Turfteufel: Zu Besuch bei Northern Eagle

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Bei Rennpferden wird viel Gewese drum herum gemacht. Ist ja ein Rennpferd. Dass die auch Pferde sind und damit die gleichen Grundbedürfnisse haben wie Paules Pony Peter – das scheint vielen Leuten abzugehen. Nicht auf die Weide können die, weil die ja verrückt sind, Dressur kann man die schon gar nicht reiten und überhaupt – schnell laufen können sie, sonst aber nichts. Alles Quatsch. Man hat ihnen vielleicht manche Dinge nicht beigebracht (vorwärts abwärts laufen kann aber jedes Rennpferd), weil sie nicht benötigt werden, aber genauso, wie der Dressurreiter keinen Wert auf einen zünftigen Canter legt, so wird eben bei den Rennpferden im Training auch nicht Schulterherein geritten. Im Prinzip kann aber jedes Pferd alles lernen. Ob es darin brilliert, ist natürlich immer die Frage, denn körperliche Voraussetzungen sind dann doch nicht für jedes Pferd gleich.

Zuletzt war ich zu Gast  bei Northern Eagle. Ihr erinnert euch? Der Adlerflug-Sohn, der auf der Rennbahn einfach “Nö” sagte? Keine Lust, mit den anderen über die Bahn zu hetzen. Zweimal blieb er nach dem Start stehen, war für kein Geld der Welt (und kein Leckerlie) zum Schnelllaufen zu bewegen, obwohl er es konnte. Der schlaue Kerl wusste ganz genau: Ich krieg meinen Hafer trotzdem, auch wenn ich hier nicht mitmache. Der macht jetzt in Vielseitigkeit. Quasi mit direktem Blick auf das DOKR Gelände, wo er sich schon mal für die erste Saison warm macht. Und was soll ich sagen: Es überrascht eigentlich null, dass er so etwas kann. Es ist ein Pferd. Diese Sportarten sind für Pferde gemacht worden und natürlich kann so ein Rennpferd das auch, wenn man es ihm nur beibringt. In Northern Eagles Fall musste man ihm die Zusammenarbeit dazu noch schmackhaft machen. Und ein paar Workarounds erfinden, denn Northern Eagle ging nur rückwärts auf den Anhänger.

Wenn man weiß, was man tut, dann ist das aber nicht mal wirklich schwer. Reiterin Linn Zepke weiß das. Die sitzt locker flockig auf dem “Eggie”, wie er jetzt heißt, wer will sich denn da auch einen ablispeln, wenn er das Pferd ruft. Und er fühlt sich pudelwohl. Man muss so einem Pferd einfach nur erklären, was sein Job ist und auch, wenn neue Sachen dazu kommen, dann können die das begreifen. Auch ein Rennpferd. Warum denn auch nicht? Sie gelten als intelligent und mutig. Talent kann man mit Lerneigenschaften ausgleichen, denn bis auf ein gewisses Level kann man jedes Pferd in jeder Sparte bringen. Aber für Northern Eagle wird es wohl weitergehen, denn der hat tatsächlich Talent und bringt eine Menge Reitpferdepoints mit.

Im Gestüt Hof Warendorf von Ferdinand Leve ist er auch nicht das einzige Vollblut auf “Abwegen”. Allerdings konnten wir uns alle auf keine Bezeichnung für so ein Pferd einigen. Was ist es denn nun? Ex-Galopper? Klingt so blöd. Ex-Rennpferd? Auch blöd. Rennpferd in Rente? Welche Rente? Vollblut? Könnte auch ein Araber sein. Tja. Was ist es nun? Wir wissen es nicht. Nehmen wir einfach … Pferd? Irgendwas, das nicht ganz so unschön klingt. Er hat keine Rente, er ist nicht nur Galopper … bisher haben wir noch keinen schönen Begriff gefunden. Vielleicht fällt uns ja einer bis zum ersten Vielseitigkeitsstart ein.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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