Es ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. 14 Rennen gewannen die Pferde des Mannheimer Trainers Marco Klein bisher in der Saison 2022. Hinzu kamen 17 Platzierungen, womit der Coach auf einen tollen Erfolgsschnitt von fast 20 Prozent kommt. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog rekapituliert er das Rennjahr und blickt auf die kommende Saison voraus.
Sie haben das Ergebnis von 2021 im Jahr 2022 deutlich übertroffen. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Marco Klein: Ich bin mit diesem Jahr wirklich sehr zufrieden, wir hatten deutlich weniger Starts, aber dabei eine klar bessere Quote als das Jahr zuvor, wir konnten eigentlich alle unsere Pferde im Stall und die dazu gekommenen steigern, was mir viel Freude bereitet. Zwar war es auch durch die beiden schweren Stürze von Tommaso Scardino und unseres Auszubildenden in der Morgenarbeit während der gleichen Zeit auch ein Jahr, das mit viel Aufregung verbunden war, aber umso schöner ist es, dass Tommaso mit unseren Pferden ein tolles Comeback auf der Heimatbahn feiern konnte und das gesamte Team die Herausforderungen in dieser Zeit wunderbar gemeistert hat.
„Wir haben unheimlich viele Fans“
Sechs ihrer Treffer kamen auf der Heimatbahn Mannheim zustande. Wie wichtig ist es für Sie, gerade hier zu punkten?
Marco Klein: Na, Siege auf der Heimatbahn sind immer sehr schön. Wir haben ein tolles Publikum und mittlerweile unheimlich viele Fans, die uns bei Wind und Wetter unterstützen. Und da ist es natürlich klasse, wenn wir auch Ihnen Siege schenken können, mit denen sie sich Identifizieren, denn die Region hier um Mannheim ist sehr sportbegeistert. Man unterstützt sich gegenseitig und fiebert miteinander. Es ist schon so, dass man einfach in der Stadt angesprochen wird und gratuliert bekommt oder man gefragt wird, wie es den Pferden geht, das macht natürlich Freude und wurde in den letzten Jahren immer mehr. Darüber hinaus haben wir Besitzergemeinschaften hier aus der Region, für die es besonders schön ist, zu Hause zu gewinnen.
Indian Soldier geht in Rente
Gamine, Zambala und Lommerzheim schaften sogar Doppelsiege. Welche Pferde waren die größten positiven Überraschungen, und wer hat sie enttäuscht? Und wie sind die Perspektiven mit ihrem einstigen Seriensieger Indian Soldier?
Marco Klein: Zunächst zu Indian Soldier, er hatte ja schon zum vergangenen Start eine längere Pause, da er gesundheitlich nicht ganz in Ordnung war. Da er nach dem letzten Start nicht tip top war, habe ich der Besitzerin empfohlen, ihn in Rente gehen zu lassen, bevor er sich ernsthaft verletzt, er wird in natürlich in Ihrem Besitz bleiben, wir alle sind ihm unheimlich dankbar für alles, und für Britta war er ja auch der Einstieg in den Rennsport. Zum Jahreswechsel in sein schönes Rentnerquartier umziehen, er hat es sich mehr als verdient.
Eine Enttäuschung in dem Sinne habe ich nicht, das wäre auch den Lebewesen gegenüber nicht fair, auch wir Menschen haben alle Ups and Downs.
Riesig gefreut habe ich mich, wie sich Gamine gemacht hat. Sie war zu Beginn recht nervig, ist richtig entspannt geworden und hat sich gegen die älteren toll durchgesetzt. Für das letzte Rennen ist sie entschuldigt. Ich glaube, sie wird sich im Winter noch einmal körperlich mehr entwickeln, so dass sie nächstes Jahr auch Listenrennen als Ziel haben wird.
Es fällt auf, dass Sie Ihre Pferde auch gerne in Leipzig aufbieten. Liegt das an der Ähnlichkeit der Kursführung zu Mannheim?
Marco Klein: Nun, klar ein klein wenig hat es schon mit der Kursführung zu tun und damit, dass ein Teil unserer Pferde damit sehr gut zurecht kommt. Darüber hinaus war das Geläuf immer in einem tollen Zustand, man ist herzlich Willkommen, das spürt man dort auch, und das Team im Scheibenholz macht einen erstklassigen Job mit sehr viel Herzblut und Professionalität. Ich finde, dass dies auch unterstützt gehört. Meine Pferde, mein Team und ich fühlen uns dort immer Wohl.
„Wir haben die Winterrennen immer unterstützt“
Welche Rolle spielt in Ihren Planungen die Sandbahn in Dortmund für diesen Winter?
Marco Klein: Mit einigen Pferden spielt sie schon eine Rolle, wir haben ja die Winterrennen immer schon sehr unterstützt und genutzt, auch wenn es natürlich darauf ankommt, wie sich das Geläuf präsentiert, also werden wir von Renntag zu Renntag über Starts entscheiden.
Ihr Pferdebestand ist wieder auf über 30 Kandidaten angewachsen, nachdem er schon einmal deutlich geringer war. Wie kämpft man sich wieder nach vorne?
Marco Klein: Ja, ich freue mich natürlich sehr, dass der Stall wieder deutlich voller ist, wir hatten einige Pferde, die verletzungsbedingt ihre Karriere beendet haben und auch einige Besitzer, die in Kombination aus fortgeschrittenem Alter und Corona-Krise ihre Passion nicht mehr betreiben. Umso schöner ist es natürlich, dass wir einiges an neuen Besitzern hinzu gewonnen haben. Man kann ja nichts erzwingen, sich selbst treu bleiben, vor allem der eigenen Philosophie, nicht die Nerven verlieren, dann bekommt man auch das Vertrauen geschenkt.
21 Pferde gehören Britta Gollnick-Uleer, einer Zahnärztin aus Berlin. Wie kam damals die Zusammenarbeit zustanden? Und wie ist Ihr Vertrauensverhältnis heute?
Marco Klein: Der Kontakt damals kam über einen Zahnarzt zustande, der ebenfalls seit Jahren ein Pferd bei uns im Training hat und viel geschwärmt hat, dann hatten Ingo Gollnick und ich ein Telefonat miteinander. Am darauffolgenden Wochenenden kamen Ingo und Britta zu uns, und ich konnte ihnen den bis dahin sieglosen Indian Soldier anbieten, schwups waren sie Besitzer. Das Ganze ging dann so gut los, dass „Indi“ direkt zum Seriensieger wurde, parallel kam seine Schwester Inchiquin hinzu, dann nahm im Positiven der Wahnsinn seinen Lauf. Heute haben wir ein sehr vertrauensvolles Verhältnis, sagen wir eher gutes freundschaftliches. Wir telefonieren mindestens einmal am Tag, es ist eine sehr schöne Zusammenarbeit. Sie tragen unsere Philosophie komplett mit, und das Wohl des Pferdes steht stets im Vordergrund.
„Die Ausgeglichenheit der Pferde ist mir extrem wichtig“
Bei Facebook war zu lesen, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Hauptbesitzerin einen neuen Transporter erworben haben. Welche Vorzüge hat das Equipment am Stall bei Ihnen? Und was sind Ihre Trainings-Prinzipien?
Marco Klein: Es ist natürlich ein großer Vorteil, wenn man eigene Transportmöglichkeiten hat und recht flexibel hierdurch ist. Auch der Kostenfaktor ist natürlich in der heutigen Zeit ein Thema. Vier Pferde können wir selbst transportieren, bei größerer Anzahl oder Parallel-Veranstaltungen vertrauen wir unsere Schützlinge Transporteuren wie beispielsweise Andreas Fallert an, der schon seit Beginn meiner Tätigkeit als Trainer viele Sieger für uns gefahren hat.
Zum Prinzip, mit ist es enorm wichtig, die Pferde in Ruhe auszubauen und MIT ihnen zu arbeiten, nichts zu früh zu erzwingen. Auch die Ausgeglichenheit der Pferde ist mir extrem wichtig, denn ich meine, das geht einem ja selbst so: Höchstleistung zu erbringen setzt auch ein Stück weit voraus, dass man sich wohl fühlt und nicht nur unter Druck steht. Was nicht bedeutet, dass nur der Spaß im Vordergrund steht, aber ich habe lieber auch vom Kopf gesunde Pferde lange als Partner im Stall stehen als der schnelle kurze Erfolg. Nachhaltigkeit ist da ein großes Thema.
Auch mehrere Jährlinge stehen unter Ihrer Obhut. Wie sind die Aussichten für 2023?
Marco Klein: Ich freue mich sehr auf die kommende Saison, auch die Arbeit mit den Youngstern bereitet viel Freude. Bis Ende des Jahres werden es zwölf Jährlinge sein, ein großer Teil davon zeigt sich beim Reiten schon eindrucksvoll für die Jahreszeit und die kurze Zeit, in der sie hier sind, so dass ich denke, dass einige nächstes Jahr auch heraus kommen werden. Im Gegensatz zum vorherigen Jahrgang, da haben sich alle recht schnell zu ziemlich kräftigen Pferden entwickelt, mit denen wir recht schonend dieses Jahr arbeiten mussten und uns mit den Besitzern entschieden, erst dreijährig, also kommendes Jahr, zu debütieren. Aber es sind für mich schon Hoffnungsträger dabei sowohl zwei- bzw. dreijährig, als auch bei den Älteren. Ich hoffe auf eine tolle Saison 2023 und bin recht optimistisch. Das ganze Team brennt schon jetzt auf die neue Saison.
Wie sehen Sie die Perspektiven des deutschen Rennsports? Und welche Rolle nehmen Auslandsstarts künftig bei Ihnen ein?
Marco Klein: Puh, was soll man da sagen, wir alle sehen, was passiert, aber ich denke man sollte nicht nur alles negativ sehen, trotz zwei harter Corona-Jahre habe viele nicht aufgegeben. Sicher ist noch viel zu tun. Ideen gibt es ja genug, nur muss eben der Mut auch da sein und die entsprechenden Leute, um es umzusetzen. Es müssen eigentlich nicht nur im Dachverband, sondern auch in den Aktiven-Verbänden mehr neue Ideen umgesetzt werden, aber leider scheint vieles noch zu eingefahren. Es drängt sich oft der Eindruck auf, dass die Angst größer ist, Einfluss zu verlieren, als die Hoffnung, durch junge Leute in den verschiedenen Gremien Fortschritte zu machen. Wenn das an den Stühlen Kleben so weitergeht, dann wird sich in einigen Belangen nichts ändern können.
Wir haben ja, wie man sehen kann, schon beim jüngsten Jahrgang auch einige Franzosen gekauft, das sollte ein kleines Zeichen sein, dass wir uns auch in diese Richtung verstärkt orientieren wollen und müssen.