Kleinere Handicaps nicht ausgeschlossen

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Ein Rennpferd muss eigentlich nur eins sein: Schnell. So heißt es immer. Das ist sicher richtig, nur muss es zum Beispiel sehr schnell sein, wenn es mit seinem Reiter nicht kooperiert und er nur schmückendes Beiwerk ist – und so viel schneller ist dann eben doch kein Pferd. Also gehört zu einem guten Rennpferd dann doch mehr als schnell sein. Zum Beispiel Klugheit. Ein richtiges Rennpferd versteht, was sein Job ist. Das mutet jetzt komisch an, weil so ein Pferd nicht einmal deine Sprache spricht, aber es ist schon so, dass ein Pferd versteht, dass seine Aufgabe ist, vor den anderen zu sein. Es weiß, dass ab einer gewissen Strecke beschleunigt wird und es lernt diese Dinge durch Beobachtungen, Gewohnheiten und gutes Zuhören.

Wichtig ist auch eine Gewisse “Rittigkeit” wie die Reiter sagen. Das heißt, es arbeitet nicht gegen seinen Reiter, weil es eigene Ideen durchsetzen möchte und es reagiert vor allem dann drauf, wenn es gefordert wird und nicht nach Diskussion. Mit Diskussion gewinnt man kein Rennen. Ein gutes Rennpferd bildet eine Einheit mit seinem Reiter (hier ist auch der Reiter in der Pflicht) und gibt ehrlich sein Bestes. Das macht ein gutes Rennpferd aus. Alle anderen Sachen sind dann aber tatsächlich nebensächlich. Zum Beispiel Farbe, Größe, aber auch durchaus wichtiger anmutende Sachen wie Körperform und Sehkraft. Un Ojo, zum Beispiel, ein einäugiger Wallach, schaffte am Samstag in den mit 1 Million Dollar dotierten Gruppe 2 Rebel Stakes in Oaklawn Park in Arkansas eine verblüffende Leistung (75:1) und sicherte sich einen Platz im Kentucky Derby.

Aber er ist nicht der einzige. Einer der berühmtesten Kandidaten ist Laghat, der italienische Seriensieger, der 26 seiner Starts gewinnen konnte – ohne überhaupt zu sehen. Laghat konnte, aufgrund einer Erkrankung nur Schatten wahrnehmen, was dem Pferd nichts auszumachen schien. Sein Besitzer sprach von einem sechsten Sinn und tatsächlich kollidierte Laghat nie mit anderen Pferden oder stolperte über seine eigenen Beine. Ein Pferd, das seinem Menschen vertraut, kann das schaffen – mit dem passenden Nervenkostüm. Tatsächlich habe ich schon das Gegenteil erlebt – vielleicht hätte die entsprechende Stute aber eh keine Nerven für die Bahn gehabt, das weiß man natürlich nicht. 

Nicht nur die Augen können zum Problem (oder eben nicht) werden, auch die Beine eines Pferdes sind fehleranfällig. Denn Pferde können Stellungsfehler haben, von denen man eigentlich sagt: Na, also damit können sie ihre Höchstleistung wohl kaum bringen. Dazu gehören Stellungsfehler an den Beinen, aber auch Veränderungen an den Hufen, die Pferdekenner zunächst mal denken lassen: Das Pferd kann NIE schnell laufen. Das muss dann nur noch jemand dem Pferd mitteilen, denn krumme Beine oder schiefe Hufe sind kein Hindernis – sie bedürfen nur größerer Pflege, als bei Pferden, die “korrekt” gebaut sind. Manche nicht mal das – denn viele Fehler sind auch gar nicht zu beheben (einen Bockhuf kann man nicht “wegmachen”). 

Lediglich in der Zucht wird es dann ein bisschen kritisch. Vererben sich solche Sachen gehäuft? Dann ist man eher nicht so begeistert davon. Ausgeschlossen ist das Pferd aber nicht, denn gerade bei körperlichen Dingen ist es nicht einfach vorauszusehen, ob es erblich weitergegeben wird. Hilft nur ausprobieren. Aber nur, weil wir ein Handicap sehen, muss das Pferd das nicht zwingend bemerken. Und gibt einfach trotzdem sein Bestes.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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