Marco Klein: „Julie Krone ist meine Nummer eins“

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Der Jockey-Beruf ist sicherlich bislang noch keine Frauen-Domäne, könnte man es einmal vorsichtig umschreiben. Noch immer dominieren in den großen Prüfungen die männlichen Akteure das Bild. Die Damen leisten unschätzbare Arbeit in den Rennställen, ohne sie würde in den Quartieren nicht das Geringste gehen. Und bei den Nachwuchskräften rücken kaum mehr Männer nach, während die Frauen hier stets in der Überzahl sind. Der Umgang mit Pferden begeistert viele schon von jungen Jahren.

In Deutschland ist vor allem Sibylle Vogt, ein Aushängeschild der Szene. Über 120 Rennen hat die gebürtige Schweizerin schon gewonnen. 2020 kam ihr endgültiger Durchbruch. Hier gewann sie unter anderem einen großen Jockey-Wettbewerb im Februar in Saudi-Arabien und mischt die Statistik mit einem Platz unter den Top 10 auf.

Sie selbst weiß aber, wie schwierig es ist, sich in dieser Szene zu etablieren. Sibylle Vogt sagte in einem Interview: „Leider haben Frauen im Rennsport immer noch wenig zu melden. Man kommt nicht auf die richtig guten Pferde drauf und bekommt oft wenig Unterstützung von Trainern, vor allem von den großen. Daher ist es schwierig, sich einen Namen aufzubauen und bessere Ritte zu erhalten. Als Frau muss man fast doppelt so viel leisten wie als Mann, um nur annähernd so einen Stellenwert zu erreichen, dass man wirklich auch von diesem Sport leben kann. Das ist sehr schade, aber leider ist es so, obwohl in den Ställen mehr Frauen arbeiten als Männer. Wenn es um das Rennenreiten geht, ist die Männer-Domäne immer noch sehr stark. Die anderthalb Kilo Gewichtserlaubnis hätten uns sehr viel gebracht, wie man auch in Frankreich sieht. Dort sind viel mehr Frauen vertreten, die auch bessere Pferde reiten. Leider wurde das in Deutschland wieder abgelehnt.“

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Aber wer sind die besten weiblichen Jockeys aller Zeiten auf der Welt. Unser RaceBets-Profi Marco Klein nennt im Folgenden exklusiv auf dem Blog seine Favoritinnen:

1. Julie Krone

​Julie Krone, Foto: TT
​Julie Krone, Foto: TT

Meine Nummer eins unter den besten weiblichen Jockeys aller Zeiten kommt aus den USA: Unvergessen bleibt das Jahr 1993, damals gewann sie als erste Reiterin die Belmont Stakes, das letzte Rennen der Triple Crown in den USA. Groß war die Medienresonanz damals, denn solch eine Premiere erlebt man wahrlich selten, das war ein Meilenstein in der Geschichte der weiblichen Jockeys nicht nur in Amerika, sondern auf der ganzen Welt.

Die Anerkennung für solche Siege war die Aufnahme in der National Museum of Racing und in die Hall Of Fame, natürlich als erste Frau in der Geschichte überhaupt. 2003 schrieb Julie Krone wieder Schlagzeilen, als ihr das Kunststück gelang, als erste Reiterin den Breeders‘  Cup für sich zu entscheiden.

2. Nina Carberry

Nina Carberry with her brother Paul, Foto: TT
Nina Carberry mit Bruder Paul, Foto: TT

Auch Nina Carberry hat es verdient, in meine Liste aufgenommen zu werden. Der Name Carberry ist jedem englischen Rennsportfan ein Begriff, denn das Reiten scheint vielen hier in die Wiege gelegt zu sein. Nina Carberry stammt aus dieser großen Rennfamilie und lieferte Schlagzeilen durch ihre Erfolge beim Cheltenham Festival auf der Hindernis-Bahn.

Besonders groß war das Interesse, als sie im Jahr 2007 es fertigbrachte, durch den Sieg mit Heads on the Ground zum vierten Mal die Cross Country Handicap Chase für sich zu entscheiden. Hut ab, kann man da nur sagen! Sie beendete ihre Karriere auf dem Zenit, als sie beim Festival in Punchestown in Irland mit Josie’s Order am letzten Tag erfolgreich war.

3. Kayla Stra

Kayla Stra, flickr.com
Kayla Stra, flickr.com

Vielleicht nicht ganz so bekannt in Deutschland ist Kayla Stra, die ebenfalls auf meine Liste der besten Reiterinnen aller Zeiten gehört.  Sie begann ihre Rennkarriere in Australien, bevor sie später auch in den USA in den Sattel stieg.

Bemerkenswert finde ich vor allem, dass sie schon im Alter von acht Jahren mit dem Reiten anfing, sicherlich wurde da schon der Grundstein für die späteren Erfolge gelegt. Sie arbeitete schon in Rennställen, bevor sie ihre Ausbildung zur Reiterin erfolgreich ablegte.

Ich habe mich erkundigt, dass ihr größter Sieg im Jahr 2005 zustande kam, als sie die City of Marion Stakes auf Navy Shaker gewann. Aber das war nur einer von vielen Karriere-Höhepunkten einer außergewöhnlichen Frau. Kayla Stra gewann mehr als 1700 Siege Rennen. Das können nur wenige Männer von sich behaupten. Ihr gelang es sogar nach einer kurzen Pause, als sie ihren Sohn zur Welt brachte, 2013 in den Profi-Rennsport zurückzukehren, um weiterhin tolle Erfolge zu erzielen.

4. Katie Walsh

Katie Walsh, Foto: TT
Katie Walsh, Foto: TT

Beim Namen Ruby Walsh denkt man natürlich in erster Linie an den früheren Superstar unter den englischen Hindernisreiterin Ruby Walsh, dessen Schwester sie ist. Sie hat im Laufe ihrer Karriere riesigen Erfolg gehabt und 2003 im Gowran Park ihr erstes Rennen auf Hannon gewonnen.

Natürlich stand auch das Cheltenham Festival auf ihrer Erfolgsliste. Poker De Sivola und Thousand Stars bescherten ihr im Jahr 2010 einen Doppelsieg bei diesem Großereignis, und sie wurde auch die dritte weibliche Gewinnerin in der Geschichte des Irish National im Sattel von Thunder and Roses. Im Jahr 2012 wurde sie Dritte beim Grand National auf Seabass. Eine bessere Platzierung schaffte keine andere Reiterin in diesem berühmt-berüchtigten Rennen in Aintree.

5. Lizzie Kelly

Lizzie Kelly, Foto: TT
Lizzie Kelly, Foto: TT

Die Entwicklung der Engländerin Lizzie Kelly war sicherlich sehr ungewöhnlich, weshalb ich sie auf meine Liste setzen möchte, obwohl es etliche Alternativen geben würde. Sie begann ihre Laufbahn als Springreiterin, ehe sie zu den Rennpferden wechselte.

2015 gab es einen historischen Moment, als sie die erste Frau wurde, die in Großbritannien mit Tea for Two ein Hindernisrennen der höchsten Kategorie gewann. Von da an ging es in ihrer Laufbahn natürlich weiter steil bergauf. Mit diesem Pferd sicherte sie sich ein weiteres Grade I-Rennen und holte sich mit Agrapart das Betfair Hurdle in Newbury, das ist das wertvollste Handicap-Hurdle in ganz Europa.

Mit gerade einmal 25 Jahren und damals noch am Beginn ihrer Karriere war Kelly auch die zweite Frau, die im Cheltenham Gold Cup ritt (das Pferd Tea for Two) bevor sie 2017 auch beim Cheltenham Festival mit Coo Star Sivola erfolgreich war.

Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Liste subjektiv ist. Man hätte noch einige andere hocherfolgreiche Reiterinnen nehmen können, wie zum Beispiel Claire Balding, die später eine Karriere als TV-Moderatorin in England startete oder Rosie Napravnik und Chantal Sutherland, die in den USA für Furore sorgten. Bei uns ragt aktuell Sibylle Vogt heraus. Ohne die Damen geht in den deutschen Rennställen nur sehr wenig. Auch ich gebe ihnen gerne eine Chance. Vor allem Maike Riehl, die ich für sehr talentiert halte, setze ich gerne auf meine Pferde.“

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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