Auf zahlreichen Galopprennbahnen ist Joachim Möller als Jockeydiener eine große Unterstützung für die Reiter.
Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet er über seine vielfältigen Aufgaben.
Sie sind Jockeydiener in Hoppegarten und auf anderen Bahnen in den Neuen Bundesländern. Wie kamen Sie auf die Idee, diesen Job auszuüben?
Joachim Möller: Nach der Wende war es schwer, Ritte in Rennen zu bekommen. Selbst mein Kollege Lutz Pyritz hatte es als mehrmaliger Champion in der DDR zur Wende nicht einfach. Als man dann in Erwägung zog, dass es auch im Osten wieder einen Jockeydiener geben soll, meinten Lutz Pyritz und Wolfgang Thom, dass das genau das Richtige für mich wäre. Ich hatte bisher ja nach meiner Arbeit im Rennstall immer noch für Kollegen Sattelzeug repariert. Und als Futtermeister beim Rennstall Schofheide hatte ich immer darauf geachtet, dass die Mitarbeiter ihr Sattelzeug regelmäßig pflegen. Schließlich hängt davon im täglichen Training das Leben ab.
Was sind exakt Ihre Aufgaben an einem Renntag?
Möller: An den Renntagen bin ich zeitig vor dem ersten Rennen in der Jockeystube und bereite für die anwesenden Reiter alles vor. Von einigen Jockeys habe ich die „Osttasche“ in Pflege. Das heißt, dass sie alles, was sie am Renntag zum „arbeiten“ benötigen, an ihrem von mir zugewiesenen Platz vorfinden. Jeder Reiter hat einen Platz mit Namensschild und Handtuch.
Vor jedem Rennen muss ich jedem Reiter beim Auswiegen helfen, die passende Bleidecke geben und Blei zureichen.Nach jedem Rennen muss das schmutzige Sattelzeug schnell gesäubert werden, damit es für das nächste Rennen wieder zur Verfügung steht. Außerdem gehört zum Service die Bereitstellung von warmen und kalten Getränken. Bleidecken und Blei werden von mir zur Verfügung gestellt.
Was waren Ihre bislang schönsten Erlebnisse?
Möller: Da gab es einige. Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal Lester Piggott oder Frankie Dettori betreuen würde. Da gab es einige Sattelkünstler in Hoppegarten zu bewundern. Toll war es, dass mich Frankie Dettori nach Jahren in Hamburg zum Derby ganz herzlich begrüßte. Ich dachte, der würde sich sicher nicht mehr an mich erinnern.
Was sind Ihre Lieblingsbahnen? Haben Sie Jockeys, mit denen Sie besonders gut auskommen? Sind Sie von den Jockeys oder von den Rennbahnen engagiert?
Möller: Jede Rennbahn hat ihren eigenen Charme. Hoppegarten ist für mich natürlich die schönste Rennbahn in Deutschland. Der Herrenkrug ist schön. Bad Doberan hat auf Grund der Historie auch ihren Reiz, und dort zu arbeiten ist immer eine Herausforderung, die Spaß macht.
Eine Lange Freundschaft verbindet mich mit Jozef Bojko. Ihn kenne ich schon seit seiner Anfangszeit in Deutschland, als er bei Wilfried Schütz in Hoppegarten tätig war. Er ist auch der einzige, der dem Team Jockeystube immer Weihnachtsgeld zukommen lässt. Engagiert bin ich von den Jockeys, die mich pro Ritt bezahlen. Leider gibt es aber immer noch Reiter, die unseren Service in Anspruch nehmen und dann ohne zu bezahlen verschwinden.
Ist Jockeydiener Ihr Hauptberuf?
Möller: Ich habe Jockeydiener seit 1991 als Gewerbe angemeldet, und es ist eigentlich mein Hauptberuf. Aber vom Rennsport alleine kann man schon lange nicht mehr leben. Deshalb arbeite ich seit 24 Jahren von Montag bis Freitag von 4:30 bis ca.9:00 Uhr im Hoppegartener Center von UPS und sortiere Pakete.
Außerdem beliefere ich danach noch Kunden einer Futtermühle. Und als Pferdewirtschaftsmeister habe ich vom Veterinäramt eine Lizenz zum Pferdetransport. Oft melden sich Pferdebesitzer zu ungewöhnlichen Zeiten, weil ein Transport in einer der umliegenden Kliniken notwendig ist.
Wie haben Sie den Weg in den Rennsport gefunden?
Möller: In Weimar geboren, gab es dort den Fuhrunternehmer Roland Grobe. Als Kind faszinierten mich Pferde schon immer. In der Nähe unserer Wohnung gab es eine Gartenkolonie. Dort befand sich ein Pony. Darum kümmerte ich mich dann. Durch Zufall entdeckte mich dort dieser Roland Grobe. Er kannte meinen Großvater und meinte, ob ich nicht zu seinem Stall kommen möchte.
Er war einer der wenigen Züchter und Besitzer von Vollblütern in der DDR und hatte gerade ein Fohlen, mit dem ich dann aufgewachsen bin. Nach der Schule war ich dann jeden Tag im Stall, um mich um die zwei Kutschpferde, vier Vollblüter und noch anderes Getier zu kümmern. Dort habe ich das Reiten gelernt und wir sind von Weimar aus mit unseren zwei Rennpferden zu den Rennen nach Gotha, Halle, Leipzig und Dresden gefahren. Durch ihn lernte ich dann im Hoppegartener Rennstall Graditz bei Egon Czaplewski.
Haben Sie selbst Pferde geritten? Wenn ja, mit welchem Erfolg?
Möller: Am 1.August 1976 habe ich in Dresden mit Babina für Trainer Wolfgang Streubel mein erstes Rennen geritten. Am 10.10.1976 habe ich beim sechsten Ritt das erste Rennen gewonnen. Als Lehrling habe ich auch schon Hindernisrennen geritten. Mein erster Ritt war mit dem Lehrlingspferd Marotte in Dresden. Start- Ziel hätte fast geklappt. Kurzer Kopf zweiter gegen die Seriensiegerin Salvia war das Endresultat.
Nach der Lehre war ich Reiter und Futtermeister in einem kleinen Stall und hatte dann wenige Ritte. Erst nach meiner Armeezeit bei Trainer Alex Mirus hatte ich oft zu reiten. Mit Odomant hatten wir einen Spitzensteepler im Stall. Mit ihm gewann ich in Halle ein Hürdenrennen und dann ein Jagdrennen in Magdeburg. Da ich kein Reisekader für das Ausland war, durfte ich ihn nicht weiterreiten.
Käme für Sie auch eine Arbeit außerhalb des Turfs in Frage? Was begeistert Sie an den Galopprennen?
Möller: Notgedrungen muss ich ja einen Job bei UPS erledigen. Ansonsten richtet sich alles nach dem Turf. Sobald die Renntermine feststehen, wird die Urlaubsplanung so gemacht, damit ich an allen Renntagen im Osten zur Verfügung stehen kann. Was aber nicht immer einfach ist. Das ganze Flair an einem Renntag muss man einfach immer wieder erleben. Es gibt nichts Schöneres, wenn mehrere Pferde fast in einer Linie dem Ziel entgegenstürmen und die Menschenmassen toben. Jeder feuert seinen Favoriten an, und der Sieger wird dann von allen bejubelt.
Welche Rennbahnen würden Sie gerne in absehbarer Zeit besuchen?
Möller: In Deutschland kenne ich außer Mannheim fast alle Bahnen. Nach Newmaket, Epsom und auf einige Bahnen in Frankreich würde schon gerne wollen.
Ihre Hobbies außerhalb der Rennbahn?
Möller: Für Hobbies außerhalb der Rennbahn bleibt kaum Zeit. Aber trotzdem beschäftige ich mich gerne mit Sattlerarbeiten, fertige was neu an oder repariere etwas. Das macht mir viel Spaß und ist eine tolle Abwechslung für mich.