Zuhören? Vielleicht später

Datum:

Teilen:

Hin und wieder muss man sein Wissen über ein Rennpferd teilen. Weil man nicht möchte, dass irgendwer zu Schaden kommt. Das greift immer dann, wenn ein “Neuer” in den Stall kommt, oder aber ein Kollege, der mit dem Pferd noch nie etwas zu tun hatte, dabei ist. Oder ein neuer Jockey, der das Pferd noch nicht kennt, auftaucht. 

Dumm nur: Ich bin eine Frau. Manche Kollegen wollen nicht von einer Frau belehrt werden (obwohl sie fragen) und noch blöder: Das Pferd wirkt doch soooo nett, das wird immer nur von den Ladys geritten – was soll man DA denn verkehrt machen? Was automatisch im Umkehrschluss wohl irgendwie heißt, dass es total easy ist dieses Pferd zu reiten. Können ja sogar die Weiber. Dass das Gegenteil der Fall ist und sich jeder (egal ob Männlein oder Weiblein) bei manchen Pferden auf ein paar Besonderheiten gefasst machen muss – weil er sonst eventuell keine Runde überlebt? Egal. Bloß nicht hören. Alle keine Ahnung außer Mutti. 

Dabei meine ich das ernst. Und auch sonst jeder, der gefragt wird. Ganz schlimm ist das im Rennstall, weil man natürlich auch schneller als die anderen unterwegs ist. Und wenn ich: „Gib acht bei den Blumen hinten“, sage und dann vom Stall aus sehe, wie Pferd und Reiter ein Katapult nachahmen (wobei der Jockey die Kugel ist), dann weiß ich ganz genau, der hat das kein bisschen ernstgenommen. 

Und wenn ich sage: „Pass am Übergang auf, der springt“, dann heißt das nicht, dass man ausgerechnet da gar nichts tut und sich mit Pferd auf die Nase legt, weil das Pferd genau das getan hat, was ich vorhergesagt habe. Warum sollte es auch was anderes tun, das tut es jeden verdammten Tag!

Es tröstet mich sehr, dass auch gerne mal von männlichen Kollegen AUF männliche Kollegen nie gehört wird. “Jaja, dem muss man nur Beine machen.” Sprach’s und sah sich auf der Grasbahn wieder. Dabei war er vorher auf der Sandbahn. Und dazwischen standen Rails und eine Hecke. Während der reguläre Arbeitsreiter dahinter aufm Pferd sitzt und sich auch nur denkt: Warum fragst du eigentlich, wenn du gar nicht hören willst? 

Ich frage immer, bevor ich auf ein fremdes Pferd steige. Muss ich was beachten? Gibt es da irgendwas, das dieses Pferd nicht abkann? Primär, weil ich gar keine Lust habe runterzufallen. Aber ich will ja auch nicht, dass sich das Pferd aufgrund meines Unwissens tut. In einem Rennstall waren die Leute völlig damit überfordert, dass ich (weil erster Tag) zu jedem Pferd gefragt habe. 

„Haste Schiss?“, war dann deren Gegenfrage. Nö … aber nicht mein Pferd, nicht meine Regeln. Darf man Zügel lang lassen? Kann man den gut aufnehmen? Hängt der? Ich weiß das gerne. Ein eigenes Bild kann ich mir beim Draufsitzen ja immer noch machen. Aber ich hatte auch mal ne Kollegin, die gerne vorher gewusst hätte, dass dieses Pferd aus dem Ausgang rausläuft. Und zwar im Canter und im 90° Winkel. Immer. Mindestens jeden zweiten Tag. Die war dann weg. Wir fanden sie irgendwo auf dem Sandweg zur Bahn hoch. Wirkte etwas desorientiert. 

Jetzt zu RaceBets

Nika S. Daveron
Nika S. Daveronhttp://www.arschlochpferd.de
Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

Top-Beiträge

Vorschau für Französische Rennen
Die Englische Videovorschau für die USA
RaceBets Million
RaceBets Archive

Related articles

Turfteufel Keine neue Diskussion: BGG gegen BV

Wer gestern ganz unbedarft mal die rennsportlichen Online-Medien aufgeschlagen hat, den überraschte vielleicht die Nachricht, dass die BGG...

Turfteufel: Über die Rennpferdezucht

Gäbe es eine korrekte Anleitung dafür, dann hätten alle nur Cracks am laufenden Band und wir könnten alle...

Turfteufel: Winter im Rennstall

Winter im Rennstall wirkt auf den ersten Blick wie eine recht trostlose Zeit. Kein Wunder, es wird dauernd...

Turfteufel: Die Japan Cup Vorschau

Nun ist es wirklich so weit, wir haben uns ja vor zwei Wochen schon mal mit Japan beschäftigt,...