Der mysteriöse Entführungsfall Shergar
Was ist mit Shergar geschehen? Im Februar 1983 wurde dieser damals fünf Jahre alte Hengst in Irland nach seiner ersten Decksaison entführt. Es war ein wahrhaft mysteriöses Verbrechen, das praktisch ungelöst bleibt. Shergar, englischer Derbysieger von 1981 und angeblich über 15 Millionen US-Dollar wert, wurde von einer Bande mit Gewehren und Sturmhauben aus seinem Stall in der Grafschaft Kildare abtransportiert. Nach gescheiterten Versuchen, Geld für den Hengst zu verlangen, wurde dieser brutal getötet – aber seine Leiche nie gefunden.
Europas Pferd des Jahres 1981 (es hatte nie zuvor einen deutlicheren Derbysieger in England gegeben), deckte für eine Decktaxe von umgerechnet 120.000 Euro. Der Hengst hatte einen weißen Fleck im Gesicht, vier weiße „Socken“ und einen unverwechselbaren Rennstil mit heraushängender Zunge. Er galt als sanft, ruhig und freundlich. Er wurde wie erwähnt nur fünf Jahre alt, da er mitten in der Nacht aus dem Ballymany Stud entführt wurde. Seine Entführer gehörten der IRA an.
Der Ablauf der Entführung
Es war kurz nach 20 Uhr, als der Sohn von Jim Fitzgerald, Shergars im Gestüt lebender Hauptpfleger, ein Klopfen an der Tür hörte. Er öffnete und sah zwei Männer, die Sturmhauben mit Waffen trugen. Einer von ihnen sagte: „Wir sind wegen Shergar gekommen. Wir wollen 3 Millionen Pfund für ihn.„
Jim Fitzgerald, ein Vater von sechs Kindern, wurde mit vorgehaltener Waffe zu Shergars Stall gezwungen, wo sich sechs weitere maskierte Bewaffnete ihnen anschlossen. Er lud Shergar in den Pferdeanhänger, den die Männer mitgebracht hatten. Fitzgerald wurde dann mit vorgehaltener Waffe in ihr Auto gezwungen.
Verkehrsprobleme
Ein Grund, warum die Ermittlungen für die Behörden so schwierig waren, war unter anderem, dass die Entführer am Tag vor einer großen Auktion ihre Entführung in die Tat umsetzten. Viele Autos mit Pferdeanhängern fuhren durch die Straßen der Stadt. Nachdem sie ihn drei Stunden lang herumgefahren hatten, warfen die Entführer Fitzgerald aus dem Auto. Er fand den Weg zu einem Telefon und rief seinen Bruder an. Dieser Anruf führte zu einer Reihe von Telefonanrufen zwischen Shergars Anteilseignern, seinem Tierarzt, Rennmitarbeitern und mehreren irischen Ministern. Dieser Prozess wird als „Karikatur des Polizeipfuschs“ bezeichnet, da die tatsächliche Polizei erst 8 Stunden nach der Einnahme von Shergar benachrichtigt wurde, als die Entführer bereits eine lange Zeit aus der Gegend verschwunden waren.
Ein realer Krimi
Mit verschlüsselten Phrasen begannen die Entführer bald telefonische Verhandlungen mit einem Vertreter des Aga Khan (dem Besitzer von Shergar), stellten jedoch sicher, dass sie vor Ablauf von 90 Sekunden auflegten, damit die Behörden ihren Standort nicht nachverfolgen konnten. Man kennt so etwas aus Krimis. De facto war beschlossen worden, das Lösegeld nicht zu zahlen, weil man vermutete, dass in der Folge jedes Rennpferd der Welt in Gefahr wäre. Die Suche nach Shergar löste einen riesigen Mediensturm aus. Die Polizei von Dublin hatte eine Belohnung von umgerechnet über 150.000 US-Dollar für seine Rückkehr angeboten.
Leider kein Happy End
Die Entführer hatten vereinbart, mit einem Mann namens Derek Thompson zu verhandeln, der für das ITV-Rennteam gearbeitet hatte. Er flog nach Belfast, um im Europe Hotel ein Treffen abzuhalten. Er erzählte, die Szene, die ihn am Flughafen von Belfast begrüßte, sei unwirklich gewesen: „Es war, als wäre man ein Filmstar. Überall waren Kameras.“ Ungefähr 100 Kameraleute und Journalisten befanden sich im oder außerhalb des Hotels, als Thompson und seine Mitunterhändler eintrafen.
Die Männer haben nie eine Einigung erzielt. Thompson erhielt am nächsten Tag einen Anruf von den Entführern. Ein Mann sagte: „Das Pferd hat einen Unfall gehabt. Es ist tot.“ Dann legte er auf.
Was geschehen sein könnte
Es gibt verschiedene Ideen und Thesen, was mit Shergar passiert ist. Eine lautet, dass das Pferd wild geworden war und als Folge einen Unfall hatte. Eine andere geht davon aus, dass die Entführer ihn töteten, weil sie mit seiner Art nicht umgehen konnten. Natürlich wird das Pferd aufgeregt gewesen sein. Es wird angenommen, dass der hochrangige IRA-Führer Kevin Mallon der Mann ist, der den Plan der Entführung hatte und ihn umsetzte. Bestätigt ist dies nicht. Die Geschichte um Shergar bleibt mysteriös. Was die Wahrheit ist, wird niemals jemand erfahren.
Das Erbe von Shergar
Wie erwähnt war Shergar bereits eine Saison als Deckhengst aktiv gewesen. Dies bedeutet, dass man seinen Namen in einigen Pedigrees in weiter zurück liegenden Generationen lesen kann. Allerdings gab es nur 36 Nachkommen; 19 Stuten und 17 Hengste. Acht von ihm gedeckte Stuten wurden nicht tragend. Drei seiner Nachkommen gewannen Grupperennen. Authaal war immerhin im St. Leger erfolgreich. Er wurde später Deckhengst in Japan. Und er brachte somit Shergars Blut in die Welt. Man hört, dass man beispielsweise im Iran lange sehr nach diesem Blut gesucht hat. Ohne die Entführung hätte der unvergessene Hengst (nach ihm ist ein traditionsreicher Vergleichskampf der Jockeys in Ascot benannt – der Shergar Cup) im Jahr 1983 übrigens 55 Stuten decken sollen.