Mit einer Dreierserie sorgte Nicol Polli am 16. November in Dresden für Schlagzeilen, als er Inaugural, Rosa und Te Quiero zum Sieg führte. Deutschland ist schon seit einigen Jahren die Wahl-Heimat des 39-jährigen Italieners, der exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog über seine Karriere berichtet.
Sie sind vor mehreren Jahren aus Italien nach Deutschland gewechselt. Was waren damals die Gründe, und wie entwickelte sich Ihre Laufbahn seither?
Nicol Polli: Ich habe immer die Rennen geschaut von Deutschland und gesehen, dass vermehrt Amateure reiten, und dann dachte ich, ich versuche es mal und bekomme vielleicht mehr Chancen im Rennen zu reiten. Es wird von Jahr zu Jahr besser. Am Anfang war es sehr schwer, Chancen zu bekommen, aber ich bemühe mich darum, dass es besser wird. Und ich danke auch allen, die mir immer die Chancen gegeben haben. Ich hoffe, es wird noch mehr.
An der Jockey-Schule in Pisa hat alles angefangen
Wer hat Ihnen das Reiten beigebracht? Und was wäre ein Alternativ-Beruf gewesen? Wie stark ist Ihre Familie in den Rennsport involviert?
Nicol Polli: 2006 habe ich angefangen, an der Jockey-Schule in Pisa zu reiten. Es gab ein kleinen
Wettbewerb unter den Azubis, und dort landete ich auf Platz zwei. Später ging ich nach Newmarket und beendete dort die Schule.
Es gab nie eine Alternative. Mein Onkel ist Ex-Jockey und hat ca. 1400 Rennen gewonnen . Mein Bruder Fabrizio reitet im Training, und mein anderer Bruder Antonio ist Jockey und hat fast 1000 Siege. Er ist auch mit der Schwester von Christian Demuro verheiratet.
Sie können auch ganz leichte Gewichte in den Sattel bringen. Was müssen Sie dafür tun? Und wie anstrengend ist das Leben als Jockey?
Nicol Polli: Ich habe keine Probleme mit dem Essen und brauche nicht darauf zu schauen. Ich esse immer normal, damit ich Kraft und Energie habe.
„Ich bin Sascha Smrczek sehr dankbar“
Wie sieht eine normale Woche bei Ihnen aus? Für welche Trainer sind Sie im Training aktiv? Wie ist die Zusammenarbeit mit Sascha Smrczek und Daniel Paulick?
Nicol Polli: Ich bin angestellt bei Sascha Smrczek und gehe jeden Morgen von montags bis samstags dorthin. Und Sonntag bin ich meistens auf der Rennbahn im Einsatz. Sascha Smrzcek ist mein Chef, und mit Daniel Paulick ist es auch eine gute Zusammenarbeit. Er gibt mir immer die Chancen zu reiten und unterstützt mich sehr. Dafür bin ich ihm auch sehr dankbar.
Wird generell in Deutschland anders geritten als in Italien?
Nicol Polli: Ja, in Italien konkurrieren die Jockeys mehr miteinander, und deshalb ist es schwierig, dort zu reiten.
„Der negativste Moment war mein Beinbruch“
Über welche Siege und Erlebnisse haben Sie sich am meisten gefreut? Und was waren die negativen Momente bisher?
Nicol Polli: Über meine 2 Siege an einem Tag in Baden Baden für Trainer Sascha Smrczek habe ich mich am meisten gefreut. Trotzdem ist jeder Sieg schön.
Der negativste Moment war mein Beinbruch in der Morgenarbeit, als ich sieben Monate pausieren musste und nicht reiten konnte. Das war sehr schwer für mich.
Ihr Kollege und Landsmann Marco Casamento reitet derzeit in Katar. Wie sind Ihre Pläne in den Winter-Monaten?
Nicol Polli: Ich werde nur in Dortmund aktiv sein und natürlich fit bleiben und mich weiter verbessern. Ich könnte zwar über Winter auch nach Katar gehen, aber ich möchte hier erstmal weiter kommen und mehr zeigen. Und ich habe meine Familie hier.
Wie ist der Kontakt zu den anderen Jockeys? Wie sehen Sie die Konkurrenz?
Nicol Polli: Sehr gut, wir respektieren uns alle. Die Konkurrenz ist stark, aber ich werde weiterhin an mir arbeiten und habe mir ein kleines Ziel gesetzt, vielleicht einmal unter die Top 10 zu kommen.
Wie schwer ist es, finanziell gut leben zu können hierzulande in diesem Beruf?
Nicol Polli: Wenn man nicht viel reiten kann im Rennen, ist es schwierig. Deswegen ist man
darauf angewiesen, viele Chancen zu bekommen. Und man muss sich etwas Mühe geben, um Ritte
zu finden.
Wo und wie sehen Sie Ihre Zukunft? Gibt es Rennen oder Rennbahnen, die Sie besonders reizen?
Nicol Polli: Im Moment bin ich sehr zufrieden, wie es läuft, und ich hoffe es wird noch besser.
Für die Zukunft ist mir wichtig, dass ich immer fest im Sattel bleibe und mir mehr Besitzer und
Trainer eine Chance geben, im Rennen zu Reiten.