Rennpferde sind Schnelllerner. Deswegen sind sie auch so attraktiv nach ihrer aktiven Karriere. Während das Warmblut noch überlegt, ist das Rennpferd schon mit der Aufgabe fertig. Ihre Auffassungsgabe ist einfach sehr gut. Oder sagen wir: Das Kurzzeitgedächtnis. Übertragen wir das mal auf den Menschen. Zehn unterschiedliche Leute sitzen in einem Kurs für Excel und lernen die rudimentäre Bedienung. Das Vollblut in dem Kurs versteht auf den ersten Blick: “Ah, hier kann ich Sachen eintragen und wenn ich vielleicht hier klicke, dann rechnet es das auch noch zusammen.“ Anschließend zeigt das Vollblut artig auf und sagt: “Ich weiß was, Herr Lehrer.” Aber: Die Verfeinerung dauert dann doch. Traben können alle Pferde – Traversalen fallen aber nicht vom Himmel. Ungefähr so verhält es sich mit dem Vollblut. Es lernt sofort – aber nicht zwingend richtig, sondern mehr so huschifuschi.
Es “richtig” zu lernen, wird auch ein Vollblut Zeit kosten. Aber sie wirken auf den ersten Blick ein bisschen wie Streber. Am Anfang der Stunde legst du zum ersten Mal eine Stange hin und nach zehn Minuten hast du ein Vollblut, das springt. Weil sie einfach das Konzept sehr schnell verstehen. Dass es vielleicht nicht so schön springt – okay. Das muss man ihm beibringen. Vom Kurzzeit ins Langzeitgedächtnis dauert es dann doch eine Weile. Ist dort aber einmal was gelandet, dann behält das Vollblut es auch. Für immer. “Hey, du hast vor hundert Jahren doch mal gewollt, dass ich einen Huf hebe, wenn du in die Hände klatschst. Guck mal!” Bis das aber passiert, kann es zu vielen Missverständnissen kommen, weil das Vollblut gerne mal versucht, halbärschig die gestellten Aufgaben zu meistern. Hat ja vorher auch funktioniert.
Auch auf der Bahn versteht das Rennpferd ziemlich sofort: Ah, schnell laufen. Das kann ich. Und es ist ja auch jeder zufrieden damit, wie es läuft. So ein Rennpferd spürt eher selten reiterliche Kritik, außer bei groben Schnitzern. Aber wenn es heute nicht so schnell läuft, dann unterscheidet sich das komplett zu einem Reitpferd in Privatbesitz, wo häufig “so lange geritten wird, bis die Lektion dann endlich klappt”. Im Rennsport geht das nicht, denn man kann ja nicht einfach noch ne Runde cantern, wenn das Pferd dabei nur Blödsinn gemacht hat. Ergo weiß das Vollblut, dass gar nichts passiert, wenn man das nur so mit einer Arschbacke mal macht. Der Job des Trainers und des Reiters ist, ihm die 100% als großartig zu verkaufen, damit die öfter gezeigt werden.
Wenn nun die Zeit gekommen ist, wo das Pferd umschult, kann es auch schon mal zu Konflikten kommen. Weil man zu schnell denkt, dass das Pferd verstanden hat. Hat es. Grob. Die Feinheiten nicht zwingend. Bleiben wir doch mal bei unserem Excel Beispiel. Das Vollblut weiß, dass man da Sachen eintragen kann. Eine komplizierte wenn/dann Formel? Hm, das muss man jetzt erst Mal zeigen. Und wenn false, dann rot? Holla … Da raucht auch dem Vollblut der Kopf. Der wird nämlich als Rennpferd gar nicht so lang am Stück gefordert. Auch ein häufiges Problem. Während die Freizeitreiter in der Regel so eine Stunde reiten und zwar schon dann auch mehr als nur Schritt, sind die Rennpferde darauf gar nicht getrimmt. Da muss man sie langsam heranführen. Also ja – sie lernen schnell. Aber sie brauchen dann eben trotzdem noch Unterstützung, damit es am Ende richtig klappt.