Rennbahnen gibt es in ganz Deutschland, das ist bekannt. Ob im Süden, im Norden, im Osten, im Westen, überall galoppieren oder traben die Pferde. Manche dieser Bahnen werden häufiger genutzt als andere. Einige sind groß, andere klein. Manche sind bedeutender. In diesem Artikel soll es um Rennbahnen gehen, die es nicht mehr gibt. Wobei wir direkt mit einigen Einschränkungen beginnen.
Spezialfälle Bremen und Neuss
Bevor wir zu den wirklich vergessenen Rennbahnen kommen, wollen wir kurz auf zwei eingehen, die aktuell nicht genutzt werden, die aber nicht verloren sind – zumindest wenn die Politik überzeugt werden kann. Die Rede ist von Bremen und von Neuss. In der Hansestadt sollte die Rennbahn bebaut werden, der letzten Renntag fand an Karfreitag 2018 statt. Doch eine Bürgerinitiative verhinderte über einen Volksentscheid die Bebauung. Der Bremer Rennverein möchte am 12. September 2021 den Neustart wagen, hat aber Probleme mit politischen Entscheidungsträgern.
Der Kampf geht hier weiter. In Neuss ist das nicht so sicher, wo Ende 2019 alles endete und wo die Politik keine Pferderennen mehr will. Wie in Bremen ist die Bahn so erhalten geblieben, wie sie über Jahrzehnte genutzt wurde. Was mit Bad Doberan wird, weiß auch so recht niemand. Deutschlands älteste Rennbahn bzw. der dortige Rennverein hat finanzielle Probleme, aber es ist nicht von einem Ende des Sports die Rede.
Das war nun allseits bekannt, jetzt geht es um Bahnen nach dem Motto „Ach ja, die gibt’s ja auch noch“. Die Rede ist von Gotha, Herxheim und Hassloch. Wobei auch Warendorf, Wildeshausen und Großenkneten hier genannt werden können, auch wenn es sich um kleine Bahnen handelte. In Großenkneten gab es immerhin eine Tribüne und ein gewisser Andrasch Starke ritt dort seinen ersten Sieger.
Diese bekannten Bahnen sind verloren
Das führt uns zu Frankfurt und Gelsenkirchen-Horst. Die Bahn in Frankfurt-Niederrad hatte im November 2015 ihren letzten Renntag, weil der DFB das Gelände für sein Leistungszentrum erworben hatte. Es gab wie in Bremen einen Volksentscheid, der von den Prozentzahlen her sogar positiv ausging – aber das so genannte Quorum wurde nicht erreicht. Gemeint ist damit, dass nicht genügend Menschen zur Wahl gegangen waren. Gelsenkirchen verlor seine Galopprennbahn (Trabrennen gibt es noch) im Jahr 2003 nach einem politischen Beschluss. Sie wurde für den Wohnungsbau geopfert. Über Jahrzehnte handelte es sich um eine der erfolgreichsten Rennbahnen des Landes, das Gruppe 1-Rennen um den Aral Pokal wurde hier unter anderem entschieden.
Eine große Rennbahn für die es einen Ersatz gab, ist die Alte Bult in Hannover. Ersatz war die Neue Bult in Langenhagen, die seit den 1970ern existiert. Die alte Rennbahn in der Südstadt wurde von IBM gekauft, man wollte dort ein Werk bauen, das aber nie entstand. Auf dieser Anlage befinden sich Reitställe und es werden einige wenige Vollblüter vorbereitet.
Aus den Gedanken verschwunden: Berliner Rennbahnen
Überraschen wird vielleicht der Blick in die weiter zurück liegende Vergangenheit. Berlin-Grunewald war zu Beginn des 20. Jahrhunderts (und bereits in den Jahren zuvor) eine der führenden Bahnen im Reich. Etliche Klassiker wurden hier entschieden. Sie wurde geopfert, um die Olympischen Spiele 1936 veranstalten zu können. Charlottenburg hatte eine eigene Rennbahn, was sich auch dadurch erklärt, dass es sich einst um eine eigene Stadt handelte. Vergessen ist die Hindernisbahn Ruhwald in Berlin. Flachrennen fanden in Tempelhof statt.
Und dann können noch zwei vergessene Berliner Trabrennbahnen genannt werden: Neu-Westend und Ruhleben. Überhaupt Berlin: Die Trabrennbahn in Karlshorst existiert, aber bis zum 2. Weltkrieg handelte es sich um die führende deutsche Bahn für Hindernisrennen. Darauf deuten auch jetzt noch diverse Statuen rund um die Anlage hin. In der Nähe von Hoppegarten liegt die Stadt Strausberg. Dort gab es einst eine eigene Bahn.
Hamburg: mehr als die Derbybahn in Horn
Nun ein Blick nach Hamburg, wo es nicht nur die Derbybahn in Horn und Bahrenfeld für die Traber gab (diese Bahn wird bald aufgegeben, geplant ist eine Doppelrennbahn in Horn): Auch auf dem Wandsbecker Feld fanden einst Rennen statt. Und in Farmsen. Auf der dortigen Trabrennbahn wurde das erste deutsche Flutlicht auf einer vergleichbaren Anlage installiert. Das war im Jahr 1936. 40 Jahre später fand das finale Rennen statt. Viel früher gegründet und viel früher geschlossen wurde die Rennbahn Hamburg-Großborstel.
Weiter im Norden
Man kann auch nochmal den Kreis zu Bremen schließen, denn die aktuelle Rennbahn gibt es seit 1907. Der Rennverein war in den 50 Jahren zuvor an drei anderen Standorten in der Hansestadt mit Rennbahnen aktiv. In der Nähe von Bremen befinden sich die kleinen Städte Schwanewede und Garrel. In beiden Orten fanden seit vielen Jahren keine Rennen mehr statt.
Lange ist es her
Keine Informationen liegen zu den Rennbahnen in folgenden (teils nicht mehr zu Deutschland gehörenden) Städten vor, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Gründung größtenteils in den 1830ern erfolgte: Oldesloe, Anklam, Stralsund, Pasewalk, Stettin, Augusteburg, Breslau, Königsberg, Rostock, Braunschweig, Celle, Neubrandenburg, Schleswig, Stargard, Münster, Lübeck-Travemünde, Bielefeld und Stuttgart. Castrop Rauxel war eine Naturhindernisbahn, die im Jahr 1872 gegründet wurde. Seit 1970 fanden hier keine Rennen mehr statt, aber die Anlage existiert noch. Münster hatte eine „Reitbahn“, die nur 16 Jahre lang existierte, von 1898 an. Und dann ist da Aachen. Im Jahr 1821 soll hier erstmals ein Galopprennen gelaufen worden sein. Auf der Brandtner Heide. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es immer mal wieder Rennen.
Soll nicht verschwiegen werden
Einige nicht lange vergessene Trabrennbahnen wollen wir hier nicht vergessen. Erst vor wenigen Jahre beendete die Trabrennbahn in Mönchengladbach ihren Betrieb. Das gleiche gilt für Recklinghausen. Wohnungsbau ist geplant. Anders als in Frankfurt und Bremen hatten die einstigen Veranstalter mit Insolvenzen zu kämpfen und starke finanzielle Probleme.
Fazit
Dieser Artikel hatte nicht das Ziel der Vollständigkeit. Die kann bei einem historischen Thema, zu dem es keine Übersicht in Form einer Webseite oder als Buch gibt, nicht gewährleistet werden. In ganz Deutschland gibt es andere Orte, an denen Pferde gelaufen sind auf mal längerfristig, mal nur wenige Jahre existierenden Bahnen. Und hoffentlich gibt es hier und da ein Comeback.