9 Wochen ist Dukes Kolik-OP (Milz-Nierenband-Kolik) inzwischen her und vergangene Woche kam endlich die erhoffte Meldung: Die Bauchnaht ist tadellos verheilt. 2 Monate haben wir die Füße stillgehalten: Aus vollem Training die Vollbremsung auf Boxenruhe. Stehen. Bergeweise Heu und regelmäßig Mash essen. 3 x täglich eine kleine Runde Schritt führen. Auf einem kleinen Spänepaddock durfte er stehen und die Sonne genießen. Später auch auf einem abgesperrten Stückchen Rasen etwas Gras knabbern.
Schonkost und Ruhe: Der fünfjährige Vollblüter hat‘s erstaunlich brav mitgemacht. Doch die Motivation nimmt von Woche zu Woche zu, während von der Muskulatur kaum etwas geblieben ist. Eine riskante Phase.
Von Null vorsichtig wieder losgehen
Nun stehen weitere 8 Wochen des Antrainierens vor uns: Denn Duke ist aktuell ja nicht einmal mehr koppelfit. Chronisch gelangweilt und kaum bemuskelt: Eine gefährliche Mischung, die bei einem unbedachten Bocksprung allzu leicht Fesselträger- oder Sehnenschäden mit sich bringen kann. „Gib ihm Zeit“, lautet schon jetzt der ungefragte Rat einiger Bandenexperten, doch gerade das werde ich nicht tun.
„Gerade bei Pferden, die während der Boxenruhe stark abgebaut haben, kann die Muskulatur schneller übersäuern und ist somit anfälliger für Schädigungen, wie beispielsweise Muskelfaserrisse“, warnt meine Futterberaterin, Tierärztin Dr. Caroline Fritz. „Hier kann man durch Zugabe von antioxidativ wirksamen Substanzen (Vitamin C, Vitamin E, Selen) vorbeugen.“ … und natürlich durch gezielte, kontrollierte Bewegung. Zeit bekommt Duke, sobald er wieder fit genug für eine Yippie-Ki-Yeay-Aktion auf der Koppel ist. Bis dahin halten wir uns an den tierärztlich verordneten Bewegungsplan.
Die erste von 4 Wochen mit steigender Trab-Arbeit liegen hinter uns: Inzwischen darf ich Duke auch wieder reiten. Bei seinen ersten Trab-Tritten hatte ich ehrlich gesagt feuchte Augen: Man konnte ihm förmlich ansehen, wie viel Angst er hatte und wie er auf die kommenden Schmerzen wartete. Dann kam die Erkenntnis: Bewegen tut ja gar nicht (mehr) weh. Seither wird der Rote von Tag zu Tag mutiger und munterer. 2 x hat er schon ein paar Bocksprünge eingelegt und versucht loszudüsen: Da er aktuell einfach noch ziemlich schwach ist, lassen sich die Anflüge von Größenwahn (noch!) problemlos parieren.
Schonende Aufbau-Fütterung
Fütterung ist in dieser Lage natürlich ein heikles Thema. Eigentlich müsste Duke gezielt gefüttert werden, um den Muskelaufbau zu forcieren: In der Vergangenheit hatte sich ja gezeigt, dass er besonders auf Proteine im Futter sehr schnell und sehr positiv reagiert. Doch will und darf ich den empfindlichen Verdauungstrakt nicht überstrapazieren.
„Beim Wiederaufbau von Rekovaleszenten ist im Hinblick auf die Muskulatur natürlich in erster Linie die Fütterung von hochverdaulichem Protein sinnvoll“, so Dr. Fritz. Natürlich erst, wenn auch das Training wieder hochgefahren wird. “Hierbei ist darauf zu achten, dass die für den Muskelaufbau essentiellen Aminosäuren (in erster Linie Lysin) in ausreichender Menge vorhanden sind.” Oft seien Pferde in der Rekonvaleszenz – in Abhängigkeit von der Grunderkrankung – auch geschwächt, wodurch die Infektanfälligkeit zunehmen könne. Um Pferden nach einer OP oder einem langen Klinikaufenthalt wieder zu Kräften zu verhelfen, empfiehlt Dr. Caroline Fritz die Zufuhr rasch verfügbarer Energie sowie auch hochverdaulichen Proteins in Form von Aminosäuren. Dies sei einerseits wichtig, um den Abbau von körpereigenem Protein zu stoppen bzw. zu verlangsamen und andererseits, um den Pferden durch schnell verfügbare Energie zu Kräften zu verhelfen. “Zusätzlich eignen sich gerade bei stark geschwächten Pferden die Gabe von Substanzen, die sich positiv auf das Immunsystem sowie die Zellneubildung auswirken (Vitamin A, Vitamin C, Vitamin E, Zink, BVitamine, Folsäure).”
Wie lange dauert der Wideraufbau?
“Der Zeitraum für den Wiederaufbau ist sehr stark davon abhängig, wie sich das Pferd individuell entwickelt”, so Dr. Caroline Fritz. “Auch hier spielt die Rasse eine Rolle. Tendenziell tun sich höher im Blut stehende Pferde bei vergleichbarem Training und einer entsprechend reich an qualitativ hochwertigem Protein angebotenen Ration leichter, innerhalb weniger Wochen Muskelmasse aufzubauen. Jedoch spielen hier natürlich der Krankheitsverlauf sowie die Fortschritte in der Genesung sowie natürlich auch eventuelle Rückfälle eine große Rolle.”
Prinzipiell solle man für den Wiederaufbau der Muskulatur – je nachdem, wieviel das Pferd während der Krankheitsphase verloren hat und in welcher körperlichen Verfassung es sich aktuell befindet – 4 bis 6 Wochen einkalkulieren und dem Pferd auch die Zeit geben, die es braucht.
Wiederaufbau in der Praxis: Duke macht kleine Schritte
In der Praxis habe ich mich für kleine Schritte vorwärts entschieden, aber auch sehr bewusst gegen den Stillstand. In Woche 9 nach der Operation darf Duke 40 Minuten auf ein abgestecktes Stückchen Koppel: wir steigern das Gras-Pensum minutenweise. Das SchrittPensum durften wir gestern von 40 auf 50 Minuten steigern; dazu traben wir minutenweise.
Da Duke immer noch viel Zeit in der Box verbringt, gehe ich für die Bewegung möglichst viel an die frische Luft: statt Reit- oder Longierhalle gehen wir spazieren oder Ausreiten.
Auch bei der Fütterung gehe ich in Mini-Schritten vor. Während der Pause bekam er neben Heu und Mash nur 3 x täglich etwas Luzerne, in die ich seine Medikamente mischen konnte. Dazu Hämolytan, ein Zusatzfutter, das die Synthese roter Blutkörperchen unterstützt und die Regeneration verbessert. Im Nachklang der lebensbedrohlichen Lungenentzündung füttere ich immer noch Secreta Max zur Unterstützung des Atmungssystems. Seit sich Duke wieder mehr bewegen darf, habe ich das Hämoytan langsam abgesetzt und gegen ein gutes Mineralfutter getauscht. Die Hafer-Menge wird von Tag zu Tag körnerweise gesteigert: Ein Umstand, den Duke mit einem begeisterten Wiehern kommentiert hat.