Michael Cadeddu über das Gestüt Schlenderhan

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Das Gestüt Schlenderhan gehört zu den bekanntesten und traditionsreichsten Gestüten in Deutschland und weltweit. Das muss nicht extra betont werden. In diesem Blog berichtet unser RaceBets Ambassador über seine persönlichen Schlenderhan Beziehungen. Er hat dort in seinen Anfängen erste Erfahrungen in Deutschland gesammelt, ritt mit Guignol seinen größten Sieger für die Familie Ullmann und war im Oktober wie viele andere aus dem deutschen Galopprennsport schockiert, als er kurz nach den großen Feierlichkeiten zum Schlenderhaner Jubiläum erfahren musste, dass die Trainingsanlage geschlossen wird.

Guignol siegt unter Michael Cadeddu im Pastorius Grosser Preis von Bayern, Gr.I
Guignol siegt unter Michael Cadeddu im Pastorius Grosser Preis von Bayern, Gruppe 1 am 01.11.2016 in München.

Er arbeitet bereits bei Trainer Markus Klug im Gestüt Röttgen, ist über die Entwicklung in Sachen Gestüt/Trainingsanlage natürlich enttäuscht. Denn mit Schlenderhan ansich verbindet er fast nur Positives.

Michael Cadeddu und Schlenderhan: Eine Familie

„Ich gehöre zu den Jockeys in Deutschland, die eine Verbindung zum Gestüt Schlenderhan und zur Familie Ullmann haben. Das liegt an meiner persönlichen Geschichte, auf die ich in diesem Blog als erstes zurück blicken möchte. Ich habe eine herzliche Beziehung zu dieser unvergleichlichen Zuchtstätte und habe viele tolle menschliche Erfahrungen gesammelt.

Im Jahr 2008 war ich das erste Mal da. Alles kam durch eine Freundschaft aus Meran. Ein Bekannter kannte Jens Hirschberger, den damaligen Schlenderhaner Trainer. Und der wollte mir eine Chance geben, was sich im Nachhinein als ein Wink des Schicksals heraus stellte. Es ging um ein paar Monate. Ich war jung, wollte was Neues sehen. Warum nicht Deutschland, fragte ich mich, zumal ich die Sprache konnte. Ich kam an und sah eine tolle Bahn für das Training. Das war einfach gesagt eine gute Chance.

Stuten mit Fohlen im Gestüt Schlenderhan
Stuten mit Fohlen im Gestüt Schlenderhan

Als ich ankam, habe ich mich schnell wohl gefühlt. Nach einer Woche war es wie mein Zuhause. Damals war noch Paul Harley der  Racing Manager. Wir hatten damals einige außergewöhnliche Pferde im Training. Für mich war aber ebenso toll, dass der Trainer mir viele Chancen im Rennen gab. Bei meinem ersten Ritt für den Stall war ich direkt Zweiter mit der zweiten Farbe vom Baron. Das war großartig.

Ich durfte damals im Gestüt wohnen. Wir waren wie eine Familie. Mit Jens verbindet mich eine super Freundschaft – und dies bis heute. Ich nenne ihn Papa. Weil ich mich so wohl fühlte, kam ich im Jahr 2011 zurück. Ich musste Deutschland nämlich 2009 verlassen. Ich war ja Schauspieler in Italien und hatte bereits einen Vertrag mit einer Serie unterschrieben für die ich bereits für Jahre vor der Kamera gestanden hatte.

Schlenderhaner
Schlenderhaner

Als das alles vorbei war, wollte ich nur noch Rennen reiten. Und Jens hat mich gebraucht. Kurz gesagt: ich wollte zurück zu meiner zweiten Familie. Das Lustige war: sogar der Baron wollte nicht mehr, dass ich gehe. Und schenkte mir ein Pferd… Alles endete, als ich eine blöde Sperre bekam. Ich sagte ich mache Urlaub – und kam erst ein paar Jahre später zurück. Im Jahr 2016 heuerte ich wieder in Schlenderhan an. Meine alte Wohnung war natürlich belegt. Mit meiner Frau bezog ich ein Häuschen nicht weit weg.

Die Schließung der Trainingsanlage war wie bereits an anderer Stelle beschrieben, seelisch ein harter Schlag. Klar war man nicht immer zufrieden. Mal bekam man die gewünschten Ritte nicht und so, und war etwas enttäuscht. Aber die Arbeit, das Private, das war speziell auf Schlenderhan. Und dann waren da einfach tolle Pferde – echte Granaten – und sind es noch. Was die Entwicklung betrifft, möchte ich sagen: Man denkt nicht, dass sich so etwas ändert, muss es aber akzeptieren. Der Punkt ist gekommen, wo man weiter guckt. Bei mir ist das der Stall von Markus Klug.

Schlenderhaner Trainingsanlage
Schlenderhaner Trainingsanlage

Apropos Reiten und Schlenderhan: wenn man einmal ein wenig über dieses Thema nachdenkt, kann man in meinem Beruf überhaupt nicht sagen, wie viele Pferde man geritten hat, die auf diese Zucht zurück gingen. Ich meine damit die nicht Hengst, Stute und Wallache, die in diesem Gestüt gezüchtet worden sind. Internationale Stutenlinien haben viele Pferde in die Welt gebracht, die in der ganzen Welt erfolgreich sind. Es gibt bekanntlich eine Reihe von Deckhengsten, die auf diese Linie zurückgehen. Aktuell nennen kann man da unter anderem Galileo. Das bedeutet, dass man in einem kleinen Rennen oder in einem großen in Deutschland, Frankreich, Italien oder sonstwo vielleicht auf einem Pferd sitzt, das seinen Ursprung im Gestüt Schlenderhan hat. Wenn man darüber nachdenkt, ist das äußerst beeindruckend.

Auch wenn ich nur ein kleiner Teil bin, freue ich mich doch sehr, eine kleine Rolle mit Schlenderhan Bezug spielen zu können. Das kann schließlich nicht jeder Jockey von sich sagen.

Es war eine tolle Zeit

Baron von Ullmann und das Gestüt Schlenderhan sind natürlich irgendwie ein und dasselbe. Das möchte ich an dieser Stelle vorausschicken. Es handelt sich um die gleiche Familie. Ich kenne es eigentlich nicht anders, als dass die Pferde aus diesem Besitz in der Nähe des Gestüts in Bergheim trainiert worden sind. Als ich das erste Mal aus Italien nach Deutschland gekommen bin, habe ich auf dieser Anlage wie erwähnt gewohnt. Mich verbindet mit ihr also einiges, was andere Menschen nicht erlebt haben.

Gestüt Schlenderhan
Gestüt Schlenderhan

Ich weiß nicht wie oft ich hier geritten bin am Morgen, wie viele Pferde es letztlich waren. Es müssen tausende Ritte gewesen sein der Logik nach. Umso trauriger finde ich es, dass der Trainingsbetrieb aufgegeben werden muss. Die Nachricht der Schließung der Trainingsanlage gab es wirklich ohne größere Vorwarnung wenige Tage zuvor wurde noch das Jubiläum gefeiert. Viele Ehrengäste waren vor Ort, auch wir angestellt. Es war ein netter Tag, den ich nicht missen möchte.

Ich werde die Anlage sehr vermissen. Ja, ich war in der Vergangenheit mal auf dem Schloss und weiß wie es dort aussieht. So etwas ist ein beeindruckendes Erlebnis und wer die Chance auf einen Besuch wahrnehmen kann, sollte es tun.

Das Dress von Schlenderhan und auch das von Baron von Ullmann zu tragen, war mir immer eine Ehre. Ich hoffe ich darf es auch in den kommenden Jahren noch mehrfach anziehen. Man weiß einfach, dass man gute Pferde unter dem Sattel hat. Wenn man sich dann überlegt, was für tolle Tiere bereits gezüchtet worden sind und Erfolge feiern, verschlägt es einem fast den Atem.

Guignol siegt unter Michael Cadeddu im Pastorius Grosser Preis von Bayern, Gr.I
Guignol siegt unter Michael Cadeddu im Pastorius Grosser Preis von Bayern, Gruppe 1 am 01.11.2016 in München.

Ich habe in der Vergangenheit wie erwähnt im Training so manch späteren und aktuellen Superstar erleben dürft. Teilweise auch unter dem Sattel. Zum Glück wird weiter gezüchtet und dies sicherlich auf dem bekannten hohen Niveau. International betrachtet kennt jeder diese Zucht. Ich kann das deshalb ganz gut beurteilen, weil sie natürlich auch in Italien bekannt ist. Und als ich noch nicht in Deutschland aktiv war, wusste ich bereits etwas mit dem Begriff Gestüt Schlenderhan anzufangen.

Die Schlenderhaner Vergangenheit

Die Historie dieses Gestüts ist beeindruckend ohne jede Einschränkung. Natürlich informiert man sich in meinem Job über alles Mögliche und die historischen Begebenheiten sind mir mit den Jahren immer wieder zu Ohren gekommen. Damit meine ich die aus vergangenen Jahrhunderten ebenso wie die beispielsweise rund um Monsun, der auf diesem Gestüt gedeckt hat und mit seinen Nachkommen quasi die Welt erobert. Ob es jemals wieder so ein Pferd in Deutschland geben wird? Da darf man wohl zweifeln. Er war in den letzten Jahren seines Lebens blind, das ist eine der Geschichten, die mehr sind als eine kleine Randnotiz.

Championdeckhengst Monsun
Championdeckhengst Monsun im Portrait am 23.09.2010 im Gestüt Schlenderhan.

Schwarzgold ist eine Stute, die vor dem Zweiten Weltkrieg für Schlagzeilen sorgte. Und dann sind da die ganzen Derbysieger. Solche Pferde wurden auf diesem Gestüt gezüchtet. Trainiert worden ist hier erst in der letzten Dekade. Ob es vor Jahrzehnten schon einmal Versuche gab, weiß ich nicht genau. Die Derbysieger Adlerflug und Wiener Walzer wurden auf diese Anlage trainiert. Und ich habe sie im Training erlebt.

Meine Vergangenheit mit Schlenderhan

Als ich aus schauspielerischen Gründen nach Italien zurück gegangen bin, verließ ich also in erster Linie Schlenderhan. Hier habe ich wie erwähnt meine ersten Schritte im deutschen Galopprennsport gemacht. Ich kam bekanntlich zurück. Und wieder war ich in Bergheim, damals wie angedeutet noch bei Racing Manager Paul Harley und Trainer „Papa“ Jens Hirschberger. Als Jean-Pierre Carvalho als Nachfolger übernahm, gehörte ich später zum Team. Ich war nie der Stalljockey, aber ich nahm einige Ritte war. Und es waren, wie mein größter Erfolg beweist, wirklich gute Pferde dabei. Auch wenn die damaligen Umstände mit dem Sieg in der Gruppe 1 in München am Stall so nicht erwartet worden waren. Einige Ritte in größeren Aufgaben hätte ich mir nicht nur zugetraut. Ich hätte sie mir gewünscht, habe sie teilweise erwartet, war doch das eine oder andere Mal enttäuscht, um es einmal so zu formulieren.

Deckhengst Guignol bei Route des Etalons
Deckhengst Guignol bei Route des Etalons am 19.01.2019.

Ich möchte meine Verbindung zu diesem Besitzer noch einmal damit betonen, dass ich mich selbst zitieren. Sowohl als es um das Thema meiner größten Enttäuschungen im Sport ging als auch um meinen größten Erfolg habe ich nämlich ein Pferd genannt, welches auf der Anlage in Berkheim trainiert worden ist. Guignol.

>>Einer meiner größten Erfolge steht in Verbindung mit einer meiner größten Enttäuschungen der Vergangenheit. Am 1. November 2016 gewann ich mit Guignol den Großen Preis von Bayern als großer Außenseiter nach einem Rennen von der Spitze aus. Eigentlich waren wir Pacemaker für Savoir Vivre. 335:10 zahlte Guignol damals. Er ist jetzt Deckhengst, natürlich auch wegen dieses großen Sieges. Ich kannte ihn aus dem Training, hatte mich sehr gefreut, dass ich ihn in einem solch wichtigen Rennen reiten durfte. Es war leider mein letzter Ritt auf ihm. In seinen sechs Rennen in der folgenden Saison erhielt ich keine neue Chance. Auch bei seinem letzten Karrierestart im Juni 2018 in Baden-Baden saß ich nicht im Sattel. Das finde ich heute noch immer schade. Dies ist nicht gegen Filip Minarik gerichtet, der die weiteren großen Siege mit dem Hengst erzielte. <<

Das ist das, was ich über das Gestüt Schlenderhan alles sagen kann.“

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