Weihnachten im Rennstall

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… ist übrigens wie jeder andere Tag auch, nur dass irgendwer es wahnsinnig witzig und weihnachtlich findet, eine Weihnachtsmütze als Kappenüberzug zu benutzen. Im Laufe irgendeines Lots geht die dann fliegen und im Zweifelsfall erschreckt sie die hysterische Stute, die sowieso immer heult. Wer sitzt da drauf? Im Zweifelsfall ich. Ich hasse Weihnachtsmützen.
Ansonsten ist Weihnachten aber natürlich ein Arbeitstag wie jeder andere, nur dass niemand Lust hat, dann noch zu arbeiten. Schließlich ist es kalt und man würde dann jetzt bitte auch gerne auf seine Art Weihnachten feiern, nicht mit Vierbeinern, nicht mit den Kollegen, die sieht man nämlich auch die restlichen 365 Tage im Jahr täglich. Wer clever war, hat Urlaub eingereicht und zwar vor den anderen. Der Rest dümpelt im Stall umher. Und früher (wo ja bekanntlich alles besser war), gab es da ja schließlich auch noch Renntage in Neuss. Also hatte man auch noch Starter. Dementsprechend normal waren also diverse Arbeitstage. Nur dadurch gekürzt, dass man einige Pferde über Weihnachten im Gestüt hatte, damit die ein bisschen Weide genießen und ihr Training verdauen können. Jaja, arme Rennpferde, stehen die einfach stumpf auf der Weide, während der Rest schuften muss.
Aber es gibt einen Lichtblick! Die Weihnachtsfeier! Die Weihnachtsfeier im Rennstall ist tatsächlich ganz ausgezeichnet. Denn wir erinnern uns: Die meisten Arbeitsreiter sind Polen. Was auch heißt: Hilfe, Hilfe, es gibt Alkohol, ob ihr wollt oder nicht. Wirklich lustig wird es dann, wenn die Besitzer auftauchen und man diese sonst immer sehr schicken Leute bei einem Glas Wodka dann neben sich sitzen hat und die füllen einem noch ordentlich nach, weil sie auf ihr Pferd trinken wollen. Da sitzt der Tisch dann (die Arbeitsreiter alle so ungewohnt gut gekleidet und gar nicht dreckig… so erkennt man die ja kaum) einträchtig zusammen und am Ende tanzen alle drumherum, während sie die Deko aus dem Buffet herumschwenken (drei Plastikbananen und ein Tiefkühlhummer!). Okay, vielleicht ist das nicht klassisch weihnachtlich. Aber lustig isses.
Das Ende vom Lied: Die Besitzer sind stramm, die Arbeitsreiter auch und der Trainer verlässt eventuell kopfschüttelnd die Lokalitäten. Hat nur leider seine Frau vergessen, die ist auch gut dabei.
Zu fortgeschrittener Stunde macht das Restaurant zwar zu, aber die Bar auf. Also wird umgesiedelt. Wir haben halb 12. Die Besitzer sind nicht müde… wir auch nicht, weiter geht’s zur Bar. Da gibt es schließlich auch noch Wodka. Achja… und um 06:00 Uhr sollten wir eigentlich wieder auf der Matte stehen. Na, da ist doch noch massig Zeit! Eine der Bananen hat außerdem ihren Weg mit in die Bar gefunden (ich frage mich heute noch, wo sie hin ist), außerdem erweist sich unser Kollege als trickreicher Dieb, der kommt nämlich, nachdem man den Umzug in die Disco (halb 2) beschlossen hat, mit einer anderen Jacke wieder. Aber sieht schnieke aus, wir beglückwünschen ihn zur neuen Jacke.
Irgendwann also kriecht alles nach Hause (und kriechen ist absolut wörtlich gemeint). Vielleicht um halb 4, vielleicht nicht. Was nichts an der Tatsache ändert, dass wir immer noch um 06:00 Uhr im Stall sein sollten.
Ich bin immerhin da. Zwei Kollegen auch. Und natürlich der Trainer, der ist ja schön früh in die Heia gegangen, was er uns unter die Nase reibt und überhaupt keine Rücksicht auf uns Alkoholleichen mit den verquollenen Augen nimmt (und wer kann es ihm verübeln… ist ja nichts Neues, dass man um 06:00 Uhr anfängt).
Der Kollege kommt mitm Taxi. Hat vergessen wo die Rennbahn ist (nachdem er das Auto bei der Weihnachtsfeier abgestellt hat und da drin auch geschlafen hat – jaja, damals nix Navi).
Wir sind nicht vollzählig, aber Trainer erbarmt sich, den fehlenden Kollegen zu ignorieren, den sollen wir nach dem ersten Lot wachklingeln – sofern der nicht tot ist.
Aber oh Schreck: Die Sandbahn ist gefroren. Was echt nicht witzig ist. Verklickere nie völlig verkatert einer Gruppe Rennpferde, dass man heute nicht cantern geht, sondern „nur“ ein bisschen hoppeln darf. Das nehmen die nicht gut auf. Und man selbst hat auch Probleme. Das schaukelt. Und der Traktor, der die Bahn aufbricht, der macht auch Krach.
Die Besitzer übrigens auch. Die sind gerade eingefallen, weil sie sich ja im Hotel eingemietet haben. Mittlerweile haben wir halb 8. Und die sind so pervers gut gelaunt. Und so laut. Die frieren zwar, aber haben sehr gute Laune. „Wollten auch nur mal gucken, ob die Leichen heute reiten!“, trompeten sie uns fröhlich entgegen.
Ja, tun wir! Danke der Nachfrage.

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Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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