Man mag es kaum glauben, aber der Blick in den Ausweis trügt nicht: Horst Rudolph hat sich mit seinen 81 Jahren nicht nur fabelhaft gehalten, er ist auch unverändert ein sehr erfolgreicher Altmeister unter den deutschen Galopp-Trainerin geblieben. Exklusiv im Insider-Talk auf dem RaceBets-Blog berichtet der Mannheimer über sein Leben rund um die Galopper.
Nach den 17 Erfolgen in 2019 lief es mit neun Treffern trotz der Corona-bedingten Einschränkungen auch 2020 gut für Sie. Wie zufrieden waren Sie mit der vergangenen Saison? Was bedeuteten Ihnen die beiden Siege in Baden-Baden mit Irukandji?
„Siege in Baden-Baden sind mit die schönsten Erfolge“
Horst Rudolph: Trotz der Einschränkungen durch Corona war ich mit der Saison 2020 doch sehr zufrieden. 9 Siege mit 5 Pferden war schon sehr ordentlich. Dies ergab einen Siegschnitt von über 20 % und immerhin Rang 3 in der Besitzertrainer-Rangliste. Wobei hier natürlich auch gesagt werden muss, dass manche Besitzertrainer gut die doppelte Zahl an Pferden auf der Trainingsliste hatten wie ich.
Siege in Baden Baden sind natürlich gerade auch als Besitzertrainer mit die schönsten Erfolge. Der erste Sieg von Irukandji war ja auch gleichzeitig das erste Rennen unter meiner Regie. Ich hatte schon erwartet, dass er in die Geldränge läuft. Aber dass er gleich gewinnt, war natürlich super. Beim zweiten Sieg im Amateurrennen gab es vorher einige Unstimmigkeiten und Fragezeichen. Ich kannte den spanischen Amateur nicht und wusste somit natürlich nicht, was er kann und ob er mit dem Pferd zurechtkommt. Irukandji ist teilweise etwas schwierig zu reiten. Dann war es so, dass es hieß, dass durch die Einreisebestimmungen wegen Corona der Reiter doch nicht vor Ort sein wird. So hatte ich schon mit Kevin Woodburn telefoniert, dass er als Ersatz einspringt. Als wir dann aber auf der Bahn ankamen wurde mir gesagt, dass der Reiter doch anwesend war. Er ist dann auch wirklich sehr ordentlich geritten und hat gewonnen.
Allein vier Treffer landete dieser Wallach. Können Sie seinen Werdegang beschreiben? Was ist 2021 mit ihm möglich?
Horst Rudolph: Er kam im November 2019 von Trainer Frank Fuhrmann. Dort hatte er bei seinem letzten Rennen für ihn in Magdeburg, wo er Dritter wurde, eigentlich seinen ersten Ansatz gezeigt. Dann ging es ja leider in die doch sehr lange Pause durch Corona. So kam er dann im Mai in Baden- Baden das erste Mal an den Start. Im Training und auch in den Rennen wurde er mit der Zeit sehr heftig und war auch nicht immer einfach zu reiten. Miguel Lopez hat sich dann gut mit ihm arrangieren können und hat mit ihm noch zwei Rennen in Mannheim gewonnen, sowie noch einen zweiten und dritten Rang in Mannheim und Saarbrücken geholt. Nach einem Trainingsunfall hat er inzwischen den Stall verlassen. Bahnkenntnis ist ein großer Vorteil in Mannheim.
Allein sechs Erfolge kamen auf der Heimatbahn zustande. Was sind die Gründe, dass Sie vor allem vor der Haustür mit Ihren Pferden am Start sind?
Horst Rudolph: Natürlich ist es am einfachsten, wenn die Pferde auf der Heimatbahn laufen können. Sie haben keine Anreise und kennen natürlich die Bahn, was ja gerade bei uns in Mannheim schon ein Vorteil ist. Lange Strecken fahre ich auch nicht mehr so gerne, deshalb laufen die Pferde auch nur noch selten im Rheinland, und auch die Sandbahn-Saison lasse ich inzwischen meistens aus. Ansonsten starte ich am liebsten im Südwesten, da die Fahrtzeiten nicht so lang sind.
„Marco Klein ist der Einzige, der mich in seiner Rennsport-Vita erwähnt“
Wie ist der Kontakt zu Ihren Kollegen, speziell zu Marco Klein, der ja auch durch Sie zum Rennsport gefunden hat?
Horst Rudolph: Marco Klein und ich haben ein sportlich faires Verhältnis. Es freut mich, dass er mich heute noch bei Interviews namentlich nennt und erzählt, dass er auch durch mich zum Rennsport gekommen ist. Er ist von allen der Einzige, der mich in seiner Rennsport-Vita erwähnt. Über die Jahre waren es doch einige, die in meinem Stall die ersten Schritte in den Rennsport und zur Trainer-/Besitzertrainerlizenz gemacht haben. Außerdem habe ich ein sehr gutes Verhältnis zu Tommaso Scardino. Wir sehen uns ja fast täglich bei der Morgenarbeit, wenn er an meinem Stall vorbei reitet, während ich füttere.
Mit Besitzertrainer Michael Alles habe ich guten Kontakt, da wir teilweise zu den selben Uhrzeiten trainieren und uns deshalb natürlich absprechen, wer gerade auf die Bahn geht.
Außerdem habe ich einen sehr freundschaftlichen Kontakt zu Christian von der Recke. Wir schreiben uns sehr häufig über WhatsApp.
Wie beurteilen Sie die Trainingsbedingungen in Mannheim?
Horst Rudolph: Vor ein paar Jahren wurde die Sandbahn erneuert. Dadurch können wir auch fast den ganzen Winter über durchgängig trainieren. Ansonsten ist natürlich auch von Vorteil, dass man weitestgehend ungestört trainieren kann. Die Bahn liegt ja direkt am Wald, deshalb gehen die Pferde nach dem Training auch schon mal noch eine Runde ins Gelände, damit sie auch was anderes zu sehen bekommen. Außerdem habe ich noch eine große Koppel zur Verfügung, die natürlich auch genutzt wird.
„Candy Sweet steht an erster Stelle“
Auf welche Pferde setzen Sie 2021 die größten Hoffnungen?
Horst Rudolph: Candy Sweet steht hier wohl an erster Stelle. Ich hoffe, dass sie sich mindestens im Ausgleich III etabliert und vielleicht den ein oder anderen Sieg einfährt. Dann würde ich Perviy nennen, einen fünfjährigen sieglosen Wallach, der hoffentlich nicht lange sieglos bleibt. Er kam gerade aktuell in den Stall, und ganz so viel kann ich über ihn noch gar nicht sagen. Und wenn unser Alterspräsident Pissarro Lust und Laune hat und gesund bleibt, wird er hoffentlich auch wieder für ein oder zwei Siege gut sein.
Wie sieht ein normaler Tag für Sie aus? Wer sind die Stützen in Ihrem Betrieb? Wie stark ist Ihre Familie im Unternehmen engagiert?
Horst Rudolph: Gegen 8 Uhr morgens bin ich jeden Tag im Stall zum Füttern und schaue, dass die Pferde in Ordnung sind. Nachmittags komme ich dann gegen 15 Uhr wieder, da wir da mit dem Training anfangen. Hier sind dann meistens zwischen fünf und acht junge Frauen, die die Pferde reiten und sich um sie kümmern. Da die meisten ja vorher nur freizeitmäßig geritten sind, müssen sie natürlich auch erstmal das Cantern auf der Bahn erlernen. Einige kommen nur zum Reiten, andere sind auch mehr am Rennsport interessiert und begleiten die Pferde dann auch zu den Rennen. Ich habe einen kleinen festen Stamm an Reiterinnen, die inzwischen schon etliche Jahre bei mir am Stall sind und mir nachmittags einen großen Teil der Arbeit abnehmen, da sie mit dem Ablauf vertraut sind und auf die ich mich sehr verlassen kann. Meine Frau und mein Sohn sind auch jeden Nachmittag am Stall.
„Der Umgang mit den Pferden hält mich fit“
Haben Sie schon einen Plan, wie lange Sie noch trainieren möchten? Was macht für Sie die Faszination des Berufes aus?
Horst Rudolph: Ans Aufhören denke ich überhaupt nicht. Irgendwann hatte ich einmal gesagt, „Ich trainiere bis ich umfalle„. Der Umgang mit den Pferden und die Zeit im Stall und auf den Rennbahnen hält mich fit. Und solange ich gesund bin, werde ich ganz sicher weiter machen.
Die Faszination, in meinem Fall natürlich als Hobby, da ich ja Besitzertrainer bin, ist sicherlich die Entwicklung der Pferde zu beobachten. Meistens habe ich ja Pferde, die bei Berufstrainern nicht viel gezeigt haben. Oft ist es so, dass die Pferde, die ich bekomme, durch das etwas weniger harte Training und auch den ein oder anderen Ausritt in den Wald wieder die Lust am Laufen finden. Zusätzlich habe ich auch viele Amateure am Stall, die sich teilweise zu zweit oder dritt fürsorglich um ihr Lieblingspferd kümmern.
Größter Treffer mit Lam Shuffle in einem 100.000er
An welche Siege und Pferde denken Sie besonders gerne zurück?
Horst Rudolph: Mein sicherlich größter Erfolg war 2001 mit Lam Shuffle in Hannover, als er in einem mit über 100.000 DM dotierten Listenrennen unter Jozef Bojko gewann. Auch die Stute Lonicera, die ich etwa zeitgleich trainierte, war auf Listenebene zuhause. Mit beiden Pferden bin ich sogar nach Italien gereist, wo Lam Shuffle sogar in einem Gruppe III-Rennen aufgeboten wurde.
Zu den denkwürdigsten meiner eigenen über 70 Erfolge im Rennsattel zählt sicherlich der Sieg 1981 mit Hondo in Baden Baden. Bei den aktuelleren Siegen bleiben mir der Sieg von Bill Ferdinand im Mai 2018 in Saarbrücken und von Pissarro im Juni 2018 in Baden Baden in guter Erinnerung, da beide Ritte auch noch zum „Sport-Welt TV Ritt des Monats“ gewählt wurden.
Was ist Ihr größter Wunsch für die Nach-Corona-Zeit? Wie hat sich Ihr Leben dadurch verändert?
Horst Rudolph: Das ist natürlich wie bei jedem der Wunsch, dass endlich wieder Zuschauer auf die Bahnen dürfen. Mit den Zuschauern kämen auch hoffentlich wieder die Einnahmen, die die Rennvereine dringend brauchen, damit es mit unserem tollen Sport weiter gehen kann. Natürlich müssten auch die Rennpreise wieder angehoben werden. Das wäre wohl für alle Aktiven wichtig.
Ansonsten ist die Zeit wie bei jedem anderen wesentlich ruhiger geworden. Vermissen tue ich privat wohl am meisten mein morgendliches Frühstück beim Bäcker nach dem Füttern, wo ich immer viele Freunde und Bekannte auf ein Schwätzchen getroffen habe. Auch das Grillen im Stall, wo wir oft in großer Runde gesessen haben, fehlt.