Am Freitag geht in Paris-Vincennes ein Renntag der Extraklasse über die Bühne, denn auf der Karte stehen neben dem Finale des Grand Prix de l’UET und dem Europachampionat der Dreijährigen auch das Europachampionat der Fünfjährigen in dem für Deutschland Orlando Jet antreten wird. Wir haben Rudi Haller, den Trainer und Fahrer des deutschen Cracks, zum Interview getroffen und mit ihm über seinen Parade-Hengst, das Rennen und seine bisherige Saison gesprochen.
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Championnat Européen des 5 ans
RBB: Am Freitag startet Orlando Jet im Europachampionat der Fünfjährigen. Es ist nach dem Großen Preis von Deutschland im vergangenen Jahr der zweite Auftritt auf Gruppe 1-Ebene. Wie siehst Du die Chancen für Deinen Schützling?
Rudi Haller: Der Hengst hat nach dem letzten Start in Vincennes gut gearbeitet, bietet sich weiterhin an und das Rennen passt sehr gut für ihn. Sowohl die Distanz von 2.100 m als auch der Autostart sind optimal für ihn. Dazu kommt das Glück der Startnummer 1. Normalerweise sollten wir da schon eine Chance haben, im Endkampf mitzumischen.
RBB: Wer sind Deiner Meinung nach die stärksten Gegner?
Rudi Haller: Die beiden Franzosen Django Riff, der bereits über 1,2 Mio. EUR verdient hat, und Dijon sind sicherlich sehr stark einzuschätzen. Dragon des Racques hat viel Klasse, aber vielleicht nicht mehr ganz seine beste Form zur Hand. Dazu kommt Super Nice, den wir in Enghien klar hinter uns gelassen haben, der allerdings beim letzten Start in Vincennes mit einer sehr guten Leistung vor uns eingekommen ist. Ausgetragen wird dieses Rennen auf der kleinen Bahn und dennoch rechne ich mit einer Endzeit von um 1:11,0 / 2.100 m.
RBB: Wenn Du den letzten Start in Vincennes ansprichst, stellt sich natürlich die Frage, was an diesem Tag nicht gepasst hat und letztlich nur Rang sechs herausgesprungen ist…
Rudi Haller: Zuerst muss man festhalten, dass Orlando an diesem Tag auch wieder ein sehr gutes Rennen gelaufen ist. Allerdings war meine Fahrt im Nachhinein betrachtet nicht optimal. Wir hatten am Start kleine Probleme, verloren auf das Feld 20 m, die erst einmal aufgeholt werden mussten. Aufgrund des langsamen Tempos hatte ich mich dann zu einem schnellen Angriff entschieden, in der Hoffnung, dass Hugo Langeweg mir die Führung überlässt. Das war auch so, nur waren die 300 m Speed, um an die Spitze zu kommen, das Quäntchen zu viel, was am Ende in der Distanz – also auf den letzten 150 m – fehlte, um ganz vorne mitzumischen. Aus heutiger Sicht würde ich mir wahrscheinlich etwas mehr Zeit lassen, etwas später angreifen und den langen Speed von Orlando ausnutzen, also eher einen “französischen Angriff” fahren
RBB: Er wirkte zuletzt vor dem Start sehr nervös, was für ihn eigentlich ungewöhnlich ist. Hast Du eine Idee woran das gelegen hat?
Rudi Haller: Es hat zwei Gründe. Zum einen checken wir ihn normalerweise erst kurz vor dem Start auf. Das ist dann auch ein Zeichen für ihn, dass es losgeht. Auf der großen Anlage in Vincennes geht das aber nicht, da fahren wir schon mit Check raus und so meint er, dass der Start gleich kommt und ist dementsprechend sofort auf Betriebstemperatur. Das werden wir am Freitag anders machen. Zum anderen dreht er nicht so gerne nach links, was aber beim Bänderstart in Vincennes nicht anders geht. Auch das ist für ihn eher schwierig und so kommt dann eines zum anderen.
RBB: Über Deinen Star wurde in den letzten Wochen viel geschrieben, einige Experten sprachen bereits über eine Teilnahme am Prix d’Amérique. Wie sieht Deine Planung für ihn aus?
Rudi Haller: Wir starten am Freitag und wenn er ein gutes Rennen läuft, dann ist es möglich, dass er in diesem Jahr noch ein weiteres Mal an den Start geht. Wo das sein wird kann ich aber noch nicht sagen, da werden wir sorgfältig abwägen. Für das Wintermeeting habe ich ihn dagegen nicht vorgesehen. Er wird im Januar sechs Jahre alt, ist immer noch ein verhältnismäßig wenig geprüftes Pferd und die Saison im Frühjahr, Sommer und Herbst ist lange genug gewesen. Deshalb kein Wintermeeting 2018 / 19 und volle Konzentration auf das nächste Jahr. Dann allerdings kann es durchaus sein, dass wir einen Plan inklusive Wintermeeting machen werden.
RBB: Hältst Du eine Teilnahme im Prix d’Amérique für möglich?
Rudi Haller: Bis ein solcher Start in Frage kommt muss Orlando Jet in seiner Entwicklung noch zwei, drei weitere Schritte machen und sich auf höchster Ebene etablieren. Für mich wäre eine Teilnahme an diesem Rennen aber sicher ein Traum und sollten wir die Chance haben, dann wäre ich in Zukunft nicht abgeneigt. Aber wie gesagt, ehe es so weit ist, ist noch einiges an Arbeit zu tun.
RBB: Wie bist Du zu Orlando Jet gekommen?
Rudi Haller: Es war auf der Derby-Auktion 2014, ich war damals noch in Österreich angesiedelt und hatte mir im Vorfeld der Auktion die Pferde in Berlin angesehen. Als ich an der Box von Orlando Jet vorbei ging, war er mir sofort aufgefallen. Ein Orlando Vici-Nachkomme aus der Zucht von Peter Busch, dessen Familie und meine Familie seit vielen Jahren freundschaftlich miteinander verbunden sind, da war ich sofort begeistert. Problem war nur: Ich hatte keinen Besitzer, der ein Pferd kaufen wollte. Ich traf am Abend Herrn Bauer, Besitzer des Stalles Team Neuhof, der bereits bei mir Besitzer war, und konnte diesen überzeugen, den Hengst zu kaufen.
RBB: Wie ist Orlando Jet im Alltag? Ist er ein schwieriges Pferd?
Rudi Haller: Nein, kompliziert ist er nicht. Für einen Hengst könnte man sogar sagen er ist pflegeleicht. Aber er weiß, dass er Hengst ist und das zeigt er ab und an auch. Dann muss man ihn auch mal seine Grenzen erkennen lassen. Aber das ist eher selten der Fall.
RBB: In 37 Jahren Karriere hast Du schon einige sehr gute Pferde gefahren. Zu nennen sind Cracks wie Opal Viking, Freiherr As, Renado, Presta Yankee, Appleton und Co. Wo ordnest Du Orlando Jet ein?
Rudi Haller: Einen Vergleich mit Opal Viking kann man schwer ziehen, denn dessen Karriere war mehr als beeindruckend. Was dieses kleine Pferd zu leisten im Stande war, war sicherlich herausragend. Von den Pferden, die ich selber geformt habe ist Orlando Jet auf jeden Fall der Beste und ich glaube seine Entwicklung geht auch noch ein gutes Stück weiter.
RBB: Was ist die Grundlage für den großen Erfolg, seitdem Du aus Österreich zurück in Deine Heimat Bayern gekehrt bist?
Rudi Haller: Für mich war es ein großes Glück, für den Stall Wieserhof von Renate und Karl Lindinger arbeiten zu können. Hier finde ich optimale Bedingungen vor, kann mich voll auf die Vorbereitung der Pferde konzentrieren und muss mich nicht mit den organisatorischen Details eines mittelständischen Betriebs auseinandersetzen. Zum anderen habe ich ein tolles Team, engagierte Mitarbeiter, die voll bei der Sache sind und sich voll in den Dienst für die Pferde stellen. Man kann der beste Trainer sein, aber wenn die Pferde nicht täglich gehegt und gepflegt werden, dann hilft das beste Training nichts. Hier kann ich mich bei den Mitarbeitern nur bedanken. Und dann natürlich auch die Besitzer, die dafür sorgen, dass immer wieder frische Pferde in den Stall kommen.
RBB: Rudi war danken für das Gespräch und wünschen für Freitag alles Gute!