Egal ob auf den verschiedensten Rennbahnen in Frankreich oder auch zuletzt auf der Dortmunder Sandbahn – der österreichische Galopper-Trainer Markus Geisler agiert seit vielen Wochen mit bemerkenswertem Erfolg. Allein zwölf Siege gelangen ihm 2021 in Frankreich. Der mit dem Iffezheimer Coach Gerald Geisler weder verwandt, noch verschwägerte Tiroler (Jahrgang 1977) berichtet Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog über seine Karriere und Pläne.
Sie haben laut Ihrer Website Ihre Karriere als Trainer mit Arabischen Vollblütern begonnen. Wie wurde Ihr Interesse am Rennsport geweckt, und was waren die ersten Stationen?
Markus Geisler: Ein Bekannter von mir, Araberzüchter Herr Karpf, von dem ich damals Araber als Reitpferde gekauft habe, hat mich einmal mit auf die Rennbahn genommen als er einen Starter hatte. Im Führring sagte er zu mir, dass sein Pferd heute gewinnen werde. Als ich sein kleines Pferd im Vergleich zu den anderen sah, hoffte ich für meinen Freund, dass er nicht Letzter wird. Als der kleine Araber in der Zielgerade immer weiter aufholte und das Rennen tatsächlich gewann, habe ich derart mitgefiebert, dass ich sofort von dieser Faszination gefesselt war. Ich fing dann eben mit Vollblutarabern als Besitzertrainer klein an. Aufgrund von mangelnden Möglichkeiten für diese Pferde kam der Umstieg auf Vollblüter und die Public-Trainer-Lizenz. Galopper trainierte ich im Magna Racino, dem Gestüt Schönfeld und schließlich in der Freudenau und nun auch am Gumpersberg, unserem zweiten Standort.
Die heutigen Rennen bei RaceBets
„Die Freudenau ist eine der besonderen Bahnen der Welt“
Ihr Standort ist die altehrwürdige Wiener Freudenau. Können Sie allen, die diese Traditionsbahn nicht kennen, die Vorzüge beschreiben?
Markus Geisler: Jeder, der die Freudenauer Bahn aus früheren Zeiten kennt, wird mir zustimmen, dass es eine der besonderen Bahnen der Welt ist. Wir sind sehr froh, dass wir dank Familie Habel, die für uns die Bahn erhält, diese historische Kulisse jeden Tag genießen können. Ein klein wenig abseits des Stadtdschungels – im grünen Prater ist es eine wahre Oase für uns und die Pferde. Die Vorzüge sind jedenfalls die Größe – einmal rum auf Gras sind es 2.800 Meter, die Zielgerade misst 800m. Es gibt zwei Sandbahnen zum Trainieren, eine runde und eine gerade Bahn. Zudem einige Trab- und Ausreitmöglichkeiten. Hier findet vorwiegend das Speedtraining statt, und die Pferde holen sich hier den letzten Schliff.
Die Rohdiamanten werden allerdings auf unserem zweiten Standort vorbereitet. Seit 2021 haben wir Vollbetrieb auf der privaten Trainingsanlage nahe Wien, die zum Sage Stud dazugehört. Die Anlage bietet hochmodernes, datenbasiertes Training. Geschwindigkeiten und Videos des täglichen Trainings werden aufgezeichnet und gespeichert. Das Ziel ist es, trainingsrelevante Schlüsse aus den Daten zu ziehen. Neben der Technologie bietet das Zentrum große Koppelflächen, eine up-hill Galoppstrecke auf Holzschnitzeln, Halle, ein Longe-Pen, Solarium und viele weitere Features an. Hier werden unsere Jährlinge eingeritten und auf ihre spätere Karriere schonend vorbereitet, sowie einige Problempferde an den Start gebracht, wie zum Beispiel der in Deutschland bekannte Larry, der mit irreparablen Sehnenschäden zu uns kam und seither in unseren Händen fünf Rennen gewinnen konnte.
„Wir sind immer bemüht, den Rennsport zu promoten“
Um den österreichischen Rennsport ist es sehr ruhig geworden. Wie ist die Situation in der Freudenau und in Ebreichsdorf? Und wieviele Pferde werden in Österreich überhaupt noch trainiert?
Markus Geisler: Wir haben aktuell um die 30 Pferde im Training. Zudem sind wir immer bemüht, den Rennsport zu promoten und haben deshalb im Herbst ein neues Rennpferdesyndikat gestartet, das Rennsport-Neueinsteigern eine erste Erfahrung, aber vor allem Freude bereiten soll. Obwohl wir klein sind, ist bei uns immer etwas los und das ist das Wichtigste. Denn auch wenn es nur kleine Schritte sind, sie sind immer vorwärts. Ich denke, den Rest der in Österreich trainierten Pferde außerhalb unseres Betriebes kann man an einer Hand abzählen.
Sie sind verstärkt in Frankreich aktiv. Wie sehen Ihre Schwerpunkte aus? Was sind die Gründe? Welche Rennbahnen bevorzugen Sie und weshalb?
Markus Geisler: Wir haben keine Präferenzen, was Bahnen oder Destinationen betrifft, was wir im Vordergrund halten, ist das optimale Rennen für ein Pferd zu finden, in dem es bestehen kann. Wir wollen immer eine anständige Performance abliefern und den Besitzern etwas für ihre langjährige Treue zurückgeben.
„Schließe einen dritten Standort nicht aus“
Käme für Sie auch ein Wechsel nach Frankreich in Frage?
Markus Geisler: Einen kompletten Wechsel wird es bei uns nicht geben. Unser Kundenstamm ist in Österreich ansässig, und unsere Besitzer haben viel Bezug zu ihren Pferden, da sie diese entweder selbst gezüchtet bzw. erworben haben oder mit ihnen in Kontakt sind. Wir schließen aber nicht aus, dass wir nicht einen dritten Standort aufmachen könnten. Frankreich wäre hierfür ideal und würde uns sehr viel Zeit auf den Straßen ersparen.
Welche Rolle spielen Gastspiele in Deutschland? Wie hat man sich eine Reise zum Beispiel nach Nordrhein-Westfalen logistisch vorzustellen?
Markus Geisler: Bestes Beispiel ist hierfür Music is her name, die Stute mit einer Wahnsinnsabstammung kam nach gesundheitlichen Problemen erst spät ins Laufen, und so manch anderer Trainer wäre so ein Projekt gar nicht angetreten. Man möchte so einer Stute natürlich leichtere Aufgaben stellen, die aber doch international einen sportlichen Wert haben. Logistisch gesehen, muss man etwas im Vorhinein planen, einen Personalplan machen und ein paar Emails rausschicken.
„Viele Kleinigkeiten sind eine Riesenhilfe“
Wer sind die Hoffnungsträger im Stall? Wie ist Ihr Lot strukturiert? Wer sind Ihre größten Unterstützer?
Markus Geisler: Ich möchte da gar keine Namen hervorheben, denn jeder unserer Besitzer am Stall steht immer hinter uns, gibt im Rahmen seiner Möglichkeiten das Maximum für seine Pferde und, wenn es sein muss, unterstützt uns auch tatkräftig. Zum Beispiel fährt Peter Huber seine Pferde selbst zum Rennen, der Besitzer des Zuchthofes Favianis bedruckt unsere Pferdetransporter, und seine Frau näht auch mal schnell ein Dress in der Nacht vor einem Rennen, wenn eines fehlt. Es sind Kleinigkeiten, die uns oft eine Riesenhilfe sind.
Wir haben einige Hoffnungen für die kommende Saison, wir trainieren 16 tolle Zweijährige, aus denen ein
Camelot-Hengst aus dem Besitz des Sage Stud besonders heraussticht. Wir haben
klingende Namen in unserem Portfolio – Harry Angel, Cracksman, Churchill, Sioux
Nation und viele mehr. Unsere Besitzer investieren bewusst in Qualität und
Zukunft. Im Lot der älteren Pferde ist der Stall
Liberty Leaf am stärksten vertreten, der gerne in Frankreich läuft und
aktuell von der Verkaufsrennszene in die Handicaps übergeht.
Was waren bisher Ihre größten Erfolge? Welche Ziele haben Sie sich für 2022 gesetzt?
Markus Geisler: Als Assistenztrainer konnte ich bereits Pferde für Siege im Vederemo-Rennen (österr. Derbyvorprüfung), 1000 Guineas, Oaks und österreichischen Derby stellen sowie einen Listensieg in Mailand mit Do it in Rio (Gestüt Celtic Hill), einer 50:1 Außenseiterin vorbereiten.
Die frischesten Erfolge waren für mich der Comeback von Larry und Music is her name, sowie tolle Siege mit Magnentius und Magritte du Champ.
Das Ziel für 2022 ist weiter in das französische Handicapsystem hineinzukommen mit dem Großteil der Pferde und ein paar Punkte dort zu sammeln, ebenso wie Black Type zu holen.
„Legen sehr viel Wert auf individuelle Vorbereitung“
Worauf legen Sie beim Training ganz besonderen Wert? Wer sind Ihre wichtigsten Mitarbeiter?
Markus Geisler: Wir legen sehr viel Wert auf individuelle Vorbereitung. Pferde, die Zeit brauchen, bekommen diese auch. Arbeitsreiter werden sorgfältig ausgewählt und zugeteilt, ebenso wie Jockeys im Rennen. Wir versuchen, für jeden Topf einen Deckel zu finden. Unser Vorteil ist es, dass wir zwischen zwei Trainingsanlagen wählen können und so dem Pferd, je nach seiner körperlichen Verfassung, entgegenkommen können.
Wir haben ein junges, vielfältiges und dynamisches Team, mit viel Rennsporterfahrung, das täglich, unermüdlich auf 100 Prozent arbeitet. Ich möchte mich hiermit auch bei jedem einzelnen bedanken, der zu meinem Team dazugehört. Es ist wirklich tolle Arbeit, die hier geleistet wird.
Wie sieht ein Tag Freizeit oder ein paar Tage Urlaub bei Ihnen aus?
Markus Geisler: Das kommt zwar ganz, ganz selten vor, denn erreichbar muss man immer sein als Verantwortlicher für den Betrieb. Aber sollte ich mal eine Auszeit nehmen, dann gerne bei meiner Familie in Tirol.