Zurück aus Japan mit tausend Eindrücken und eines hat mich besonders fasziniert. Das Marketing des japanischen Rennsports. Das sucht seinesgleichen – ist aber so typisch japanisch, dass es vermutlich nichts ist, was der deutsche Rennsport übernehmen kann. Den Grundgedanken aber schon. Rennpferde sind Superstars und jeder sollte sie kennen. Aber wie erreicht man das außerhalb der Rennbahn, um neues Publikum heranzulocken? Nun, dazu muss man vielleicht die Welt der japanischen Comics ein bisschen verstehen. Manga heißen sie, wenn man sie liest, Anime, wenn sie als animierte Version daherkommen. Und man dachte sich: Hey, unsere Kids (aber auch viele Erwachsene) mögen Animes und Mangas, lass uns doch etwas mit Rennpferden machen. Uma Musume – Pretty Derby erweckt die Rennpferde in Gestalt junger Mädchen zum Leben. In einer Welt, die der unseren sehr ähnlich ist, haben große Rennpferde der Vergangenheit die Chance, als „Pferdemädchen“ wiedergeboren zu werden – wo sie erneut an Rennen teilnehmen. Jedoch in Menschengestalt.
Uma Musume erschien als Manga, Anime, es gibt eine App und Spiele dazu und es war ein riesiger Erfolg in Japan. Gerade erst dieses Jahr erschien eine weitere Reihe der Serie. Und es bringt spielerisch die ganz großen Namen näher. Aber man begegnet ihnen auch an anderen Orten, als im Comic. Zum Beispiel in den vielen Spielhallen in Akihabara, dem japanischen Viertel, wo sich alles um Gaming dreht. Dort gibt es diese typischen Greifergames, wo man mit dem Greifer ein Plüschtier aus dem Automaten holen kann. Ich glaube, ich habe keine Spielhalle betreten, wo man nicht mindestens in einem Automaten kleine Equinoxe, Liberty Islands und andere herausholen konnte. Tatsächlich haben wir einen aus dem Automaten errettet – Rulership. Diese Plüschtiere sind von der JRA lizenziert und sind liebevoll den Originalen nachempfunden. Stuten, die die Triple Tiara gewonnen haben, tragen sogar ein kleines Krönchen.
Auf der Rennbahn selbst gibt es zahllose Gift-Shops und man sieht, wie Kinder nach ihren Lieblingen betteln. So halten sie dann glückselig eine kleine weiße Sodashi im Arm oder natürlich Equinox, der seinen Weg ins heimische Kinderzimmer findet. Neben T-Shirts, Schlüsselanhängern, Schmuck – aber auch kurioseren Dingen, wie goldenen Winkepferdchen, die vielleicht keinem besonderen Pferd nachempfunden sind. Die Leute stehen Schlange dafür und nachdem Equinox den Japan Cup gewonnen hatte – die ging bis zum Ausgang, weil jeder noch einen kleinen Equinox haben wollte. In einigen der Shops waren sie aber bereits vor dem eigentlichen Hauptereignis ausverkauft und ich war sehr glücklich, noch zwei zu ergattern.
Apropos – junge Menschen sind häufige Gäste. Auch, weil die Tickets so lächerlich günstig sind, dass man selbst bei uns einen Rennbahnbesuch als teuer empfinden würde. Einen Sitzplatz gibt es dafür nicht, eine Garantie, ob man bei 88.000 Zuschauern beim Japan Cup etwas sieht, ist ebenfalls nicht gegeben, aber man ist dort. Und kann die Atmosphäre und die Rennen erleben. Egal wie alt oder jung man ist. Und auch die bringen sich einen kleinen Equinox oder ein Pferd ihrer Wahl mit nach Hause. Vorher essen sie vielleicht bei Burger King (denn in der Tribüne befindet sich einer – man muss sich das wie eine Mall vorstellen, nicht wie eine herkömmliche Tribüne bei uns oder auch in England oder Frankreich). Die Japaner haben mit ihrem Marketing einen Nerv bei der Bevölkerung getroffen, die komplett abseits vom Wetten funktioniert – den Starkult. Die Pferde sind Superstars. Und das ist etwas, das ich definitiv unterschreiben kann.