Insider-talk mit Janina Boysen: „Ich darf meinen Traum leben“

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Bereits im Jahr 2020 sorgte sie für große Schlagzeilen. Damals feierte Janina Boysen ihr erstes Championat bei den Amateurrennreiterinnen. 2021 wurde sie beim Versuch der Titelverteidigung erst spät von Antonia von der Recke abgefangen. In der laufenden Saison läuft es wieder blendend für die 35-jährige. Exklusiv im Insider-talk auf dem RaceBets-Blog berichtet sie über ihre Pläne.

Was bedeutet Ihnen rückblickend der Titelgewinn vor zwei Jahren? Hatten Sie sich so etwas vorstellen können?

Janina Boysen: Natürlich hatte ich nie mit so einem Erfolg gerechnet. Ich bin erst sehr spät zum Galoppsport gekommen und hatte bis vor einigen Jahren tatsächlich auch keinerlei Berührungspunkte mit Pferderennen und eine Ahnung, was genau hinter diesem fantastischen Sport steht. Meine Familie und auch Bekannte und Freunde kamen alle nicht aus dem Reitsport. Ich bin ein Mensch, der immer positiv offen Neuem gegenübersteht, und so kam eines zum anderen, und es hat sich halt so ergeben… Aber dass ich jemals wirklich Erfolge erzielen kann. das habe ich mir wirklich nicht vorstellen können.

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„Den Titel unerwartet und überraschenderweise bekommen“

Wie ist Ihre Karriere seither verlaufen? Im vergangenen Jahr sah es ja lange sehr günstig mit einer Wiederholung aus…

Janina Boysen: Ich habe 2020 den Titel unerwartet und überraschenderweise bekommen, auch weil für uns Amateure aufgrund von Corona das Jahr frühzeitig beendet war und es für einen wirklichen „Championatskampf“ keine richtige Möglichkeit gab. 2021 habe ich dann tatsächlich gesagt: „Ich möchte mir den Titel richtig VERDIENEN und erkämpfen“ und somit habe ich alles dafür getan und viel Energie und Kraft in das Jahr 2021 gesteckt. Da ich leider mit 60 Kilo eine sehr schwere Reiterin bin, muss ich auch körperlich immer wieder an meine Grenzen gehen. 2021 habe ich alle mir möglichen Ritte angenommen, auch die mit 51,5 Kilo, um an mein Ziel das Championat zu kommen. Dies hieß für mich in erster Linie Disziplin und Verzicht erlernen. Leider musste ich am Ende auch auf den Titel verzichten, und auch ein solcher „Rückschlag“ muss erlernt werden und gehört zum Sport und Wettbewerb dazu. 

Bei einem Championatskampf gegen Christian Von der Recke konnte ich leider nicht gewinnen, dennoch habe ich bis zum Schluss versucht, das Unmögliche möglich zu machen, und das werde ich auch dieses Jahr wieder versuchen. Ganz nach dem Motto: „Wer kämpft, kann verlieren – wer nicht kämpft, hat schon verloren“.

Beim ersten Ritt für Frank Fuhrmann direkt gewonnen

Alle ihre Erfolge in der Saison 2022 kamen bisher für Frank Fuhrmann zustande. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Erfolgstrainer aus Möser? Was verdanken und was schätzen Sie besonders an ihm?

Janina Boysen: Ich habe als absoluter „No Name“ Amateur angefangen, da ich ein Quereinsteiger in den Sport bin, und musste – wie so viele Amateur e- für meine Ritte viele Anrufe tätigen. Und so rief ich auch irgendwann bei Frank Fuhrmann an und fragte damals, ob ich Nero de Avolo in Mülheim reiten dürfte. Damals ritt ich bei Caro Pietsch und Alexander Pietsch in der Arbeit, die so lieb waren, und dem Trainer bestätigten, dass man mich drauf setzten könnte. Somit bekam ich meine erste Chance für ihn. Glücklicherweise konnte ich bei meinem ersten Ritt für Frank Fuhrmann direkt siegen und es kam zu weiteren Chancen. Frank ist ein sehr aufgeschlossener, ehrlicher und vor allem korrekter Trainer, der immer sagt, was er denkt, und wenn man ihm gegenüber ehrlich und loyal ist, bekommt man immer wieder seine Chancen auch nach Fehlern, denn gerade als Amateur muss man viel lernen, und es läuft nicht immer alles nach Plan.

Janina Boysen und Frank Fuhrmann am 27.06.2020 beim Renntag in Leipzig
Janina Boysen und Frank Fuhrmann am 27.06.2020 beim Renntag in Leipzig

Ich habe mich dann vor drei Jahren entschlossen von Köln nach Möser auf sein Grundstück zu ziehen und meinen Sohn in dieser traumhaften Natur und Umgebung groß zu ziehen und mich mehr meiner Leidenschaft – dem Reiten- zu widmen. Ich verdanke Frank, dass ich Fuß im Rennsport fassen durfte und dass ich nun einen Namen in diesem Sport habe und meinen Traum leben darf.

Ich schätze besonders an ihm, dass wir hier ein sehr familiäres Zusammenleben führen und wir trotz so vieler unterschiedlicher und teils starker Charaktere ein tolles und erfolgreiches Team sind und wir uns gegenseitig unterstützen, um unsere Träume und Ziele zu erreichen.

Besondere Freude an den Sprintrennen

Mit Circuskind und Gainsborough Hat gewannen sie in diesem Jahr jeweils zwei Rennen. Sind das auch Ihre Lieblingspferde?

Janina Boysen: Beide Pferde sind absolute Kämpfer im Rennen und haben ein Riesen-Herz. Ich freue mich immer, wenn ich einen Ritt auf ihnen bekomme, und sicher zählen sie auch zu meinem Lieblingspferden im Rennen (mit noch vielen anderen). Ich selbst habe besondere Freude an den Sprintrennen und gehe am liebsten direkt vorne mit, da ich meist am Start gut wegkomme. Beide Pferde sind Frontrenner, und so passen unsere Vorlieben sehr gut zusammen, und wir sind vielleicht deswegen ein ganz gutes Team.

Circuskind siegt unter Janina Boysen
Circuskind siegt unter Janina Boysen

Sie reiten speziell auch in den Neuen Bundesländern. Haben Sie einen bevorzugten Kurs und wenn ja, weshalb?

Janina Boysen: Oh, da habe ich einige… Ich mag die Bahnen in Dresden, Leipzig, Berlin und Hannover tatsächlich sehr gerne. Die Bahnen lassen sich super reiten, die Linienführung ist toll, das Geläuf ist in der Regel in einem Super-Zustand, und vor allem mag ich die Stimmung auf diesen Bahnen besonders. Es bringt immer Freude, und die Atmosphäre ist einladend, familiär und fröhlich.

Ist der Titel 2022 wieder ein Ziel? Was sind außerdem Ihre Karriere-Ambitionen? Wer sind ihre stärksten Konkurrentinnen

Janina Boysen: Ich glaube, besonders in diesem Sport ist man oft selbst sein größter Gegner und Konkurrent. In erster Linie ist für mich immer ein Ziel, mich zu verbessern und an mir zu arbeiten. An meinem Stil, meiner Kraft, Ausdauer, Taktik und vor allem an meinem Endkampf möchte ich weiter hart arbeiten, und mein größtes Ziel ist es, mich hier zu verbessern. Mit dem Erreichen dieses Zieles hoffe ich natürlich auch auf der Rangliste ums Championat wieder mit oben dabei zu sein und werde natürlich auch bis zum Schluss – wie zuvor schon erwähnt- um den Titel kämpfen.

Wie halten Sie sich fit? Was sind Ihre bevorzugten Sportarten?

Janina Boysen: Ich treibe sehr viel Sport, da ich leider zu den schwereren und auch nicht mehr jüngsten Reitern zähle, ist mir meine Fitness natürlich besonders wichtig. Ich bin ein ehrgeiziger Mensch und strebe immer nach Verbesserung. Neben dem täglichen Reiten gehe ich viel mit dem Hund joggen, betreibe Cross- und Krafttraining und liebe es mit meinem Sohn klettern oder Paddeln zu gehen. Neben dem Sport versuche ich auch auf eine gesunde Ernährung besonders zu achten.

Selbständig mit der Umschulung von Ex-Rennpferden

Was machen Sie im Hauptberuf? Und wie interessiert ist Ihr Sohn am Rennsport?

Janina Boysen: Ich habe mich letztes Jahr erfolgreich selbstständig gemacht mit der Umschulung von Ex- Rennpferden und dem Verkauf und der Vermittlung von Pferden und Ponys. Dieses Jahr durfte ich das erste Mal auch Pferde von anderen Trainern erfolgreich vermitteln und freue mich sehr, so vielen Vollblütern ein so tolles Zuhause nach dem Sport ermöglichen zu können. Ich bekomme viel positives Feedback neuer Besitzer und hoffe so, den Freizeitsport und Rennsport ein bisschen mehr zusammenführen zu können. Mehr kann man auf meiner Internetseite erfahren: www.pferdestaerke-aktiv.de

Mein Sohn zeigt bisher leider wenig Leidenschaft fürs Reiten. Natürlich kommt er gerne mit zur Bahn, er fiebert auch gerne mal mit. Aber er hat außerhalb der Rennbahn ganz eigene Interessen beim Klettern, Kampfsport und Fußball. Und er darf natürlich genauso seine Wünsche und seine Leidenschaft verfolgen wie ich, und so bleibt unser Leben immer sehr abwechslungsreich und spannend.

Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Rennsports, gerade für Amateure?

Janina Boysen: Oh, das ist ein sehr schwieriges und kritisches Thema… Ich sehe die Zukunft tatsächlich als schwierig an. Für uns alle wird das Leben immer teuer, und der Rennsport ist kein günstiges Hobby. Ich selber komme da als allein erziehende Mutter oft an meine Grenzen. Es gibt für Amateure weder Reitgeld noch Prozente. Der Sprit kann zwar mit 7 Cent pro Kilometer abgerechnet werden, was aber sicher nicht mehr den heutigen Spritpreisen angepasst ist. Somit wird es als Amateur immer schwerer, sich dieses Hobby auch finanziell leisten zu können. Man benötigt eine eigene Unfallversicherung, muss oft weite Strecken zurücklegen, um zu den Rennbahnen zu kommen, und auch das Leben und die Verpflegung auf den Bahnen ist sehr kostenintensiv geworden. Daher sehe ich die Zukunft wirklich leider als schwierig an. Auch wenn ich es mir anders wünschen würde, denn ich liebe diesen Sport.

Nero de Avolo siegt unter Janina Boysen am 15.08.2021 beim Renntag in Saarbrücken
Nero de Avolo siegt unter Janina Boysen am 15.08.2021 beim Renntag in Saarbrücken

Was wäre ein Rennen, das Sie gerne für sich entscheiden würden? Gibt es ein bevorzugtes Reiseziel in Sachen Turf?

Janina Boysen: Ein bestimmtes Reiseziel habe ich nicht. Ich lasse das Leben, Erfahrungen und Chancen gerne auf mich zukommen und versuche dann, alles mitzunehmen was geht. Ich habe meinen Championatstitel 2020 gewonnen, habe 2021 viele Erfahrungen sammeln und fast alle Rennbahnen in Deutschland kennen dürfen, 2022 habe ich dann den ersten Sieg in den eigenen Farben gehabt mit Shape of You. 2023 möchte ich meine – in diesem Jahr erworbene – Besitzertrainerlizenz beantragen, und dann wäre sicher ein weiteres Ziel, bei einem Ritt auf dem eigenen und von mir trainierten Pferd zu gewinnen.

Aber aktuell möchte ich mich dieses Jahr voll darauf konzentrieren, Frank Fuhrman bei seinen Plänen, so gut ich kann, zu unterstützen, mich reiterlich zu verbessern und dabei eine gute Mama für meinen Sohn zu sein.

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