Nach dem Mistwetter der letzten Wochen stapelten sich in unserer heimatlichen 20 x 40er Halle die Reiter. Hier übt ein Dressurreiter Seitengänge, dort kringelt ein Springreiter von rechts nach links einen fliegenden Wechsel nach dem anderen. Der Senior bleibt manchmal auch aus vollem Galopp ohne Vorwarnung stehen und die sehr nette Freizeitreiterin kann ihr übergewichtiges Pony nur mäßig gut lenken.
Genau das, was einem geladenen, jungen Vollblüter Spaß macht … Glücklicherweise haben wir einen erstklassigen Dressurtrainer am Stall: einen Pferdewirtschaftsmeister und langjährigen Richter, der uns an dieser Front sehr gut weiterhilft. Springen – also Parcours reiten über bunte Stangen – ist eine andere Baustelle. Aber eine, die Duke als Buschpferd ( = Triathlon) nicht aus den Augen verlieren darf.
Zeit für einen Fluchtplan
Das kleine, aber feine Unterschied zwischen Renn- und Reitsport: Im Reitsport kann man sein Pferd auf kurzem Dienstweg auf den Hänger packen und genau den Trainer ansteuern, den man gerade braucht. In meinem Fall war es die große Halle der Reitanlage Battenberg im Allgäu. Nagelneuer, griffig federnder Boden. Nette Buschreiterkollegen. Und zwei Tage Springtraining beim bayerischen Top-Trainer Andreas Brenner.
Springtraining mit Andreas Brenner
Ruhe und Routine
Beim Reisen zeigte sich Duke mal wieder von seiner besten Seite: So lange eine Schüssel seines liebsten Kräutermüslis und ein vollen Heunetz an Bord ist, kann man ihn auch problemlos alleine verladen. Die Gastbox und die vielen fremden Pferde interessierten ihn deutlich weniger, als das regionale Futterangebot.
In der fremden Reithalle angekommen, hatten wir erst einmal das übliche Problem: Duke hielt vor Aufregung die Luft an und lief die ersten Runden wie ein Brett (wenn er sich auf einen fliegenden Start vorbereitet, drückt er noch gegen den Zügel und versucht, ein Hohlkreuz zu machen).
Wenn lauter kritischen Augen ( = “Bandenprofis” im Publikum) auf dich gerichtet sind, finde ich solche Momente ehrlich gesagt schwierig. Die Nerven behalten. Ruhig durchatmen. Weiter reiten. Fein bleiben. Und vorsichtig das Pferd lockern und Vertrauen ausstrahlen, statt schnell über Handeinwirkung den Kopf in die vermeintlich richtige Position zu bringen. Aber das Wohl des Pferdes geht vor …
Meine Meinung zum Reitsport-Trend “Kopf runter um jeden Preis” hatte ich ja bereits im Artikel “Runder Hals = Gesunder Rücken?” geäußert …
My Pony is a Superstar
Von Runde zu Runde wurde Duke ruhiger und lockerer und bis das tatsächliche Springtraining losging, atmete er wieder normal und zeigte fast seine Heimatform. Bei den ersten Sprüngen merkte man noch, dass wir zuletzt auf engem Raum bei viel Verkehr gearbeitet hatten. Doch Duke fand schnell Gefallen an der großen Halle und dem erstklassigen Boden und mit freundlicher Unterstützung des Trainers hatten wir zügig einen guten und großen Parcours-Galopp eingestellt.
Ab da lag es an mir, eine positive Spannung in dem großen und schlacksigen Youngster zu halten. Den Rhythmus auch in Kombination (1 bis 2 Galoppsprünge zwischen den Hindernissen), Distanz (3 bis 5 Galoppsprünge zwischen den Hindernissen) und Wendungen zu erhalten.
Was soll ich sagen? Ich war sicherlich nicht perfekt. Aber der kleine Duke war ein Superstar. Das fand sogar der Trainer; bei einem Vollblut ist das leider erwähnenswert. Doch bisher hat es mein Rennpferd (und mit 60 Kilo GAG war Duke sogar ein passables Rennpferd) bei ausnahmslos jedem Reitsport-Trainer geschafft, die teils eingefleischte Abneigung gegen Vollblüter aufzuweichen.
Hier und da fiel im Training mal eine Stange (was später auf Turnieren ordentlich Punkte kostet), doch das war eher mangelnder Routine und einem noch nicht perfekten Körpergefühl geschuldet. Herz hat der kleine Mann. Und ein bisschen Talent hat er auch.