Michael Cadeddu und der Winter

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In diesem Blog-Text von Michael Cadeddu spielt eine Jahreszeit eine Rolle und wie man als Jockey mit ihr umgeht. Kurz gesagt: Der Winter ist gekommen. Die Folge ist, dass es im deutschen Galopprennsport ruhiger zur Sache geht. Es sind nicht mehr an jedem Wochenende mehrere Rennveranstaltungen, bei denen die Jockeys in den Sattel steigen müssen. Die Grasbahn spielt zwar noch eine Rolle, um es einmal so zu formulieren. Und viele Trainer und Besitzer würden gerne noch mehr Möglichkeiten auf einen Start auf Gras haben. Das zeigte Dresden am 20. November, dem Buß- und Bettag, als viele eingeplante Starter ausgeschieden worden sind. Doch die Termine liegen wie sie liegen und der Großteil der anstehenden Rennveranstaltungen findet wie gewohnt in der kalten Jahreszeit auf den Sandbahnen von Dortmund und Neuss statt.

Jockeys, die damit Geld verdienen, dass sie Pferde im Rennen und im Training reiten, befinden sich in einer für sie aus mehreren Gründen unangenehmen Zeit des Jahres.

Fakt 1: Das Wetter ist alles andere als angenehm. Früh am Morgen in den Stall zu gehen und stundenlang möglicherweise bei Regen oder Schnee im Sattel zu sitzen, ist nichts, was man freiwillig aus Spaß macht.

Fakt 2: Rennen reiten und möglichst viele gewinnen, ist weiterhin das Ziel. Doch wenn es an Möglichkeiten fehlt, wirkt sich dies auf den Kontostand aus. Viele deutsche Jockeys gehen deshalb in das Ausland, nach Dubai, Katar oder auch nach Japan. In der Vergangenheit strebten deutsche Reiter aber auch Tätigkeiten in Australien, Südafrika und so weiter an. Auch Michael Cadeddu, bekanntlich Italiener, ritt letztes Jahr in Katar. Und wie es in Italien im Winter ist, weiß er nur zu gut.

Michael Cadeddu bleibt in Deutschland

Rich Roofer siegt unter Michael Cadeddu
Rich Roofer siegt unter Michael Cadeddu am 24.02.2019 in Neuss.

Michael Cadeddu, RaceBets Ambassador und Jockey, bleibt in Deutschland in diesen Wochen und Monaten. Auf den Sandbahnen in Dortmund und Neuss bieten sich ihm fraglos einige Rittmöglichkeiten, denn er wird dort einer der größeren Namen sein. Es ist gut, dass es sie gibt, aber beliebt sind sie vermutlich bei keinem Jockey. Auch nicht bei Cadeddu. Weshalb er in diesem Winter nicht in das Ausland geht, anders als im letzten Jahr? Er hat eine Familie in Deutschland, ein kleines Kind. Da verschwindet man nicht für ein paar Monate. So lukrativ dies auch wäre. Also heißt es Augen zu und durch. Doch das soll er in seinen eigenen Worten berichten. Im Fokus des folgenden Berichts steht zum einen der Alltag und zum anderen das für einen Jockey so wichtige Gewicht.

Cadeddu war gerade auf dem Weg nach Mailand, als er uns die folgenden Sätze übermittelt hat. Er saß in der Bahn. In Mailand hatte er etwas zu erledigen, plante zwei Tage später in Dresden in den Sattel zu steigen. Das ist ein Jockeyleben, wie man es kennt, nicht nur im Winter.

„Ich wurde für diesen Post gefragt, wie ich im Winter mein Gewicht halten kann. Ich sage mal so: einfach mit Arbeit. Ich höre nicht auf zu reiten, es sei denn ich bin mal kurz im Urlaub. Klar, man macht etwas weniger im Alltag und reitet vielleicht ein oder zwei Kilo schwerer als in den Sommermonaten, wenn Rennen sind. Das hängt aber zumindest bei mir mit den vernünftigen Klamotten zusammen, die ich bei den Rennen auf Sand anziehe. Wir haben so oft nassen Sand in Deutschland… Der ist in Dortmund und in Neuss nicht so angenehm. Insgesamt habe ich keine Probleme mit dem Gewicht. Gott sei Dank. Viele Kollegen haben es ohne Zweifel schwerer als ich. Sie leiden mehr oder weniger Hunger, müssen auf jedes Gramm achten. Das ist weder im Winter noch im Sommer leicht.

Michael Cadeddu: Keine Probleme mit dem Gewicht

Michael Cadeddu auf der Waage im Jockeyraum
Michael Cadeddu auf der Waage im Jockeyraum

Natürlich habe ich meine kleinen Tricks in Sachen Gewicht, auch wenn ich in erster Linie von meiner Veranlagung profitiere. Ich esse zum Beispiel immer zur gleichen Uhrzeit und bevorzuge gesunde italienische Nahrung. Meine Frau ist Vegetarierin, das wirkt sich natürlich auch auf mich aus. Pasta und Pizza gehören bei uns dazu, doch die kann man bekanntlich auf unterschiedliche Art und Weise zubereiten.

Keine Frage, man braucht im Winter eine gewisse Motivation für das Training. Bei warmen Temperaturen und Sonnenschein ist alles leichter – vor allem für einen Italiener. Gut für mich ist: Ich bin bei keinem Trainer fest für die ganze Woche angestellt. Ich bin weiterhin viel unterwegs, auch wenn es kalt ist, denn Geld muss ich natürlich für mich und meine Familie verdienen. Aber der Druck ist nicht ganz so groß wie zu anderen Zeiten.

Ich kann mich zum Beispiel vermehrt um die eigenen Pferde kümmern, die will ich gemeinsam mit meiner Frau nicht vernachlässigen, nur weil es draußen kälter wird. Aus diesem Grund brauche ich in diesen Monaten keinen speziellen Sport als Ausgleich. Ich arbeite vielleicht eine Spur weniger, reite nur an  einem oder zwei Tagen an einem Stall aus, zum Beispiel bei Mario Hofer in Krefeld. Aber ich liege nicht monatelang faul auf der Couch. Und wenn ich mich körperlich betätigen muss, dann mache ich mehr zu Hause mit meinen Geräten als im Sommer. Dann geht man auch gerne mal laufen, wenn das Wetter schön ist. Allgemein ist man weniger fixiert im Winter und kann mehr Zeit mit der Familie verbringen. Und somit auch mehr essen. Aber das ist wie zuvor gesagt kein Problem für mich.

Der Vorteil im Winter: Mehr Zeit mit der Familie

Michael Cadeddu
Michael Cadeddu

Mehr Zeit mit der Familie ist dann vorhanden, wenn die Pausen zwischen den Renntagen größer sind. Das bringt uns Jockeys die Gelegenheit, auch mal ein ganz normales Leben zu führen. Für mich bedeutet das, dass ich mehr Zeit für mein Kind und meine Frau habe und endlich dazu komme, zu Hause Sachen zu reparieren, die ich schon viel zu lange verschoben habe. Man erledigt also Dinge, wo sonst die Zeit für fehlt. Oder man fährt auch mal nach Mailand, so wie ich zu dem Zeitpunkt, an dem ich diesen Bericht gebe. Und natürlich versucht man auch mal zu entspannen. Der Alltag ist entspannter, man ist mittags meist bereits zu Hause, wenn man dann doch mal zum Stall muss. Und man ist nicht noch nachmittags unterwegs. Mit Pferden beschäftige ich mich wie angedeutet trotzdem, sei es an einem Stall, an dem ich an dem einen oder anderen Tag ausreite, sei es wie erwähnt mit den eigenen Pferden.

Wenn man mehr Zeit hat, kann man sich auch mal mit Freunden treffen und zum Beispiel gemeinsam etwas essen gehen. Das kann zwar auch mal in der Saison möglich sein, doch wenn man dann in meinem Job weiß, dass man einen Tag später leicht reiten muss, sind solche Termine immer etwas problematisch. Kurz gesagt habe ich im Winter einfach ein bisschen mehr Zeit für das Leben, wie es der Durchschnittsbürger lebt.

Man verzichtet für das Gewicht mal auf mehr und mal auf weniger. Es kommt immer darauf an, was so ansteht. Wenn man nicht leicht reitet, kann man auch mal mehr essen. Ansonsten isst man halt nicht die fette Pizza und passt auf. Aber in den kalten Monaten mal ein Auge zuzudrücken, ist meines Erachtens vollkommen legitim. Dass ich gerne esse, die italienische Küche liebe, habe ich bereits in einem anderen Blog erwähnt. Aber hier besteht vom Frühling zum Sommer zum Herbst zum Winter kein Unterschied. Ich passe ganz einfach auf, bin fleißig und aktiv.

Urlaub mit der Familie für ein oder zwei Wochen ist in diesem Winter möglich. Von konkreten Plänen kann ich an dieser Stelle noch nicht berichten. Auch nicht, was wir genau an Weihnachten machen. Mit einem Kind ist das natürlich ein besonderes Fest und wir haben viel Familie in Italien. Niemand kann Mitte November bereits einen ganzen Winter geplant haben.

Dieses Jahr nicht nach Katar

Michael Cadeddu
Michael Cadeddu

Katar und vergleichbare Aufgaben im Ausland sind natürlich immer eine Option in meinem Job. Ich habe letztes Jahr interessante Erfahrungen machen können. Dass man in diesen Ländern gutes Geld verdient und im Winter gute Gelegenheit hat, Rennen zu reiten, ist ja bekannt. Wobei Letzteres gar nicht so einfach ist, man muss auch dort erst einmal Ritte bekommen. Es gibt viel namhafte Konkurrenz. Ich kann natürlich die Kollegen verstehen, die die Gelegenheit nutzen. Für mich kam in diesem Winter ein längerer Aufenthalt im Ausland aus verschiedenen, zuvor bereits genannten Gründen nicht in frage. Was die Zukunft bringt, weiß man natürlich nicht.

Eines steht aber fest: Wie so viele Kollegen werde ich froh sein, wenn der Winter vorüber ist und es wieder Frühling wird. Ruhe ist schön und gut, aber man muss natürlich auch Geld verdienen. Jean-Pierre Carvalho wechselt von Bergheim nach Mülheim an der Ruhr – mein Name wurde nicht erwähnt als es darum ging, wer ihn begleitet. Ich schaue mich deshalb anderweitig um für die nächste Saison. Auch für sowas ist der Winter gut. Im Frühjahr weiß ich mehr.“

Das ist die Erkenntnis aus diesem Blog Post von Michael Cadeddu: Er hat keine Probleme mit dem Gewicht, lässt es im Winter minimal ruhiger angehen und verbringt Zeit mit der Familie. Man wird ihn aber in den nächsten Wochen und Monaten auf Sand in den Sattel steigen sehen, also in Neuss und in Dortmund. Dort wird er einer der größeren Namen unter den Jockeys sein und sicherlich auch das eine oder andere Rennen gewinnen können. Vielleicht engagiert ihn aber auch mal ein Trainer für einen Einsatz in Frankreich, wo bekanntlich Rennen in Cagnes-sur-mer, Deauville, aber auch auf einigen Pariser Bahnen während des Winters sind. Ein Ausflug nach Pisa käme ihm sicherlich auch gelegen, aber geplant ist derzeit nichts in dieser Richtung dem Vernehmen nach.

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