Traditionell gehe ich jeden Januar Hengste gucken. Im Gestüt Röttgen, wenn zum Züchtertreff geladen wird. Ihr kennt das Gestüt sicherlich, selbst wenn ihr noch nie da wart. Aber wer schon mal ein Pferdebuch aufgeschlagen hat, der kennt Rötten. Ich glaube, ich weiß kein Pferdebuch das damals ohne die ikonische Aufnahme vom riesigen Stutenstall ausgeliefert wurde – nur echt mit Blingbling und schön poliertem Holz. Ich bin mir sicher, dass der ein oder andere jetzt sein Pferdebuch aufschlägt, weil er genau weiß, welches Bild ich meine. Auf der Rennbahn erkennt man das Gestüt auch sehr schnell. Schließlich ist der Renndress den 4711 Flaschen nachempfunden, die den Gestütsgründern zu internationaler Bekanntheit verhalfen. Isch ‘abe gar keine Zuchtstute, aber wenn ich eine hätte, gefällt mir auf der Präsentation immer ein Hengst mindestens und der Besuch würde mich eigentlich immer ins Dilemma stürzen. Einer der Herren wäre aber gesetzt.
Und das sage ich eigentlich jedes Jahr. Allerdings wird er auch jedes Jahr schöner: Destino. Destino war Zweiter im Derby und ist Gruppe-Sieger, allerdings jetzt nicht so hochdekoriert wie andere Deckhengste, die dort vorgestellt werden und seine Nachkommen waren teilweise noch gar nicht auf der Bahn, was meiner Faszination für ihn allerdings keinen Abbruch tut. Denn Destino ist einfach einer, der Ausstrahlung hat. Und dafür sorgt sicherlich auch seine imposante Form, der Hintern macht die Quarter neidisch und mit dem Hals würde der unter einer Gruppe Dressurstrampler nicht mal auffallen. Destino ist schlichtweg schön, einfach wohlgestalt und hat dazu dann auch noch ein bisschen den: “Platz da, hier bin ich”-Blick. Einer, der einfach auffällt. Vom Pedigree und von der Eigenleistung mag er also nicht so interessant wie andere sein (allen voran Japan, der mit Galileo als Vater punkten kann), aber an Destino kommt man mit Blicken nicht vorbei.
Zwölf Deckhengste gab es zu sehen, Accon, der mit Best Solution angereist war, war allerdings dann vor der Präsentation ein bisschen unpässlich, daher hat man darauf verzichtet, ihn jetzt vorzuführen. Für ein paar Showeinlagen sorgte Nerik, der die sehr tief fliegenden Flugzeuge über dem Gestüt etwas empörend fand (oder animierend), das tat aber der Begeisterung für dieses optisch einfach sehr schöne Pferd keinen Abbruch. Sowohl Nerik als auch Alter Adler sorgten für die Farbakzente in der Präsentation, beides sehr bunte Füchse, wovon gerade Alter Adler natürlich dadurch interessant ist, dass sein Vater Adlerflug heißt. Den hat allerdings auch der eisenharte Iquitos zum Vater und vermutlich wäre der meine erste Wahl, wenn ich Adlerflug-Blut haben möchte, weil er eben auch schon zwei sehr gute Pferde gebracht hat (denn Torquator Tasso könnte ich mir nicht leisten).
Die Röttgener-Hengste, tja, für die ist das sowieso ein alter Hut. Die sind dort zuhause und präsentieren sich sowieso gewohnt gechillt. Millowitsch vor allem, den finde ich jedes Jahr wahnsinnig entspannt. Windstoß, der Derbysieger von 2017 ist ebenfalls noch recht frisch am Markt, daher kann man über seine Nachzucht noch nicht viel sagen, allerdings hat er eines der deutschesten Pedigrees überhaupt und die Mutterlinie ist dazu noch superstark. Außerdem stammt Windstoß von Shirocco (Deutschlands Breeders’ Cup Sieger) und bringt sowohl mütterlicherseits, als auch väterlicherseits Königsstuhl-Blut mit (bekanntlich der einzige Triple Crown Sieger in Deutschland).
Falls ihr also mal mit dem Gedanken spielt, euch ein Vollblut-Fohlen zu ziehen, dann geht definitiv mal Hengste gucken. Muss ja jetzt nicht direkt das Teuerste vom Teuren her, vor allem, wenn man noch neu im Metier ist. Aber hier gibt es für jeden Geldbeutel und jede Stute was. Und es gibt Gulasch!