Fast 300 Rennen haben die von ihm vorbereiteten Pferde bereits gewonnen – Uwe Schwinn (61) ist seit vielen Jahren überaus erfolgreicher Trainer von Galopprennpferden, sei es auf den Südwest- oder Sandbahnen, aber auch auf den Großbahnen. Und auch Frankreich zählt zu den Einsatzgebieten der Schützlinge des 61-jährigen Beckingers. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet er über seine Karriere und Pläne.
Die Schule geschwänzt und zur Auktion gefahren
Ihre ganze Familie arbeitet im Rennsport, Cousin Matthias und dessen Tochter Susanne sind ebenfalls Trainer. Was das Interesse am Turf von einer früheren Generation vorgegeben, oder wie kam es bei Ihnen und den anderen Familienmitgliedern dazu?
Uwe Schwinn: Das Interesse am Rennsport ist schon in den früheren Generationen entstanden. Mein Opa, mein Vater, dessen Bruder und mein Onkel (der Vater von Matthias) hatten bereits Pferde, allerdings keine Rennpferde. Doch eines Morgens stand Onkel Josef bei uns früh morgens auf der Matte und hat meinen Vater aus dem Bett geholt. Es war eine Vollblut-Auktion in Köln. Ich habe das mitbekommen, habe die Schule geschwänzt und bin mit ihnen zusammen nach Köln gefahren. Dort haben wir drei Vollblüter ersteigert. So ging es für uns im Rennsport los.
Hatten Sie früher auch mal eine Reiter-Laufbahn geplant, oder lief es immer auf Trainer hinaus? Wie hat es angefangen? Was waren Ihre ersten Highlights?
Uwe Schwinn: Ich saß schon von klein an auf Pferden, und mit 13 bin ich Pony- und Reitpferderennen geritten. Zwei Monate vor meinem 15. Geburtstag habe ich die Amateur-Prüfung abgelegt und habe nur auf den Stichtag gewartet, von dem an ich reiten durfte. Ich erinnere mich an den traditionellen Ostermontags-Termin in Saarbrücken, eine Woche nach dem 15. Geburtstag. Ich hatte meinen ersten Einsatz auf einer Halbblüterin namens Vanessa, und wir haben direkt gewonnen. Es schlossen sich noch etliche Treffer mit der Stute an.
Ich wollte eine Reiter-Lehre machen, auch wenn meine Eltern mir das versucht haben auszureden, doch ich ließ nicht locker. Schließlich traf ich Trainer Arnold Zweifel, der damals in Frankfurt aktiv war. Ich wog damals mit 15 zwar 48 Kilo, aber er sah meine überdurchschnittlich großen Hände. Er meinte, dass ich noch sehr viel wachsen und zu schwer werden würde für einen Jockey und sollte damit Recht behalten. Mit den Klasse B- und Halbblutrennen habe ich als Amateur 48 Rennen gewonnen, davon ein Drittel auf der Hindernisbahn.
Die heutigen Rennen bei RaceBets
„Dorino sprang über Häuser“
1978 habe ich drei Jagdrennen mit Steinbild für mich entschieden, unserer Familienstute. Zwei Jahre später kam der sehr gute Halbblüter Dorino dazu. Man sagte damals, er sprang über Häuser. Uns gelangen zwei schöne Treffer auf der Jagdbahn, mit der halben Bahn in Krefeld und in Gelsenkirchen in leichter Manier gegen starke Konkurrenz. Dorino habe ich bereits als Besitzertrainer vorbereitet. Die Prüfung als Public-Trainer habe ich 1979 abgelegt, als ich 18 Jahre alt war. Und dann ging es immer erfolgreich weiter. Rechnet man die B- und Halbblutsiege ein, die in der Statistik nicht zählen, sind es schon mehr als 300 Siege.
Welche Pferde haben Sie in all den Jahren am meisten beeindruckt, und an welche Erfolge denken Sie am liebsten zurück?
Uwe Schwinn: Neben Dorino denke ich an die sehr gute Stute Wetterhexe, die Halbblüter Gangster und Lucky, sowie Schwarzer Buggi. An Pagan Warrior, der 2021 acht Rennen gewann, davon fünf hintereinander, oder Allianz, die ein Gold- und ein Platinhandicap in Baden-Baden für sich entschied. Beide Pferde waren Spezialisten für Iffezheim. Oder Lysistrata, ein tolles Pferd, das Dritter in einem Listenrennen in Düsseldorf war. Allez Y gewann in Bad Harzburg und sammelte schöne Platzierungen.
Wer sind die aktuellen Hoffnungsträger? Delia könnte ein Pferd mit großem Potenzial sein. Ihre Einschätzung?
Uwe Schwinn: Immer noch aktuell ist Dayyan, der als Zweijähriger für uns in Chantilly triumphierte. Er siegte 2021 in Köln und beeindruckt mich unverändert. Er dürfte sich wieder das ein oder andere Rennen in Frankreich schnappen. Delia hat in Mülheim toll debütiert und danach auf der Dortmunder Sandbahn gewonnen. Man weiß noch nicht, wohin ihr Weg führen wird. Das werden die nächsten Monate zeigen. Erwähnen möchte ich auch Future, der sicherlich seine Rennen gewinnen wird. Er hat nur mit Platzierungen 2021 über 13.000 Euro nach Hause gebracht, mit Prämien kam er auf über 20.000 Euro.
Engagements in Auktionsrennnen hat die Sommerbergerin Summer Lady. Hinzu kommen Hoffnungen unter den Zweijährigen, wie Domenika, die rechte Schwester von Delia mit Nennung für den Preis der Winterkönigin. Sie ist eine tolle Erscheinung. Distella, die Großmutter der beiden, gewann das Schwarzgold-Rennen. Wir haben aktuell 18 Pferde im Stall.
„Soziale Kontakte mit den Nachbarn“
Wie sind die Trainingsbedingungen bei Ihnen in Beckingen? Was sind die Vorzüge Ihrer Anlage?
Uwe Schwinn: Wir haben eine 1.800 Meter-Sandbahn und sind vollkommen Wetter-unabhängig. Alle unsere Pferde gehen auf die Koppel. Die Boxen sind überdurchschnittlich groß, so dass die Pferde soziale Kontakte mit ihren Nachbarn pflegen können.
Auf der Sandbahn waren Sie früher sehr präsent, inzwischen sind dort die Starter seltener geworden. Was sind die Gründe?
Uwe Schwinn: Einige Besitzer möchten auf der Sandbahn gar nicht starten und sowieso lieber nach Frankreich gehen. Aus diesem Grund waren meine Kandidaten für Dortmund diesmal nicht so zahlreich.
Auch in Frankreich sieht man Ihre Pferde öfter im Einsatz. Wo setzen Sie die Schwerpunkte?
Uwe Schwinn: Man kann das mit Deutschland gar nicht vergleichen, auch was die Linienführung der Bahnen anbetrifft. Auch die kleineren unterscheiden sich doch erheblich von unseren Rennbahnen im Südwesten. Mit allen Pferden können wir überall in Frankreich starten, ich sehe da keine Vor- oder Nachteile.
Worauf legen Sie beim Training besonderen Wert?
Uwe Schwinn: Unsere Pferde werden individuell vorbereitet, so, wie es zu ihnen passt. Es hängt auch davon ab, wie die Pferde fressen oder wie sie sich fühlen. Auf ihr Wohlbehalten stimmen wir alles ab.
Der Traum von Diana, Derby und Arc
Welche Rennen würden Sie gerne einmal gewinnen, oder zumindest wo würden sie gerne mit einem Starter vertreten sein?
Uwe Schwinn: Das ist ganz einfach, der Preis der Diana, das Derby und der Arc (lacht). Als Trainer sollte man ja Träume haben.
Wie sehen Sie die Zukunft des deutschen Rennsports?
Uwe Schwinn: Der deutsche Rennsport befindet sich aktuell auf einer Talfahrt. Meine Prognose ist, dass es wieder aufwärts gehen könnte und auch müsste. Die Preisgelder waren vor Corona ja schon niedrig. Wenn man die Kosten dagegen rechnet und im Vergleich dazu die Dotierungen in Frankreich sieht, dann bekommt man Tränen in den Augen.