Immer wieder höre ich von Rennbahnneulingen, dass sie es erschreckend oder unverschämt finden, wenn auf einen Unfall auf der Bahn nicht eingegangen wird. Es hätte etwas von “Vertuschung”, wenn da niemand etwas sagt. Oder, dass es uns “egal” wäre. Mit “uns” ist hier der Rennsport gemeint. Klar, eindeutig “gut” ausgegangene Stürze sieht das Publikum selbst, Pferde, die aber vielleicht lahm weggeführt werden oder auf den Hänger geladen werden, sind anschließend aus den Augen aus dem Sinn und sie werden nicht mehr erwähnt, wenn nicht ein eindeutiger Hinweis an die Veranstalter erfolgt. Allerdings wird kein Moderator oder Rennbahnkommentator die Durchsage machen: “XYZ hat es leider nicht geschafft.” Das finden die, die so einen Unfall zum allerersten Mal erleben, schrecklich. Manche fordern dann vehement mehr Transparenz. Aber ich frage mich: Wie soll das denn gehen?
Ich sage gleich vorweg: Alle Varianten, die man für ein Protokoll herziehen könnte, haben ihre Fehler und ich weiß selbst nicht, was die beste Variante wäre, das nur vorweg. Zunächst einmal: Kein Reitsport bietet diese Transparenz. Kein Verband, kein Dorfturnier, niemand muss das öffentlich machen. Auch der Rennsport nicht. Wenn man aber nichts zu verbergen hat, kann man das auch nicht eisern totschweigen. Ich denke, wir sind uns in diesem Punkt einig. Man muss damit umgehen, denn passieren kann ja jederzeit etwas. Mit Pferd und Mensch. Und passiert das Unvermeidliche, dann müssen dafür auch Worte gefunden werden, denn die Zuschauer fragen sich, was passiert ist. Gut finde ich daher die Variante mit den Planen, allerdings ist die in Deutschland teilweise schlecht umgesetzt (in Aintree üben selbst am großen Tag alle Teams noch mal). Was hinter der Plane geschieht, geht niemanden etwas an.
Oder? Warum geht es die Leute eigentlich etwas an, wenn da ein Pferd sich verletzt? Sind die wirklich besorgt? Wollen sie einfach nur die Sensationslust befriedigt haben? Warum muss jemand denen erzählen, was da nun in den Stallungen oder unter der Plane mit dem Pferd passiert? Die eine Seite sagt: “Haltet doch mal die Klappe, das geht nur die direkt Betroffenen was an, die, die das Pferd lieben, sich darum kümmern, es hegen und pflegen.” Die andere Seite sagt: “Wir alle haben einen Anspruch darauf, denn wir haben es gerade gesehen. Wir haben es angefeuert, es laufen sehen und wir wollen wissen, wie es ihm jetzt geht. Auch für uns.” Denn es geht da auch viel um die Zuschauer. Der Tag ist ja nicht mehr so toll, wenn gleich im ersten Rennen ein Pferd verunglückt. Wer weiß, ob da nicht manch einer geknickt nach Hause geht, weil ihm dann einfach nicht mehr nach Rennen ist? Und da hält man natürlich gegen: Was denkst du denn, wie sich Trainer, Besitzer, Jockey und Pfleger fühlen? Die sind ja wohl ein bisschen mehr betroffen, als du da oben auf der Tribüne.
Ich erinnere mich daran, dass vor vielen Jahren, als die Reifen noch wie Geschosse von den Formel 1 Autos flogen, furchtbarerweise Streckenposten umkamen. Was geschah am Renntag? Überhaupt gar nichts, dort gab es auch keine Durchsagen. Show must go on. Wäre das allerdings “on camera” passiert, hätte man das nicht einfach so übergehen können. Da bei uns alles einsehbar ist, müssen wir einen Weg finden, damit umzugehen und das Geschehen auch einzuordnen. Wie der funktionieren kann, muss man herausfinden. Wie man es macht, macht man es eh falsch. Aber den Eindruck, dass wir etwas zu vertuschen hätten – der darf nicht entstehen. Allerdings darf auch nicht die Deutungshoheit bei Tierrechtlern verbleiben, weil bei uns nichts gesagt wird.