Turfteufel: Rennen einmal ganz woanders

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Immer, wenn ich mal nicht da bin, wo ich sonst bin (sprich: Im Urlaub), suche ich die nächste Rennbahn. Das funktioniert manchmal gut (wenn man zum Beispiel in England ist), manchmal schlecht, wenn man in Peking ist (aber ich habe immerhin das Jockey Club House mit der Pferdestatue gefunden). Dieses Mal war ich auf Menorca und entdeckte auf Maps eine merkwürdige Form im Satellitenbild: Das ist doch eine Rennbahn. Sind da Rennen? Oh, ja! Trabrennen. Also nichts wie hin. Angucken! Und vorher vielleicht noch mal ein bisschen schlau machen über die Trabrennen dort, denn mein Wissen über Trabrennen ist generell schon begrenzt und da will man ja nicht negativ auffallen. 

Hipòdrom Torre Del Ram – Eintrittskarten gibt es direkt am Tor

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Das Hipòdrom Torre Del Ram ist eine von zwei Trabrennbahnen auf Menorca, wo Pferde sowieso eine große Rolle spielen. Es ist auch die kleinere Bahn, denn das Hipòdrom de Maó, direkt neben der Hauptstadt ist die Hauptbahn. Dort findet alljährlich auch das Hats and Horses Festival statt (Ende Mai), wo neben Pferdeshows und Oldtimern auch die Traber ihren Teil leisten. Dazu gibt es Musik und schöne Kleider. Klingt doch wie etwas, das wir hier auch mögen. Wer also kann – genau DIESES Wochenende ist es. Aber zurück nach Torre Del Ram, im Westen der Insel. Die Rennbahn hat nämlich etwas, das in Mahon fehlt – Meerblick

Die Außenfassade und der Eingang sind hübsch gekachelt und dahinter findet sich eine große Terrasse, von der aus man das Geschehen … na, ja … so irgendwie beobachten kann. Sechs Euro kostet der Eintritt, neun Euro ein Liter Sangria – ein Glas kostet zwei. Es gibt Pizza, Pasta und allerhand Naschereien, aber eines irritiert mich – es gibt nirgendwo einen Fernseher. Wer also auf der Terrasse sitzt, der muss sich wohl auf den Bahnkommentar verlassen. Aber es ist gut besucht, die Leute wedeln mit ihrem ausgedruckten Rennprogramm (ein Blatt Papier – gibt es zum Ticket dazu) Ich steuere sofort einen Platz an der Bande an und bin verwirrt. Wo ist denn das Ziel? Kann ich nicht dort stehen? Nein. Das Ziel befindet sich, aufgemalt auf eine weiße Wand, auf der linken Seite des Ovals. Dort sitzt jemand in einem Räumchen und schaut aus dem Fenster. Ein Wagen mit Metzgerlogo parkt. Ein bisschen muss ich darüber kichern, in Deutschland vermutlich ein Aufschrei – hier ist das der Wagen der Rennleitung, der offenbar von einem Metzger gesponsert wurde.

Im Hintergrund: Der Wagen der Rennleitung

Auffällig ist der Wettschalter. Und zwar auffälliger als in Deutschland. Er wirkt zwar nach außen hin wie eine Garderobe – Kartenzahlung … hm … bin mir nicht sicher. Aber auf einem riesigen, knallbunten Schild werden drei Wettarten erklärt, Siegwette, Platzwette, Dreierwette. Und zwar in Spanisch, Katalanisch, Englisch, Französisch, Italienisch und Deutsch. Zwar sind die mit dem Google Translator übersetzt – aber verstehen kann man sie. Da kann sich Deutschland mal ne Scheibe von abschneiden. Das Schild ist so groß, dass ich es von Weitem lesen kann. Und so bunt, dass man sofort davor stehenbleibt. Wirklich schön gemacht. Und die Zuschauer sind wettwillig, es ist eigentlich immer etwas los. Um die hundertfünfzig Leute besuchen das Hippodrom an diesem Tag. 

Das erste Rennen wird abgelassen, eine kurze Durchsage, dann Schweigen. Okay. Pferde traben, Rennleitung fährt mit. Zwei ältere Herren, ohne Fernglas. Eine Zielkamera gibt es nicht. Was im Fotofinish passiert? Kann ich nicht sagen. Gibt kein Foto. Aber sie haben Luchsaugen, bemerken sofort, dass ein Pferd angaloppiert ist – nur für einen winzigen Moment. Hand hoch, Durchsage – Pferd Nummer 1 ist aus dem Rennen. Drei Runden geht es um die Bahn, das sind 2500 m. Auf der Gegengeraden glitzert das Meer, die Traber ziehen ihre Kreise. Das hat was. Im Finish wird es lauter, ich stehe neben den ganzen Aktiven, auf deren Boxendorf man hier besten Blick hat. Ich sehe nichts, was ich so nicht auf einer anderen Trabrennbahn sehen würde. Keine wüsten Manöver, kein übermäßiger Peitscheneinsatz – das ist hier alles ganz entspannt. Ohrenstöpsel fliegen, wer gewonnen hat … kann ich nicht so genau sagen, denn meine Position macht es unmöglich bei einem knappen Finish den Sieger zu bestimmen. Die Rennleitung berät sich. Steigt aus dem Wagen aus und geht zu einer Tafel, wo sie ein paar laminierte Zahlen aufhängt. Reicht völlig. Alle wissen, wer gewonnen hat, den Fahrern war es sowieso schon klar und vereinzelte Jubelrufe gibt es auch – wenn die Wette getroffen wurde.

Auch die Damen schwingen sich hier in den Sulky. Kein Wunder, bei dem Ausblick.

Besonders positiv fallen mir die Pferde und ihre Fahrer sowieso auf. Wir Deutschen blicken ja gerne mal hochnäsig auf die südlichen Gefilde und denken uns: Pff, so würden wir unsere Tiere nie behandeln. Ihr seid ja Barbaren. Den Eindruck kann ich bei den Trabern hier null bestätigen. Die sehen gut aus. Auch ihre Hufe (wobei einige sicherlich Optimierungsbedarf hätten – aber das haben manche unserer Galopper auch). Wohlgenährt, keine wilde Peitscherei, keine seltsamen Konstruktionen, auch das Handling der Pferde ist nicht befremdlich. Vor mir will ein Pferd nicht auf die Bahn. Der Fahrer versucht es mehrfach, reagiert auf das plötzliche Steigen unfallverhütend und besonnen – alles cool.  

Der Start ist erfolgt

Beim Hauptrennen, wo es um 500 € Gesamtdotierung geht, ist sogar richtig Stimmung. Da wird dem siegreichen Fahrer gratuliert und applaudiert. Natürlich ein bisschen kleiner alles. Van Halens Jump untermalt die Szenerie. Die Sonne haucht den dicken Wolken über dem Hippodrom Leben ein, das Wasser glitzert und der Hufschlag hallt über den stets akkurat gezogenen Sand. Klein aber fein. Geht mal hin, wenn ihr da seid. Jeden Samstag abend wird dort getrabt. Sangria – vielleicht eine kleine Siegwette – warum nicht?

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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