Die Rennbahnen sind quasi das Zuhause für die Jockeys. Einmal abgesehen davon, dass sie unter der Woche an so manchem Stall in den Sattel steigen, handelt es sich zumindest um den eigentlichen Arbeitsplatz. Hier werden die Rennen vor Zuschauern entschieden und es geht um die großen sportlichen Erfolge. Wir haben unseren RaceBets Ambassador Michael Cadeddu darum gebeten, seine fünf liebsten Bahnen auszuwählen und zu beschreiben. Bekanntlich handelt es sich bei ihm um einen Italiener. Er kennt also mehr Bahnen als so manch Kollege, das machte die Antworten auf die Fragestellung umso interessanter. Außerdem ist Cadeddu fleißig, scheut auch weite Fahrten und Flüge nicht. Er hat sich dazu entschlossen, seine liebste Bahn in Italien zu nennen, die, um es vorweg zu nehmen, für ihn die schönste in ganz Europa ist. Und er nannte seine vier liebsten Rennbahnen in Deutschland. Die Nummer 1 könnte für den einen oder anderen Leser eine Überraschung sein.
Michael Cadeddu benennt seine Lieblingsbahnen
„Meine liebsten Rennbahnen… Das ist ein spannendes Thema zum Abschluss des Jahres für mich als Botschafter von RaceBets. Es war nicht einfach hier Entscheidungen zu treffen, auch wenn ich betonen muss, dass ich direkt nach der ersten Information über dieses Thema erste Ideen hatte. Doch bei meinem Hintergrund muss man auch immer bedenken, dass eine Verbindung zur Heimat erwartet werden darf und im Grunde auch zu Recht von mir erwarten wird. Doch es geht ja letztlich darum, auf welchen Bahnen ich mich aktuell am wohlsten fühle und auf welchen ich am liebsten reite.
Eine mögliche Fragestellung sah wie folgt aus: Einmal angenommen, dass in Deutschland mehrere Veranstaltungen parallel sind und ich habe für alle Ritte angeboten bekommen, die Chancen bedeuten. Dann müsste ich entscheiden, wo ich am liebsten hinfahre. Der Aufwand der Fahrt kann dabei ein Faktor sein. Doch wenn ich weiß, dass ich auf der einen Bahn aus welchen Gründen auch immer ungerne bin und auf der anderen sehr gerne reite, dann weiß ich natürlich, für was ich mich entscheide. Und die Kilometer spielen einfach gesagt keine Rolle. Wobei es nicht immer so einfach ist. Und außerdem komme ich in Deutschland leider viel zu selten in einen solchen Zwiespalt. Aber das ist ein vollkommen anderes Thema.
Natürlich sieht man eine Bahn, auf der man viele Erfolge feiert, in einem anderen Licht als eine, auf der es so gar nicht laufen will. Die Tatsache, dass das alles weniger mit der Jockeystube, der Betreuung durch den Jockeydiener oder mit dem Geläuf zu tun hat als mit den Pferden und manchmal auch einfach nur mit Glück, ist mir durchaus bewusst. Grundsätzlich gilt meiner Meinung nach, dass Bahnen, die an alle denken inklusive der Zuschauer, mir besonders gefallen. Ich sehe das alles nicht egoistisch. Im Sinne der Pferde und somit auch im Sinne von uns Reitern, muss zudem das Geläuf bestens gepflegt sein. Auch da sind Unterschiede zu erkennen.
Michael Cadeddu: Mailand als allerliebste Rennbahn
Wenn es um eine ausländische Bahn geht, die ich besonders mag, muss ich meine Heimatbahn in Mailand nennen. Dort bin ich geboren, diese Bahn liebe ich. Sie ist meiner Meinung nach eine der schönsten in ganz Europa. Es geht nach dem Einlauf 800 Meter geradeaus und es gibt eine Gerade Bahn mit einer Strecke von 1400 Meter. Dazu sind die Tribünen meiner Meinung nach spektakulär. Es war einfach unvergesslich die Oaks d’Italia und das Gran Criterium vor Frankie Dettori zu gewinnen. Das sind Emotionen, die bleiben. Mailand, das ist Heimat für mich. Ich würde diese Bahn immer allen anderen vorziehen. Schade, dass die aktuelle Situation im Galopprennsport in Italien so ist wie sie ist. Gerade Mailand könnte international eine ganz andere Rolle spielen. Trotzdem: wenn sich für mich die Chance bietet, steige ich dort immer sehr gerne in den Sattel. Und wenn ich irgendwo gewinnen will, vor allem größere Rennen, dann ist es Milano. Mal schauen, was die Zukunft so bringt.
Die erste Lieblingsbahn in Deutschland: Bremen
Es wird vielleicht verwundern, aber als meine liebste Bahn in Deutschland nenne ich Bremen. Und das klar und deutlich. Das Geläuf, die Bahnführung, die Übersichtlichkeit. Besser geht es gar nicht. Ja, die Jockeystube und die Waage könnten moderner sein, aber schaut man sich die gesamte Anlage an, gefällt sie mir einfach. Alles ist funktional, zum Beispiel der Führring. Und dass es eine Hindernisbahn gibt, die ja immer sehr gut angenommen wurde, ist ebenfalls ein Pluspunkt. Ich bin sehr traurig über die Entwicklung der letzten Jahre und über die Entscheidungen der Bremer Politik, habe aber Hoffnung dort wieder reiten zu dürfen. Wenn ich es richtig verstanden habe, kann der deutsche Galopprennsport in Bremen zeigen, was er für Möglichkeiten hat. Große Erfolge feiern konnte ich in der Vahr nicht, aber in den letzten Jahren gab es wegen der Probleme des Rennvereins natürlich auch kein sportlich besseres Programm mehr. Mir gelang aber eine Platzierung in einem Listenrennen. Und ich hatte mal einen Tag mit drei Siegen. – Auf die Entwicklung in Bremen bin ich gespannt.
Die zweite Lieblingsbahn in Deutschland von Michael Cadeddu: München
München-Riem mochte ich immer. Das ist meine zweite Lieblingsbahn in Deutschland. Ich habe dort einst in der Gruppe 1 gewonnen, das war mit Guignol. Sowas vergisst man natürlich nicht. Die Grasnarbe und der Boden sind allgemein sehr gut. Es wird nur schnell etwas zu weich, wenn es regnet. Damit muss man aber klar kommen. Die Bahn hat eine sehr schöne Führung und großzügige Bögen. Voll ist es aber leider nur an den großen Renntagen. Es ist in Riem leider nicht mehr wie vor 10 oder 20 Jahren. An meiner persönlichen Vorliebe ändert dies nichts. Ich würde mich aber wünschen, dass es aufwärts geht. Es muss auch wieder mehr Veranstaltungen geben.
Cadeddus dritte deutsche Lieblingsbahn: Iffezheim
Um meinen dritten Platz als Lieblingsrennbahn in Deutschland kämpfen drei Bahnen: Hoppegarten (ich mag die Gerade Bahn), sowie Iffezheim und Hamburg wegen der Meetings. Ich habe mich für Baden-Baden entschieden, bzw. für Iffezheim.
In Baden-Baden oder genauer gesagt in Iffezheim feierte ich in dieser Saison meine größten Erfolge. Stichwort Preis der Winterkönigin und Ocean Fantasy. Es handelt sich international betrachtet ohne Frage um die wichtigsten deutsche Bahn und mir persönlich gefällt sie sehr gut. Ich kann sie bereits in meiner Zeit als Amateur in Italien. Hier habe ich meine ersten Erfahrungen in Deutschland gesammelt. Ich weiß, man arbeitet dort viel, müsste aber meiner persönlichen Meinung nach noch mehr in die Geläufpflege investieren. Keine Frage, die Herausforderung ist groß, wenn man alles für mehrere Renntage am Stück auf einem Top Level halten will. Das sieht man auch in Hamburg. Solch eine Meetingbahn zu pflegen, ist nicht leicht. Was Baden-Baden betrifft, waren die Ausschreibungen schonmal interessanter. Dort zu gewinnen ist aber immer noch sehr schön.
Die vierte Lieblingsbahn von Michael Cadeddu: Hoppegarten
Meine deutsche Nummer 4 ist Hoppegarten. Oder wie man heute wohl sagt: die hauptstadtrennbahn. Dort gibt es schöne lange Rennen, die mag ich. Ebenso wie die Gerade Bahn, was ich zuvor bereits erwähnt habe. Das Geläuf ist gut, das Ambiente stimmt und die Tribünen sind genial. Man merkt allgemein, dass in den letzten Jahren hier viel Positives passiert ist. Ich würde es toll finden, wenn man auch die Hürdenbahn hinbekommen würde. Die existiert schließlich noch. Das wäre auch sehr gut für die Zuschauer. Sowas würde mich freuen. Und es wäre eine gute Sache für den gesamten Sport.
Das waren meine liebsten Bahnen. Erwähnen möchte ich ergänzend Hannover. Dort wird viel investiert, was man loben muss. Aber alles ist etwas kleiner und recht speziell. Ich hatte auf der Neuen Bult mal fünf Sieger an einem Tag. Das vergisst man nicht. Hannover hätte also auch meine deutsche Nummer 4 sein können. Ebenso wie Hamburg.
Eine Zusatzbemerkung
Ich sollte für diesen Post fünf Bahnen nennen. Es dürfte nicht verwundern, dass ich mich auf Deutschland und auf Italien fokussiert habe. Ich habe schon einige gesehen. Ob Frankreich, Schweden, Belgien oder auch Katar, in meinem Job kommt man weit herum. Es gibt hier und da Zustände, die mir nicht gefallen. Das mag an meiner persönlichen Vorlieben liegen, doch manchmal merkt man einfach, dass es in diesem Sport ein wenig an Geld fehlt. Man sollte dabei aber uns Reiter nicht vergessen. Ohne uns können die Pferde nicht laufen.
Was zeichnet eine Rennbahn aus, die ich mag? Sie muss für uns Reiter, die wir einen nicht gerade ungefährlich und mit Aufwand verbunden den Job haben, jede erdenkliche Bequemlichkeit bieten. Ich rede von einer gut ausgestatteten Jockeystube, die mehr beinhalten sollte als einige Bänke. Eine Sauna ist gut, außerdem müssen wir mit Essen und Trinken versorgt werden. In Deutschland herrscht auf vielen Bahnen ein gewisser Nachholbedarf. Auf der anderen Seite ist es nicht überall unangenehm. Wenn man zum Beispiel Bad Harzburg betrachtet, wo alles sehr alt und betagt ist, so kann man sich dort doch sehr wohl fühlen. Alles hat einen gewissen Charme. Klar kann alles ganz anders sein. Wie ich so gehört habe, sind die Bereiche in Japan aber auch in Ascot besonders modern. Das sind nun keine Bahnen, auf denen ich mich aufhalte. Wobei ich nichts dagegen hätte, sie in Zukunft zu erleben.“
Das war es für dieses Jahr mit Michael Cadeddu in diesem Blog. Es war eine angenehme Zusammenarbeit, allem Anschein nach für beide Seiten. Viele Informationen konnten übermittelt werden. Wir freuen uns natürlich, wie erfolgreich unser Jockey war. Zu dem Zeitpunkt, an dem wir diesen Text beenden, ist er Dritter in der Statistik bei noch drei ausstehenden Veranstaltungen. Das hätte vor der Saison nicht jeder erwartet. Vielleicht ist dieser Blog hier das Geheimrezept.