Die Region Honzrath-Beckingen gilt als große Talentschmiede im Südwesten des Landes. Auch Fabienne Gratz verdiente sich hier ihre erste Sporen im Rennsport. Sogar im belgischen Mons sorgten ihre Hoffnungen schon für Furore. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet die 34-jährige über ihren Werdegang und Ambitionen.
Wie ist bei Ihnen und Ihrer Familie das Interesse für den Rennsport entstanden? Und wann sind Sie erstmals in den Sattel gestiegen?
Fabienne Gratz: Ich hatte schon in Kindheitstagen den Wunsch nach einem eigenen Pferd. Meine Eltern unterstützten mich in meiner Traumverwirklichung und ermöglichten mir Reitstunden im Alter von sechs Jahren sowie zum späteren Zeitpunkt ein eigenes Pferd. An dem Stall in Heusweiler/Numborn, an dem ich einen großen Teil meiner Jugend verbrachte, lernte ich Andrea Glomba, und somit auch den Rennsport kennen, und war fasziniert von Rennpferden. Ich bestritt damals Ponyrennen und Reitpferderennen, wenn auch ziemlich erfolglos und bestand 2014 meine Amateurlizenz. Aber um ein offizielles Galopprennen mit zu reiten, dafür hat mir der Mut gefehlt…
Der Initiator meines Mannes war Matthias Schwinn, auf dessen Hof in Honzrath hat auch er viel Zeit seiner Jungend verbracht. Er hat Matthias auf die Rennen begleitet und später selbst die Pferde zu den Rennorten gefahren. Reiten lernen hat nie auf seiner To-do Liste gestanden, aber auch er war schnell mit dem Virus Galopprennsport infiziert. Im Jahr 2006 habe ich meinen Mann kennengelernt und seither führen wir unser Hobby gemeinsam fort. Wir haben das Glück, dass auch unsere Töchter die Liebe zu Pferden teilen und gerne Zeit am Stall verbringen.
„Hervorragende“ Trainingsmöglichkeiten
Wie sind die Trainingsmöglichkeiten in Beckingen?
Fabienne Gratz: Unsere Pferde stehen auf dem Hof bei Matthias Schwinn in Honzrath. Für meine Bedürfnisse sind die Trainingsmöglichkeiten hervorragend. Angrenzend an den Stall haben wir eine Rundbahn mit ca. 700 m und eine Waldbahn mit ca. 1700 m geradeaus und stetig bergan. Auch gibt es noch zwei Reitplätze und tolle Waldwege, die wir nutzen.
Auf welche Prinzipien vertrauen Sie bei der Vorbereitung der Pferde?
Fabienne Gratz: Der Altersdurchschnitt unserer Pferde ist ziemlich hoch. Der Älteste wird jetzt zwölf Jahre und der Jüngste sieben Jahre, da heißt es meist nur noc,h bei Laune halten und viel Abwechslung einbauen. Dazu hat jedes Pferd einen individuellen Trainingsplan. Mir ist es sehr wichtig, dass unsere Pferde alle gut geritten sind und auch das Reitpferde ABC auf dem Reitplatz und im Wald beherrschen.
„Meine Pferde mögen das Geläuf in Mons“
Mit Glos und Born to be alive haben Sie 2022 auch zweimal in Mons gewonnen. Was sind die Gründe, dort zu starten?
Fabienne Gratz: Als sicher war, dass in Neuss 2019 tatsächlich alle Lichter ausgehen würden, mussten wir nach einer Alternative für die Wintersaison schauen…2020 haben wir es in Dortmund versucht, aber das war keine Lösung für Born to be alive. Seit 2021 fahren wir nach Mons ,und meine Pferde mögen das Geläuf, das qualitativ immer gut ist!
Gehört auch die Sandbahn in Dortmund zu Ihrem Programm im Winter? Falls nicht, was sind die Gründe?
Fabienne Gratz: Die Sandbahn Dortmund habe ich diesen Winter nicht auf unserer Route eingeplant, auch wenn Baron Mayson dort nicht mal schlecht gelaufen ist. Tatsächlich ist es nach Mons von uns aus kürzer als nach Dortmund. Mons mögen alle vier Pferde aus unserem Stall. Das macht die Planung einfacher. Manchmal ändern sich aber auch Dinge, und man muss flexibel sein.
Was machen Sie im Hauptberuf, und welchen Stellenwert nehmen die Pferde bei Ihnen ein?
Fabienne Gratz: Hauptberuflich arbeite ich 25 Std/Woche in einem Alten- und Pflegeheim in der Buchhaltung. Der Stellenwert ist nach meinen Kindern der Größte, den ich noch zu vergeben habe. Für sonst etwas bleibt kaum noch Zeit übrig.
Rückblickend betrachtet – was waren bisher Ihre persönlich schönsten Momente?
Fabienne Gratz: Einen Sieger in Baden-Baden zu haben ist schon ein Highlight, da hat mir Ossiline mit Bauyrzhan Murzabayev eine große Freude bereitet. Aber auch der Sieg von Born to be alive und Encki Ganbat in Neuss über eine ungewohnte Distanz von 1100 m hat mir lange ein Grinsen ins Gesicht gezaubert. Auch an den Überraschungssieg in Mons von Glos mit Alex Pietsch oder an meinen ersten Ausgleich III-Sieger Baron Mayson denke ich sehr gerne!
Was haben Sie sich für die nächste Saison vorgenommen und weshalb?
Fabienne Gratz: Ich habe keinen festen Plan und setze mich auch nicht unter Druck mit irgendwelchen Erwartungen oder einer bestimmten Anzahl an Siegen. Es ist mein Hobby, wobei ich Spaß haben will und nicht den Kopf in den Sand stecken muss, weil ich im Rückblick auf das Jahr nur zwei Rennen gewonnen habe. Unsere Pferde haben bei 20 Starts in diesem Jahr 14 Mal Geld mit nach Hause gebracht, das stellt mich zufrieden.
„Zu 100 Prozent auf unsere Eltern verlassen“
Wie sieht bei Ihnen ein normaler Tages- und Wochen-Rhythmus aus?
Fabienne Gratz: Nach der Arbeit fahre ich gleich zum Stall. Ich stelle die Pferde auf Koppel, danach misten wir die Boxen, und anschließend wird trainiert. Wenn ein Renntag ansteht oder auch unter der Woche an regnerischen Tagen oder einfach mal so können mein Mann und ich mich mit der Kinderbetreuung zu 100 Prozent auf unsere jeweiligen Eltern verlassen. Sie unterstützen uns und halten uns den Rücken frei, so gut man es nur machen kann! Wenn wir sie nicht hätten, wäre das Hobby „Rennpferd“ überhaupt nicht möglich.
Was sind Ihre Wünsche im deutschen Turf für 2023?
Fabienne Gratz: Dass es weiterhin viele Menschen mit Herzblut für Vollblut gibt und der Basissport mehr Aufmerksamkeit erhält!