Jan Pommer ist Geschäftsführer der Wirtschaftsdienste des Dachverbandes in Köln. Hier berichtet er über seine Aufgaben.
Eine Umfrage ergab, dass sich 7,5 Millionen Menschen in Deutschland für Pferderennen interessieren. Welches Potenzial ergibt sich daraus? Und wie lassen sich diese Menschen „einfangen“?
Jan Pommer: Das Potenzial liegt auf der Hand: 7,5 Millionen Menschen entsprechen 14% der 16 bis 65jährigen Deutschen. Wir sind froh, dies nun durch die Nielsen Studie belastbar zu wissen, statt es nur zu mutmaßen. Diese Menschen müssen wir jetzt zielgerichtet und zeitgemäß ansprechen. Vom (erstmaligen) Rennbahnbesucher bei seiner Erfahrung vor Ort, über den (Neu-)Wetter beim Platzieren seiner Wette, bis zum (Mit-) Besitzer eines eigenen Rennpferdes. Diese Zahlen werden uns im Übrigen bei der Akquise von Marketingpartnern helfen.
Wie kann der Galopprennsport wieder zu einer Trendsportart für junge Menschen werden?
Pommer: Eine Trendsportart zeichnet sich ja dadurch aus, dass sie neu ist, oft abgegrenzt vom traditionellen Sport. Da darf die Frage erlaubt sein, ob wir uns da wiederfinden. Vielmehr gilt es doch für unseren traditionsreichen Sport, seine Faszination neu zu erzählen und mit diesen Geschichten und Hintergründen auf den relevanten Kanälen stattzufinden. Dann können wir auch einen Trend setzen, bei Studenten, bei Familien. Rennsport und der Rennbahnbesuch, das ist sicher eine Facette, dürfen auch cool sein, womöglich gar trendy.
Welche Rolle spielt hierbei der Bereich Tierschutz, gerade auch im Umgang mit diversen Organisationen? Wie betreiben Sie Aufklärung? Wie geht man mit Todesfällen um?
Pommer: Das Thema ist strategisch bedeutsam und prägt unsere tägliche Arbeit. Das Wohl unserer Pferde, der Protagonisten unseres Sports, ist Richtschnur des Handelns aller Akteure. Dies breiten Bevölkerungskreisen näher zu bringen und auch Skeptiker aufzuklären und sie im Idealfall zu überzeugen, ist wichtig. Wir erklären immer wieder, was wir konkret für das Tierwohl im Training und auf der Rennbahn unternehmen. Das ist ein ganzes Bündel sachgerechter Maßnahmen, ausgeführt von Fachleuten. Diese Erläuterungen mag man hier und da beschwerlich finden und sicher hat manche Organisation das insofern bloß vermutete Tierrecht zum ökonomischen Zweck. Aber das gehen wir beherzt an und kommunizieren viel in unseren Kanälen und mit den Medien. Dies soll sich auch auf den Rennbahnen thematisch wiederfinden. Und wir sprechen mit den konstruktiven Kritikern.
So haben wir zum Beispiel mit dem Deutschen Tierschutzbund einen regelmäßig konstruktiven Dialog aufgebaut. Wir sind dabei transparent. So haben wir beispielsweise die Anzahl der auf der Rennbahn verunglückten Pferde mitgeteilt, sie liegt in der laufenden Saison im Vergleich zur Zahl der Starts erneut im Promillebereich. Wir sind sicher, dass Transparenz und Aufklärungsarbeit den verschiedenen Anspruchsgruppen hilft, die Situation besser zu verstehen und Sachverhalte richtig einzuordnen.
Der Rennsport ist aus dem Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen nahezu verschwunden. Wie wollen Sie die Verantwortlichen bei den Sendern wieder für den Turf begeistern? Welche Schritte wurden und werden dazu eingeleitet (Bsp. Verbesserung der TV-Bilder)?
Pommer: Wir konnten uns in der laufenden Berichterstattung bereits eine erhebliche Präsenz (zurück-)erarbeiten. So lief das 150. IDEE Deutsches Derby in der Halbzeitpause der Frauen-Fußball-WM mit einer Einschaltquote von fast fünf Millionen. Die Rennen der German Racing Champions League haben großen Anklang beim frei empfangbaren Sender Sky Sport News HD gefunden. Nun ist unsere Aufgabe, das Bewegtbild zu ertüchtigen. Aktuell genügt es – ich sage das ohne kritischen Unterton – den Ansprüchen des Wetters womöglich schon, entspricht aber nicht den Sehgewohnheiten moderner TV-Sportzuschauer. Wenn wir das redaktionell kuratiert und optisch ansprechend bieten können, werden wir uns mittelfristig dieses Interesse zurückerarbeiten. Wir führen dazu bereits einige gute Gespräche.
Welche Rolle spielen die neuen Medien bei der PR- und Marketing-Strategie?
Pommer: Sie sind elementarer und unverzichtbarer Teil unserer Arbeit, zumal wir hier ja weitestgehend Gestaltungsfreiheit haben. Wir sind in den letzten Monaten im Bereich Social Media prozentual sehr stark gewachsen und bespielen unsere Kanäle umfassend. Dafür bekommen wir von interner wie externer Seite positives Feedback. Rieke-Marie Wilken setzt eine Strategie ins Werk, die zum Beispiel unsere Formate „Mein Herz schlägt Galopp“ oder „Starke Stories“ umfasst. Auf Facebook betreut Dani Starck unsere wachsende Community engagiert und kompetent. Auf Instagram zeigt Helen Böhler eindrücklich und stimmungsvoll unser virtuelles „Fotoalbum“. Nahezu in Echtzeit twittert Lea Büttner prägnant und knackig unsere News. Frauen-Power an allen Orten also!
Wie wollen Sie die Einnahmen des Sports nach den erheblichen Umsatz-Rückgängen der vergangenen Jahre dauerhaft erhöhen?
Pommer: Das ist ein Marathon, für den wir uns schon auf den Weg gemacht haben. Wir bieten bald, ich sprach schon davon, bessere Bilder. Wir entwickeln aktuell eine neue, deutlich eingängigere Marke, wir erhöhen allerorts unsere Reichweiten und erzählen wieder emotionale und schöne Geschichten über unseren Sport. Das wird helfen, Einnahmen von Marketingpartnern und Medien zu generieren. Und: Natürlich hat – wen wundert das – nach unserer Auffassung die Pferdewette noch reichlich Spiel nach oben. Das verdient unsere erhöhte Aufmerksamkeit und Aktivität.
Die Top-Jockeys oder Trainer in Deutschland kennt in der Öffentlichkeit kaum jemand, im Gegensatz zu anderen Ländern. Wie können diese Aktiven zu Stars gemacht werden?
Pommer: Eigentlich sind sie das schon, wir müssen jetzt nur noch dafür sorgen, dass es auch alle mitbekommen… (lacht) Der Weg zum gefeierten Star, der Autogramme gibt, so wie Filip Minarik und Andrasch Starke in Japan, beschreiten die Jockeys zum einen selbst, in dem sie sich selbst als solche verstehen und für die Medien stärker ihr Herz öffnen. Dazu machen wir Workshops und unterstützen die Akteure. Zum anderen ist es unsere Aufgabe, mehr Geschichten aus diesem faszinierenden Leistungssport zu erzählen. Welch körperliche Fitness zum Beispiel von Nöten ist, um als Jockey zu arbeiten, erzählen wir noch dieses Jahr in den Starke Stories.
Wie ist Ihr Fazit nach gut einem Jahr in Diensten des deutschen Rennsports? Was sind die dringendsten Aufgaben für 2020?
Pommer: Es ist ein faszinierender Sport mit großen Qualitäten. Wir haben viel zu tun. Wie gesagt: Es ist ein Marathon, aber wir sind auf der Strecke im Team schon sehr gut unterwegs. Die Themen für 2020 hatte ich schon genannt, jetzt geht es in die Detailarbeit bei der Marke, den TV-Bildern und in die verbesserte Kommunikation auf unseren und anderen Kanälen.
Welche Bedeutung hat der deutsche Turf in den nächsten 10 Jahren? Was ist Ihr Wunsch?
Pommer: Prognosen sind schwierig, weil sie die Zukunft betreffen, Sie kennen das Zitat. Ich wünsche mir und glaube fest daran, dass wir einen lebendigen, spannenden Turf vorfinden, der auf vielen Kanälen Fans und Wettern Freude macht und der substantiell mehr Einnahmen zur Verfügung hat als heute. Daran arbeiten wir beharrlich und mit Freude.