Insider-Talk mit Conny Whitfield: „Wir fühlen uns alle als große Familie“

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Seit vielen Wochen agieren die Pferde von Conny Whitfield in exzellenter Form. Vor allem in Frankreich gab es seit dem Spätherbst mehrere Treffer für die 42-jährige Betreuerin, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Steve und Tochter Hayley eine große Passion für den Rennsport besitzt. Exklusiv im Insider-Talk auf dem Blog berichtet Conny Whitfield über ihre Karriere und Ambitionen.

Im vergangenen Jahr wurde in Iffezheim die neue Trainingsbahn eröffnet. Wie sehr haben sich die Bedingungen zur Vorbereitung der Pferde seither verbessert?

Conny Whitfield: Sehr! Die neue Trainingsbahn erlaubt eine optimale Vorbereitung der Pferde.  Selbst nach einem Starkregen oder bei leichtem Frost ist die Bahn sehr gut nutzbar.

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„Habe mehr Boxen zur Verfügung“

Sie sind vor kurzem in den bisherigen Stall von Wolfgang Gülcher gewechselt, der nur noch ein eigenes Pferd vorbereitet. Was sind die Vorzüge dieses Quartiers?

Conny Whitfield: Ja, seit Mitte Dezember 2021 bin ich mit meinen Pferden im Stall von Wolfgang Gülcher, und wir alle fühlen uns sehr wohl. Ein Vorteil ist, dass ich mehr Boxen zur Verfügung habe. Über mehrere Monate musste ich Pferde in zwei räumlich getrennten Stallungen unterbringen, was in der täglichen Arbeit ein großer logistischer Aufwand war. Der zweite Vorteil ist, dass ich von einer tollen Infrastruktur profitieren kann, wie beispielsweise einem großen, eigenen Trabring direkt hinter dem Stallgebäude, einem Roundpen,  weite Rasenflächen mit teilweise kleinen Ausläufen für die Pferde, oder großen, hellen Boxen, in denen sich die Pferde sehr wohl fühlen. 

„Der Erfolg ist eine Teamleistung“

Ihre Stallform ist seit längerem sehr beachtlich, hinter ihnen liegt ein Top-Jahr mit sieben Erfolgen. Wie ist Ihre Bilanz für 2021?

Conny Whitfield: Meine Bilanz ist mit den sieben Siegen, auf die mein Team und ich sehr stolz sind, gut, aber wir sind nicht euphorisch – es geht immer besser. Die sieben Siege und insgesamt 23 Platzierungen im Jahr 2021 haben mein Team und ich mit  63 Starts erarbeitet. Das ist ein guter Schnitt, und ich weiß, dass alle von mir betreuten Pferde ihr Bestes gegeben haben.  Das macht mich sehr stolz. Dieser Erfolg ist eine Teamleistung von vielen Menschen, die mich unterstützen, und wir fühlen uns alle als große Familie.

Stallteam
Stallteam

Was sind die Gründe, dass die Pferde aktuell so starke Leistungen zeigen? Haben Sie eine Philosophie? Haben Sie bestimmte Dinge im Training verändert?

Conny Whitfield: Nein, meine Trainingsmethoden habe ich nicht verändert. Ich denke schon, dass die neue Trainingsbahn einen Anteil am Erfolg hat. Ich vertrete die Philosophie, dass sich nicht das Pferd an den Trainer anpassen muss, sondern der Trainer an das jeweilige Pferd. Entsprechend gehen wir auf jedes Pferd und seine Bedürfnisse individuell ein. Dazu benötigt es aber ein erfahrenes, glückliches, offenes und motiviertes Team, in dem jeder seinen Platz hat. Und das habe ich, womit mein dritter Erfolgsfaktor genannt wäre.

„Laquyood hat ein ganz großes Herz“

Ihr Neuzugang Laquyood gewann bereits zwei Rennen für sie. Welches Potenzial sehen Sie in ihm?

Conny Whitfield: Laquyood ist ein „alter“ Kämpfer mit einem ganz großen Herz. Er hat im Rennen einfach selbst den Ehrgeiz, der Beste zu sein. Im Training hingegen macht er nur das Nötigste. Der Handicapper hat ihm mittlerweile sechs Kilo Aufgewicht gegeben, ich denke, dass er diese Marke auf jeden Fall kann, einfach, weil er es will. Ich traue ihm durchaus zu, dass er eine zweite Abteilung Tiercé/Quarté/Quinté für sich entscheiden kann.

Laquyood Los Altos und Plain Beau in Lyon
Laquyood Los Altos und Plain Beau in Lyon

Auch Los Altos und Analeon sind feste Größen mit Top-Leistungen, vor allem auch auf Sand in Frankreich. Wer sind Ihre Hoffnungsträger für 2022? Und wieso fahren Sie vor allem gerne nach Lyon-la-Soie?

Conny Whitfield: Ja, es stimmt, in Lyon la Soie habe ich die meisten meiner Erfolge im Jahr 2021 erzielt. Ich denke der Erfolg kommt auch daher, dass der Belag in der Konsistenz der Bahn dort ähnlich dem unserer Trainingsbahn ist. Außerdem ist die Bahn für uns gut zu erreichen.

Hoffnungsträger sind für mich zum einen unsere erfahrenen Pferde, die immer weiter gute Leistungen bringen und die Basis des Rennstalls bilden. Doch grundsätzlich veranlassen alle unsere Pferde zu begründeten Hoffnungen, und wir sind natürlich sehr gespannt auf unsere Youngsters.

Die Anzahl der Pferde im Quartier ist gestiegen. Wer sind Ihre größten Unterstützer?

Conny Whitfield: Derzeit habe ich 13 Pferde im Stall, weitere Pferde sind aber avisiert, und am Ende werden wir knapp 20 Pferde bis März betreuen. Meine größten Unterstützer sind meine Familie, mein Mann Steve, meine Tochter Hayley und auch meine Mutter und Geschwister, die regelmäßig mitfiebern. Dann natürlich das Team des Rennstalls Whitfield und last but not least meine Besitzer, die mir zum Teil schon weit über zehn Jahre die Treue halten und auch weniger gute Zeiten mit mir durchgestanden haben.

Auch Stefan Hefter, der Sohn des viel zu früh verstorbenen Trainers Werner Hefter, lässt ein Pferd bei Ihnen vorbereiten, die dreijährige Stute Daddy’s Black Girl. Was trauen Sie ihr zu, und wie ist der Kontakt zur Familie Hefter?

Conny Whitfield: Werner Hefter war ein von mir sehr geschätzter Kollege und exzellenter Pferdemann. Deshalb freut es mich umso mehr, dass Stefan Hefter uns Daddy’s Black Girl anvertraute. Sie ist eine junge „Dame“ mit starkem Charakter, die aber Potenzial zeigt. Wir schätzen die Schimmelstute sehr und sind gespannt auf Ihr Debut im Frühjahr.

Daddy's Black Girl
Daddy’s Black Girl

„Wer träumt nicht von großen Klassikern?“

Was sind Ihre Pläne und Ziele für 2022? Welches Rennen würde Sie gerne einmal gewinnen?

Conny Whitfield: Wer träumt nicht von den großen Klassikern wie beispielsweise dem Deutschen Derby, dem Jockey Club oder dem Prix de l‘ Arc de Triomphe? Grundsätzlich würden wir aber gerne ein Grupperennen gewinnen, denn Listenrennen habe ich ja bereits gewonnen. Meine Ziele für 2022 sind natürlich das Ergebnis aus 2021 deutlich zu toppen und alle Pferde gesund und erfolgreich über die Saison zu bringen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus? Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Und wie ist bei Ihnen die Liebe zum Rennsport entstanden?

Conny Whitfield: Die Liebe zu den Pferden und dann im Rennsport ist bei mir bereits im Kleinkindalter entstanden. Meine Eltern hatten gute und erfolgreiche Hindernispferde, die unter dem Stall Windhof liefen. Ich bin quasi mit Pferden aufgewachsen und meine Eltern förderten meine Passion.

High Conviction und Snaleon in Lyon
High Conviction und Snaleon in Lyon

Nach dem Abitur begann ich zunächst ein Studium der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Controlling an der Hochschule Pforzheim und trainierte parallel als Besitzertrainerin zwei eigene Pferde hier in Iffezheim, im Stall von Wolfgang Gülcher. Mein Vater riet mir dann, eine Sache richtig zu machen und die andere Sache aufzugeben. Ich habe mich natürlich für die Pferde entschieden. Ein Schritt, den ich nie bereut habe, der aber viel Engagement, harte Arbeit und Durchhaltevermögen verlangt.

Deshalb habe ich auch nicht viel Freizeit. Wenn dann aber doch, gehen Steve und ich gerne in die Sauna. Außerdem bin ich  absoluter Fan des Biathlonsports und schaue die Wettkämpfe gerne im Fernsehen. Seit wenigen Wochen hat unsere Tochter Hayley ein eigenes Pony, und wir reiten gemeinsam aus. Diese Aktivitäten sind nur nachmittags in der Stallruhe zwischen 13 Uhr und 16.30 Uhr möglich, die restliche Tageszeit ist bis in die Abend- und manchmal Nachtstunden ausgefüllt mit Stall- und Büroarbeiten.

Mein Tag beginnt in den Wintermonaten um 5 Uhr, im Sommer meistens früher. Zuerst füttere ich die Pferde mit Stehfutter, checke die Gesundheit und trinke eine Tasse Kaffee. Danach  reite ich in der Regel mindestens vier Lots mit, versorge und füttere mit meinem Team anschließend die Pferde. Parallel dazu nenne ich meine Schützlinge in Rennen,  telefoniere mit Jockey-Agenten und Besitzern, organisiere Futterlieferungen, …. . Es wird nicht langweilig.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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