Jan Pommer
Geschäftsführer Deutscher Galopp
Das Jahr 2020 war für alle und natürlich auch für unseren Galopprennsport sehr herausfordernd und belastend. Mitte März musste angesichts der Pandemie der Start unser Grünen Saison kurzfristig verschoben werden. Bis zur Wiederaufnahme Anfang Mai trainierten die Pferde natürlich, aber der Rennbetrieb stand still. Das war finster und hat die ohnehin seit Jahren offensichtliche Finanzkrise des Rennsports verschärft.
Doch hat uns die Situation auch Chancen eröffnet: Als erste Sportart überhaupt durften wir ab dem 7. Mai wieder Zuchtleistungsprüfungen unter der Ägide eines ausgefeilten und strengen Hygienekonzepts ausrichten. Die Rennen wurden sämtlich redaktionell kuratiert in HD produziert und frei empfangbar gezeigt, so dass alle Rennsportakteure trotz des Ausschlusses von Zuschauern hautnah dabei sein konnten. Wir konnten über Kooperationen mit Sport1, den Öffentlich-Rechtlichen und Magenta TV der Telekom neue Fans gewinnen und dabei sehr beachtliche Reichweiten erzielen.
Wir haben erlebt, wie alle Aktiven und Rennsportangehörige pragmatisch, sehr diszipliniert und sehr engagiert gearbeitet haben. Dafür gebührt allen unser großer Respekt und Dank.
Schließlich hat die Krise den letzten Anstoß gegeben, uns zukunftsfähig aufzustellen. Dafür war eine klare Bestandsaufnahme und eine eindeutige Bekenntnis zur Ablehnung von künftigem konsumtiven Verbrauch der verbleibenden Mittel Voraussetzung. Wir haben nun harte und schmerzhafte Einschnitte vorgenommen, um eine schwarze Null zu erreichen. Das war, um ein strapaziertes Wort der Bundeskanzlerin aufzugreifen, alternativlos. Wir rüsten uns damit für eine Zukunft, in der wir für die Passion Vollblut weiter energisch kämpfen und einstehen. Und wir investieren, sprechen Politik und Förderer an und bieten weiterhin attraktive mediale Produkte. Das alles werden wir nicht im Trab absolvieren, sondern – das versteht sich von selbst – im Galopp. Mit Herzblut für Vollblut!
Andreas Sponbiel
Rennbahnretter in Bremen und Sprecher der Bürgerinitiative
2020 ist ein schwieriges Jahr gewesen, aber in Bezug auf die Bremer Galopprennbahn waren wir sehr erfolgreich. Der Runde Tisch zur Zukunft des Geländes läuft und wir haben weiterhin die Deutungshoheit. Trotz der Corona Krise gelang es uns (wie auch schon in den Vorjahren) eine größere Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Vereine, Verbände, Institutionen vom Martinshof (Einrichtung für Menschen mit Handicap) bis hin zu örtlichen und regional verwurzelten Sportvereinen, Reit- und Galoppsport und angrenzende Schulen feierten mit uns die Auftaktveranstaltung „Zukunft Galopprennbahn“. Freunde des Galopprennsports freuten sich über ein Showrennen mit der Siegerin Häppchen. Die Anwesenheit des Bremer Bürgerschaftspräsidenten als auch weiterer hochrangiger Politiker zeigt das große Interesse an der Rennbahn.
2021 wird das Jahr der Entscheidung. Wir planen als Bürgerinitiative zusammen mit bekannten Eventern, Sportvereinen und interessierten Beteiligten eine Reihe von Veranstaltungen auf dem Rennbahngelände. Am Runden Tisch und in der Öffentlichkeit werben wir Anfang des Jahres für unseren Sport- und Kulturpark Galopprennbahn. Wir wollen eine gemeinschaftlich genutzte Fläche für Erholung, Sport und Freizeit im Einklang mit der Natur. Zur Zukunft des Geländes sollen auch Rennveranstaltungen (hoffentlich bereits im kommenden Jahr) ebenso wie Reitsportevents gehören.
Bremen kann zum Vorbild auch für andere Galopp Standorte werden. Wir leben in einer Zeit des Umbruchs. Das Freizeitverhalten hat sich massiv verändert und gerade Galopprennbahnen haben die Möglichkeit, neben dem Galoppsport weitere Outdoor Nutzungen eine Heimat zu bieten.
Wir werden weiter leidenschaftlich für unsere Ziele werben und setzen alles daran, unseren seit 2016 gelebten Kampf um die Fläche zum Erfolg zu führen.
Christian von der Recke
Trainer und RaceBets Botschafter
Natürlich war diese Saison schwierig, aber da kann man niemanden einen Vorwurf machen. Immerhin haben wir den Sport wieder ans Laufen gebracht, dafür muss man die Verantwortlichen loben. Die TV Bilder sind viel besser geworden. Es gab also auch Fortschritte für den Sport. Aber halt nicht nur. Ich wünsche mir persönlich, dass wir in der Saison 2021 nicht nur wieder mehr Veranstaltungen bekommen und normale Rennpreise. Ich möchte auch wieder die Besitzer besser entertainen können, denn das ist Teil meines Jobs. Wenn es aber zum Beispiel nicht einmal ein gastronomisches Angebot besteht, ist das sehr schwierig.
Michael Cadeddu
Jockey
Es war eine seltsame Saison. Es war schwierig und es wird schwierig bleiben, denke ich. Hut ab vor allen, die veranstaltet haben, angefangen mit Hannover. Aufgrund der Regeln war es für uns Jockeys anfangs schwierig. Für mich ging ein kleiner Traum in Erfüllung, weil ich das erste Rennen nach der Corona Pause in Europa gewonnen habe für Markus Klug und das Gestüt Schlenderhan. Das war eine tolle Sache, auch wenn es nur ein Sieglosenrennen war. Ich bekam sogar aus England und Italien viele Glückwunsche. Aus Italien gab es sogar Anfragen für Interviews. Wir waren Vorbild.
Wir haben alles durchgezogen, uns gut benommen in der Jockeystube. Es gab keinen Corona Fall bei uns, anders als zum Beispiel in Frankreich. Wir versuchen, dass der Sport für die Leute Zuhause attraktiv ist, freuen uns über die verbesserten Live Übertragungen und bedanken uns für den tollen Job von Thorsten Castle und Alexander Franke. Nun können wir unseren Sport mit dem schönsten Tier der Welt besser zeigen und was dahinter steht.
Die Saison war trotz dieser positiven Aspekte eine Herausforderung, es gab lange Renntage und oft keine Parallelveranstaltungen. Das war teilweise sehr anstrengend. Doch sportlich kann ich mich persönlich nicht beklagen, aber mehr Siege und Gruppesiege wären schön gewesen. Mit Itobo war ich Zweiter in einem Grupperennen in Baden-Baden mit Nase geschlagen, das war etwas ärgerlich. Aber ich kam zu Gruppesiegen, auch in Italien für Henk Grewe. Das war super und wichtig für mich. Nun bereiten wir uns alle für 2021 vor und hoffen, dass die Situation sich bessert. Klar ist: der Rennsport geht weiter. Zum Glück. Ich hoffe, dass ich 2021 gesund und erfolgreich sein werde und in der Statistik weiter nach oben komme. Glück, Erfolg und Gesundheit wünsche ich aber auch allen Kollegen und allen anderen Aktiven in diesem Sport.
Kira Kaschek
Pressesprecherin Hannover, Romanautorin
In meinem ersten Jahr als neue Pressesprecherin des Hannoverschen Rennvereins durfte ich direkt eine sehr turbulente Saison begleiten. Von der Absage des ersten Renntags über die Rückkehr der Zuschauer, bis hin zur Übernahme der Baden-Württemberg Trophy; es waren einige Höhen, Tiefen und vor allem emotionale Momente dabei. In dieser Funktion konnte ich den Galoppsport auch von einer ganz anderen Seite kennenlernen und sehe, welche großartige Arbeit in den Rennvereinen geleistet wird, um unseren schönen Sport am Leben zu erhalten. Ich denke das Jahr 2021 könnte richtungsweisend für den deutschen Rennsport sein. Durch die Corona-Pandemie ist die Lage für die Rennvereine, Besitzer, Trainer und alle Angestellten in den Ställen nicht besser geworden. Allerdings zeigte sich durch die Krise auch das große Potenzial, das unser Sport bietet und dieser sollte in den Fokus gerückt werden. Für mich persönlich waren natürlich die ersten Auftritte der Nachkommen von Protectionist ein ganz besonderes Highlight, zudem die Veröffentlichung meines Romans „Herzschlagfinish“. Im kommenden Jahr freue ich mich vor allem darauf meine Stute Kalea im Training und vielleicht auch schon am Ablauf zu sehen. Wer weiß vielleicht sorgt sie ja für einen Teil 2 des Romans.
Agentur HW
Marco Hoffmann – Rennsportjournalist -auch für RaceBets- und Julia Will – ehemalige Amateurweltmeisterin
Es ist schon komisch, wie manche Dinge laufen. Im Bereich Galopprennsport, der ja eigentlich unser Steckenpferd sein sollte, mussten auch wir Corona bedingt einige Verluste in Kauf nehmen. Viele Aufträge, die meistens mit größeren Rennsportveranstaltungen in Verbindung stehend, sind aufgrund der Pandemie ausgefallen. Aus der Not konnten wir allerdings eine Tugend machen. Sowohl die Sportwetten als auch der Zeitvertreib mit Online Games brachte uns ein neues Aufgabengebiet und damit ein wirklich gutes Jahr für die Agentur.
Trotzdem freuen wir uns bereits sehr darauf, wenn es hoffentlich im kommenden Jahr wieder viele Rennveranstaltungen gibt, die wir mit unserer Arbeit begleiten dürfen. Vielleicht ja sogar in Bremen, unserer unter der Politik leidenden Heimatbahn.