Turfteufel: Konstruktive Kritik?

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Der Rennsport ist immer Kritik ausgesetzt. Das ist per se auch richtig, damit wir uns daran erinnern, dass wir mit Lebewesen zu tun haben und die immer im Vordergrund stehen sollten. Da kann so eine Kritik von außen durchaus hilfreich sein. Natürlich müssen wir uns nicht mit den total verblendeten Tierschützern unterhalten, die fordern, dass Pferde bitte nur noch in der Natur (also gar nicht) vorkommen dürfen, im Hinterkopf behalten müssen wir sie aber schon. Auch, um Aufklärung zu leisten oder einem Narrativ entgegenzuwirken, das sich sonst viel zu schnell verbreitet, wenn man nie dagegen hält. Leider ist das viele Jahre lang passiert und damit liegt die Deutungshoheit plötzlich nicht mehr bei denen, die den Job auch ausführen, sondern bei denen, die keine Ahnung davon haben. Das ist nicht gut. 

Sicherlich sind viele im Sport von diesen ungerechtfertigten Kritiken genervt, allerdings tut der Rennsport manchmal so als DÜRFE es keine Kritik geben. Schon mal gar nicht aus den eigenen Reihen. Und das ist nicht richtig. Ein kritischer Artikel, eine kritische Nachfrage bei einem Interviewpartner und es wird getuschelt. Wie könne man es wagen? Na, wie in jedem anderen Sport auch. Journalisten werden fragen und nicht nur streicheln. Menschen werden beobachten und ihre Meinung dazu kundgeben. In der Formel 1 wird auch nicht jedem Rennstall Honig ums Maul geschmiert, sondern auch mal straff gefragt, warum die Leistung nicht stimmt. Im Rennsport hat man häufig das Gefühl, dass man das nicht darf. Nicht so sehr, weil dann die betreffenden Personen wütend werden, nein, weil die Fans des Sports das empörend finden. Was natürlich Unsinn ist, in anderen Ländern ist es ebenfalls völlig normal, auch mal kritisch zu fragen.

Dann ist da aber auch noch die andere Seite. Die, von der man sich fragt, warum die überhaupt noch auf die Rennbahn kommen. Alles ist schlimm. Trainerantworten nach dem Rennen, Jockeys, Pferde, Essen auf der Bahn, Parkplatzsituation, etc. Früher war nämlich alles besser. Beständig sind sie nur am Nörgeln. Bei einem Dauernörgler weiß man schon, dass die Kritiken ungehört verhallen, denn wer soll denn jetzt noch zwischen allgemeiner Unlust und konstruktiver Kritik unterscheiden? Selbst wenn etwas Wahres innerhalb der Kritiken steckt, diese dauernde Marktschreierei, was alles schlecht ist, die kann halt keiner auf Dauer ertragen, ohne irgendwann auch abzuschalten. Davon haben wir erschreckenderweise eine Menge Leute. 

Die letzte Gruppe, die wir haben, ist ebenfalls sehr groß. Die finden alles toll. Und wehe man selbst findet irgendwas nicht toll. Dann haben die Claqueure nur hämische Worte für einen übrig. Man hätte eh keine Ahnung. Schließlich war man ja nicht selbst Jockey. Oder Trainer. Oder Besitzer. Und überhaupt … ist hier Weibsvolk anwesend? Die dürfen gleich gar nichts sagen. Moment … junge Leute? Die sollen sich erst mal die Haare wachsen lassen, bevor sie den heiligen Rennsport kritisieren. Kein Wunder, dass man damit Leute verschreckt. Die Vehemenz und Aggression mit der die Claqueure manchmal auf Kritiker losgehen, ist schon erschreckend und verprellt viele. 

Konstruktive Kritik findet nur selten seinen Weg und vor allem kaum fruchtbaren Boden. Das liegt an der Kritik-Kultur, die im Rennsport herrscht. Es ist ein Teufelskreis, weil sie häufig nicht für voll genommen wird oder aber, weil sie so aggressiv und wütend vorgetragen wird, dass sich damit auch keiner befassen muss. Wer will denn da freiwillig zuhören?

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Nika S. Daveron
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Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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