Am vergangenen Samstag wurde in Aintree bei Liverpool Geschichte geschrieben: Genau 45 Jahre nach dem zweiten Triumph des legendären Red Rum gewann Tiger Roll die Grand National als fünftes Pferd überhaupt zum zweiten Mal hintereinander die Grand National! Der von Davy Russell bilderbuchmäßig gerittene Top-Favorit aus dem Stall von Gordon Elliott ließ sich von der kaum gewetteten Stute Magic of Light und Rathvinden nicht aus dem Konzept bringen und landete den allseits erwarteten Sieg.
Jubeln durfte am Ende Michael O‘ Leary, der steinreiche Besitzer der Billfluglinie Ryanair, der sagenhafte elf Pferde im 40er-Feld sein eigen nannte. Im berühmtesten, aber auch berüchtigsten Hindernisrennen der Welt war Tiger Roll die dominierende Figur.
Der Dresdener Trainer Stefan Richter schildert exklusiv auf dem Blog von RaceBets seine Eindrücke über die Grand National 2019:
„Ich bin eigentlich nicht der große Fan und Experte des englischen Hindernissports, aber die Grand National hat auch mich beeindruckt. Es liefen 40 Pferde über 7.200 Meter und hatten zwischendurch 30 Hindernisse zu bewältigen. Das ist schon der Wahnsinn. Auch das Tempo, dass hier vom Fleck weg vorgelegt wird, hat es in sich. Es wurde auch diesmal von Reitern und Pferden Top-Leistungen verlangt. Davor kann man nur den Hut ziehen. Das ist nicht wie in unseren Hindernisrennen, wo es oft gemächlich zugeht und nur sechs bis acht Sprünge zu absolvieren sind.
Tiger Roll hat nun zum zweiten Mal die Grand National gewonnen. Ein Pferd hier so zielgerichtet vorzubereiten, ist eine Meisterleistung des Trainers. Generell zieht der Hindernissport in England extreme Massen an. Man veranstaltet im Frühjahr bis Herbst Flachrennen, und von November bis April steht das illegitime Metier im Fokus. Das ist für Wetter und Besucher gleichermaßen interessant. Und beim National entsteht ein echter Hype.
In England passieren auch Unfälle, aber das ist in jedem Leistungssport der Fall, und auf der Insel sind Reiter und Pferde eben optimal geschult. Bei uns wäre so ein Rennen unvorstellbar, da würden auch gleich die Tierschützer auf den Plan treten. Wir haben gar nicht mehr die Möglichkeiten, Pferde richtig für diese Disziplin vorzubereiten.
In Ostdeutschland gibt es keine Bahn mehr mit mehreren Hindernissen. In Hoppegarten existierte früher eine Springbahn, aber auch das ist Geschichte, wobei es sich natürlich nicht mehr lohnt, für ein oder zwei Pferde einen Hinderniskurs zu unterhalten.
In England ist das eine richtige Industrie, wie auch in Frankreich. Dort verdient Championtrainer Macaire mehr als Andre Fabre auf der Flachbahn. Das ist eben eine andere Hindernis-Welt.“