee/Australien, wo noch einmal zwei Wochen Quarantäne anstanden. Direkt aus der Quarantäne lief er mit Höchstgewicht in den Herbert Power Stakes auf den vierten Platz mit den letzten Sektionen eines Fliegers. Die weitere Vorbereitung lief perfekt, und wir sind mit viel Mumm in den Cup gegangen. Die Party war irre, und die Tage danach wurden mit Freunden genossen.
„Ich bin von der Tribüne runtergerannt“
In welcher Erinnerung haben Sie den King George-Triumph mit Novellist in Ascot?
Andreas Wöhler: Ähnlich wie bei Protectionist hatten wir sehr viel Mumm, da Novellist einen einzigartigen Eindruck machte. Der Bahnrekord sprach Bände. Ich bin 300 Meter vor dem Ziel von der Tribüne runtergerannt und schaute nur, ob Johnny noch oben drauf ist.
Wahl zwischen Lomitas und Novellist schwierig
Was waren für Sie persönlich die besten Pferde und schönsten Erfolge?
Andreas Wöhler: Bei den Hengsten ist es schwierig, zwischen Lomitas und Novellist zu entscheiden. Dagegen war bisher Martessa die beste Stute. Der Melbourne Cup war einzigartig und der letztjährige Derbysieg war sehr herzlich.
„Ravensberg hat etwas Einzigartiges“
2004 sind Sie aus Bremen nach Ravensberg gezogen. Was schätzen Sie besonders an dieser Anlage? Ist sie mit anderen Trainingsstandorten im In- und Ausland zu vergleichen?
Andreas Wöhler: Ravensberg hat etwas Einzigartiges, wie jede private Trainingsanlage. Wir haben seinerzeit unsere Vorstellungen mit eingebracht und versuchen, den Standard immer weiter zu verbessern. International gibt es natürlich viel exklusivere Anlagen, jedoch haben wir von hier aus nationale und internationale Toperfolge ermöglichen können.
Auszeichnung in Australien & deutsche Championate
In den Jahren 2009, 2011 und 2015 waren Sie Champion der deutschen Galopp-Trainer und erhielten 2015 als erster nicht-australischer Trainer überhaupt die Fred Hoysted Medal. Was bedeuten Ihren diese Titel hierzulande? Werden Sie in der Zukunft erneut im Championatskampf angreifen? Was ist genau die erwähnte Auszeichnung?
Andreas Wöhler: Jeden Monat wird im Bundesstaat Victoria die beste Trainerleistung von der Trainers Association gewählt und nach Ende der Saison von den monatlichen Gewinnern der Jahressieger. Am Ende lag ich knapp vor Aidan O‘Brien. Zur Überreichung bei einem tollen Bankett mit anderen Auszeichnungen wurde mir die Medaille überreicht. Ein Zwei-Tage-Trip nach Melbourne mit meiner Frau, den wir nie vergessen werden. Das Championat ist immer interessant, muss sich aber ergeben.
Vertrauen in das Umfeld
Was sind Ihre Erfolgsgeheimnisse? Sie haben einmal gesagt, „wir sind das Werder Bremen des Rennsports“ und setzen beim Personal auf Kontinuität. Können Sie das genauer erläutern?
Andreas Wöhler: Vertrauen in sein Umfeld ist unersetzlich. Ohne das ist so ein Betrieb nicht zu führen.
Große Hoffnungen in Laccario
Welches sind Ihre Haupt-Hoffnungsträger für die weiteren Großereignisse in diesem Jahr? Gibt es ein Pferd für den Melbourne Cup? Welches Rennen würden Sie besonders gerne gewinnen?
Andreas Wöhler: Laccario natürlich. Das mit Melbourne könnte schwierig werden.
Wie ist Ihr Kontakt zu Jaber Abdullah, einem langjährigen Patron des Stalles?
Andreas Wöhler: Das Renntechnische wird mit Racing Manager Bruce Raymond abgestimmt, und Jaber erhält von uns beiden alle Informationen.
„Mussten früher reagieren, um Bauyrzhan zu halten“
In diesem Jahr gab es den Wechsel von Eduardo Pedroza zu Bauyrzhan Murzabayev als Stalljockey. Was zeichnet beide Sattelkünstler aus, und was sind die größten Unterschiede?
Andreas Wöhler: Bauyrzhan weckte früher als gedacht Begehrlichkeiten, und so mussten wir früher reagieren, um ihn zu halten. Eddy ist nach wie vor eine wichtige Stütze unseres Stalles und nach seiner zweiten Hüft-Operation um zehn Jahre jünger geworden. Er hat die Erfahrung, die Bauyrzhan noch kriegen muss. Beide sind mit Josef ein eingespieltes Team.
Wenn Sie Freizeit oder Urlaub haben, was sind dann Ihre Aktivitäten bzw. Ziele?
Andreas Wöhler: Reisen, möglichst dorthin, wo wir noch nicht waren. Wenn es für meine Frau zu abenteuerlich ist, mache ich mit Jürgen Albrecht verrückte Sachen (zum Beispiel Stierlauf in Pamplona), oder ich gehe mit Simon Stokes auf Sportveranstaltungen (wie den Super Bowl).