Seit vielen Jahren ist Michael Cadeddu einer der erfolgreichsten Jockeys in Deutschland. Der gebürtige Italiener gilt mit seiner aufgeschlossenen Art auch als einer der beliebtesten Sattelkünstler hierzulande. Dabei war er in seiner früheren Heimat auch als Schauspieler aktiv. Exklusiv im Insider-Talk berichtet der 36-jährige über ein Jahr, in dem er nicht vom Glück begünstigt war.
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In diesem Jahr hatten Sie großes Verletzungspech. Was ist genau passiert, und wie gestaltete sich der Genesungsprozess?
Michael Cadeddu: Es war in München, im Schlussbogen war ich in der inneren Spur. Man kann niemandem einen Vorwurf machen. Mein Pferd kam ins Rutschen und verlor dadurch die Hinterbeine. Ich konnte das nicht verhindert und wurde weggeschleudert. Im ersten Moment dachte ich, dass nichts passiert sei, doch am nächsten Tag kam alles heraus durch die Diagnose der Oberärzte bei einem MRT in Mönchengladbach, dass ich eine Tibiakopf-Fraktur hatte. Am Anfang dachte man, dass man das operieren sollte.
Doch in der Mediapark-Klinik, wohin mich Ecki Sauren geschickt hatte, wurde mir empfohlen, erst einmal keine OP zu machen und das konservativ zu behandeln. Dann ging die Genesung mit einer Schiene los, erst einmal in Deutschland. Als ich dann etwas mehr Zeit hatte und mit den Krücken spazieren gehen musste, sind wir zur Familie nach Italien, um auch für die Kinder Unterstützung zu haben. Die beste Genesung war die Reha, oft mit stundenlangen Wasser-Behandlungen. Ich glaube, dass das viel geholfen hat. Als die Krücken weg waren, sind wir in Meran auch etwas gewandert. Die erste Reha hat auf jeden Fall viel gebracht, auch der Physio-Sport hat viel gebracht, um wieder fit zu werden für das Reiten und schnellstmöglich zurück zu sein.
„So viele gute Leistungen bringen wie möglich“
Sie sind erst kürzlich wieder ins Geschehen eingestiegen. Wie sind Ihre restlichen Ziele für dieses Jahr, und wie sieht Ihre Planung für den Winter aus?
Michael Cadeddu: Seit einigen Wochen bin ich wieder voll aktiv. Ich möchte einfach so viele gute Leistungen wie möglich bringen, Erfolg haben, und die Pläne im Winter sind erst einmal weiterzumachen. Da ist jetzt kein Ausland in Sicht. Wegen der Verletzung ist einiges anders gekommen als gedacht. Ich werde dort helfen, wo ich benötigt werde.
Deutschland ist schon lange Ihre Wahl-Heimat geworden. Wo genau sind Sie beschäftigt und wie sieht eine normale Woche bei Ihnen aus?
Michael Cadeddu: Deutschland ist jetzt natürlich meine zweite Heimat. Ich bin im Gestüt Röttgen beschäftigt. Wir wohnen weiterhin in Bergheim, wo ich früher bei Schlenderhan gearbeitet habe. Dort sind wir mit der Familie auch geblieben. Meistens sieht die Woche so aus: Arbeiten gehen, die Kinder vom Kindergarten abholen, etwas trainieren gehen und abends alle müde ins Bett gehen.
„So etwas bleibt für immer im Herzen“
Was waren bisher Ihre schönsten Momente und Siege? Und an welche Pferde erinnern Sie sich besonders gerne?
Michael Cadeddu: Jeder Sieg ist für mich ein schöner Moment. Wenn man in der Heimat die Diana oder die Oaks gewinnt oder ein Grupperennen für Zweijährige, dann ist das etwas Besonderes, oder wenn ich das Derby gewinnen könnte. Solche Siege vergisst man nicht, wie mit Nepal oder XXX Gold oder natürlich der Gruppe I-Sieg in München mit Guignol. So etwas bleibt für immer im Herzen.
„Ich habe noch die großartigen Zeiten erlebt“
Wie sind Sie eigentlich früher Jockey geworden? Und haben Sie diese Entscheidung schon einmal bereut?
Michael Cadeddu: Jockey zu werden war eigentlich schon mit vier Jahren mein Wunsch, als ich einmal meinen Vater siegen gesehen habe. Wir waren in Turin und er erzählte immer davon, dass ich auch gesagt habe, dass ich mal auf so einem Treppchen stehen möchte. Wahrscheinlich war das ein richtungsweisender Moment.
Ich habe es nie bereut und hoffe, dass dies nie der Fall sein wird. Natürlich machen auch mich manche Situationen und Misserfolge traurig, aber das ist, weil man immer mehr gewinnen will. Oder die Situation, in der sich der Sport befindet, so wie in Italien oder auch in Deutschland. Ich habe ja noch die großartige Zeiten erlebt. Dass diese Zeiten wieder kommen, wird hart.
Würden Sie einem jungen Menschen raten, Jockey zu werden. Welche Vor- und Nachteile hat der Beruf aus Ihrer Sicht?
Michael Cadeddu: Es ist einem jungen Menschen nicht einfach zu erzählen und zu erklären, wie schön unser Sport ist und wie diese Momente im Rennen sind. Das muss man selbst erlebt haben. Nur damit kann man auch stark durch eine Saison gehen oder eine Verletzung durchmachen, wo viele Menschen sagen würden, warum. Es muss einen Sinn haben, das Ganze zu fühlen, ist njicht so einfach.
Die Ergebnisse sagen alles aus
Welche großen Rennen würden Sie gerne gewinnen? Und ist das Championat in der Zukunft ein Thema?
Michael Cadeddu: Man muss alles gewinnen, ob es ein Sieglosenrennen ist, ein Handicap oder ein großes Rennen. Man sollte sich über jeden Sieg freuen und alles geben. Große Rennen, große Ziele, kleine Rennen, große Siege.
Auf dem Championat liegt kein Fokus. So gut wie möglich jede Saison das Beste geben, das ist das Ziel. Die Ergebnisse sprechen dann eine klare Sprache, man muss außerdem auch Glück haben.
In Italien waren Sie das Gesicht der Kinderschokolade. Können Sie heutzutage so etwas essen? Oder wie schwer ist der Kampf um das Gewicht?
Michael Cadeddu: In Italien habe ich tatsächlich mehrere Werbungen gemacht und auch in der Soap mitgespielt, auch für Joghurt, nicht nur Schokolade. In Sachen Gewicht habe ich sehr viel Glück. Natürlich versuche ich, mich gesund zu ernähren mit Olivenöl aus Italien, auch den gleichen Essenszeiten. Das hilft ein bisschen, mein Gewicht zu halten. Zum Glück habe ich keine Schwierigkeiten.
Könnten Sie sich vorstellen, nebenbei nochmals als Schauspieler aktiv zu sein? Und was haben Sie nach der Jockey-Laufbahn eines Tages geplant?
Michael Cadeddu: Der Jockey-Beruf nimmt viel Zeit in Anspruch, in der man sich vorbereitet. Das wäre bei der Schauspielerei auch der Fall. Beides zusammen wäre schwierig, daher glaube ich nicht, dass ich nochmals als Schauspieler aktiv sein werde. Nach der Jockey-Laufbahn wäre Trainer vielleicht eine Möglichkeit. Ob man dafür gut genug ist, muss man sehen. Aber das war immer auch ein Wunsch von mir. Vieles anderes kann ich auch nicht machen (lacht).
Wie sieht bei Ihnen der ideale Urlaubstag aus? Und welche Rolle spielt die Familie in Ihrem Leben?
Michael Cadeddu: Wenn man eine Familie gründet, muss man sich ändern, denn die Familie ist für mich das Wichtigste. Auch während der Verletzungszeit mit der Familie zusammen zu sein, war sehr wichtig für mich. Meine beiden Kinder sind sehr aktiv, aber meine Frau, die Italienerin ist, und ich haben alles sehr gut im Griff. Es ist eine Freude, wenn sie auf der Rennbahn sind und der Kleine fragt: Papa, hast du gewonnen? Das ist sehr wichtig und macht sehr viel Spaß.
Im Urlaub muss man weit weg sein und ohne Telefon, das ist schon einmal schwierig. Wenn man jemand dabei hat, der auf die Kinder aufpasst, ist das ein echter Urlaub, sonst ist es halt auch anstrengend (lacht).