Sehr offen

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Wenn ich auf eine Rennbahn gehe, befinde ich mich meistens hinter den Kulissen. In Stallgassen, in Pferdeboxen, auf dem Trabring – kurzum überall da, wo meistens gerade nicht galoppiert wird. Da ich nicht mit einem großen Schild herumlaufe “Achtung, das ist die Nika und die schreibt für RaceBets” wissen die Leute nicht zwingend, wem sie gegenüber stehen. Ich werde trotzdem IMMER super freundlich begrüßt. Auch, wenn ich gerade Kamerataschen schleppe und nach Arbeit aussehe. Ich habe noch nie gehört: “Was tun Sie da? Hallo? Kommen Sie mal bitte erst mit zum Trainer, kann ich Ihren Ausweis sehen?” 

Das hat sicher damit zu tun, dass ich natürlich auch ein Besitzer sein könnte – eben ein potenzieller Kunde. Ich könnte aber natürlich genauso gut eine Tierschutzaktivistin sein, die gerade einfach undercover im Rennstall rumturnt. Die hätten es übrigens schrecklich einfach Fotos aus dem Rennstall zu schießen (lasst euch also nichts von aufwändigen Undercover Aktionen in solchen Tierschutzartikeln erzählen), sie brauchen nur sich, ein Handy und zwei Füße zum rumlaufen. 

Viel einfacher ist jedoch die Erklärung – ja, natürlich darf man reinkommen, wenn man einfach fragt. Ich bin meistens angemeldet, stiefle aber auch schon mal (weil gerade da), in den Nachbarstall, weil uns noch was für den Podcast eingefallen ist, oder wir Trainer X noch zu Y befragen wollen. Im Gegensatz zu anderen Sportställen darf man im Rennstall sich umschauen. Man darf in die Futtereimer gucken, man darf sich die Pferde ansehen und ihre Arbeit auf dem Trabring. Es ist einfach nichts Geheimes daran ein Rennpferd zu trainieren, zu halten und zu füttern. Da kommt keiner angerannt mit: “Warten Sie mal, da dürfen Sie aber nicht rein!”. Natürlich öffnet man nicht ungefragt irgendwelche Türen – das gebietet die Höflichkeit. Wenn man selbst Gäste in der Wohnung hat, reißen die ja auch nicht einfach die Schlafzimmertür auf und blöken: “Was ist hier drin?”.

Wenn man sich also unsicher ist oder sich einfach dafür interessiert, wie Rennpferde trainiert werden, dann hilft ein Gang auf die Bahn zu einem normalen Wochentag. Wer höflich ist wird garantiert nicht am Tor abgewiesen – es kann nur sein, dass mal jemand keine Zeit hat, da die große Führung zu machen, je nach Tagesgeschäft. Man muss nur früh aufstehen, ein bisschen Zeit und Geduld mitbringen und dann kann man sich so ein Training ansehen. Mal fragen, was die Pferde dort den ganzen Tag so machen. Dafür braucht man sich nirgendwo einschleusen oder reinschleichen. Sondern einfach: “Moin, darf ich mal gucken?”

Rennsportler sind a) nämlich Reiter und reden daher immer gern über Pferde und b) sich durchaus bewusst darüber, dass die Leute neugierig sind. Und ich meine, wo geht das? Wenn ich vor einem anderen Betrieb stehe und frage: “Entschuldigung, kann ich das mal besichtigen? Ich finde es total spannend was sie hier machen!”, dann hört man eher ein: “Ähh … nein?” Im Rennstall ist das nicht so. Weil sie einfach sehr offen sind. Und weil man sich seines Rufs in der Öffentlichkeit bewusst ist. Jeder im Sport weiß das und jeder wird versuchen, seinen Teil dazu beizutragen, dass dieses Feindbild endlich mal bröckelt. 

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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