Turfteufel: Sind Rennpferde wirklich “teuer”?

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Immer wieder lesen wir was von einer Millionenindustrie – Rennpferde. Am besten legt man sich also gar kein Gold in den Keller sondern ein Rennpferd? Schließlich bekommt man da ja Unsummen für, wie uns diverse Zeitungen immer mal wieder erzählen. Dabei verschweigen sie jedoch, dass nicht jeder, der ein Pferd züchtet, anschließend einen Frankel hat. UND selbst wenn die Leute ein Pferd für teures Geld kaufen – so kann es danach vielleicht NIE eine Bahn betreten. Rennpferde verkaufen, um reich zu werden? Und wo kriegt man die her? Jeder Züchter lacht jetzt schon. Der Auktionserlös ist doch kein Reingewinn. Was kostet denn so ein Rennpferd im Entstehen? Und sind Rennpferde wirklich teurer als Dressurpferde, Springpferde und Westernpferde? Nö. Einfach nö. Rücken wir das mal ins rechte Licht. 

Der Durchschnittspreis auf der BBAG 2023 betrug 48.879€ bei der Jährlingsauktion. Allein der Transport zum Hengst (was ja nicht immer um die Ecke ist) und das Einstellen der Stute kostet ja schon eine Menge. Kein Wunder, dass der Decksprung teuer ist – wir reden hier von Natursprung und nicht einem schlichten Samenversand – das Risiko für den Hengsthalter bezahlt man hier mit. Denn die Stute kann ihn ganz schön verletzen (andersrum aber auch). Gehen wir mal davon aus, dass der Hengst mittelpreisig (Deutschland) ist und 5.000€ kostet. Die Stute ist ebenfalls eine Ausgabe, die ist mir ja nicht zugeflogen ist und Plopp – war die da. Die habe ich entweder selbst erworben oder selbst gezogen (was über die Jahre gesehen natürlich viel teurer ist). Ist sie mittlerweile vier Jahre, kann man rechnen, was da bereits seit Fohlenalter zusammengekommen ist. Selbst wenn ich diese Stute jetzt nie im Training hatte, sondern immer nur schon aufm Gestüt mitlaufen – 300€ pro Monat muss ich für sie trotzdem mindestens rechnen (wir rechnen schon billig). Und da hat sie noch keine Hufe gemacht bekommen und keinen Tierarzt gesehen. Ich habe ihre eigenen Entstehungskosten noch nicht mal hinzugefügt. Bin nicht so gut in Mathe, aber das ist schon ein Sümmchen – so über vier Jahre (bzw. den Zeitraum, den sie im Mutterleib bereits Geld gekostet hat). Das muss der Jährling erst mal wieder reinholen, wenn sein Durchschnittspreis 48.879€ beträgt. 14.400 Euro hat die Stute aber bereits durch ihre bloße Existenz an Unterhalt verschlungen.

Jetzt kostet der Tierarzt ja auch ordentlich. Und die Voruntersuchungen, die nötigen Impfungen sind mittlerweile utopisch teuer. Wir haben sie noch nicht zum Hengst fahren lassen – aber das kommt auch noch obendrauf. Wir sind jetzt vermutlich schon bei 20.000€ denn wir gehen mal davon aus, dass unsere Stute den auch mal außerhalb der normalen Öffnungszeiten gesehen hat und vielleicht auch mal ne Kolik hatte. Jetzt möchten wir unseren Deckhengst haben. 5.000€ obendrauf. Macht 25.000€ Jetzt wird sie wieder eingestellt, gefüttert und sieht natürlich auch den Tierarzt. Tschö, Geld. Dann kommt das Fohlen – das wird auch betreut. Personalkosten, Tierarzt, Einstreu, Futter, etc. – das fliegt nicht vom Himmel. Bis das Fohlen so weit ist, dass es auf die Auktion gehen kann (und dabei darf es sich nicht verletzen), ist es ca. 1,6 Jahre alt und hat ein Loch in die Kasse gefressen. 

Mit dem Durchschnittspreis ist man „okay“. 48.879 Euro – damit kann man ein gesundes Fohlen aufziehen und einen Jährling verkaufen. Aber das ist ja kein Reingewinn. Und es bringt bei einem Durchschnittswert ja nicht mal jeder Jährling einen solchen Preis. Sondern es gibt genug dadrunter. Wir erinnern uns kurz mal, was Danedream oder Torquator Tasso gekostet haben – die beiden waren auf der Auktion ein Minusgeschäft. Da hat jemand draufgezahlt. Und jetzt sag mir mal, was ein gut gezogener Dreijähriger im Warmblutbereich oder im Westernbereich kostet. Der gesund ist. Keine 5000€ Gurke auf Verkaufsportalen, sondern einer, der bisschen Abstammung hat. Da sind wir auch in dem Bereich, wenn der Züchter halbwegs fair entlohnt werden sollte. 

Ja – wir reden hier immer noch von einer Spezialrasse, die generell ein bisschen teurer bepreist ist. Aber GESUNDE Pferde sind teuer – es drücken nur viele Leute den Preis, weil sie sonst den ganzen Stall voll haben und nicht wissen, wohin damit, wenn sie wirklich mal gegenrechnen würden und den Preis dementsprechend anpassen. Zu billige Pferde sind nicht die Schuld des Rennsports. Und wenn es immer mal wieder einen Ausreißer gibt, so sollte man doch beachten, dass auch genug Pferde gar nicht über die Theke gehen und die Leute auf ihren Kosten sitzenbleiben. Keiner davon ist Millionär mit den Pferden geworden. Keiner.

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Achtung, dieser Post könnte Meinung enthalten. Meine Meinung. Gestatten, Nika S. Daveron. Autorin und Turfteufel in einer Person. Sie finden mich auf der Rennbahn, in einem meiner Bücher oder auf Arschlochpferd.de.

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