Warum man ein Ex-Rennpferd kaufen sollte

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Mich fragen häufig Leute, warum man denn ein Rennpferd kaufen sollte. Das “könne” doch nichts. Da frage ich mich immer, wo die denken lassen. Was kann das Rennpferd bitte nicht (okay, es hat natürlich auch seine Limits, aber es kann schon echt eine Menge)? Die sind doch auch “nur” Pferde. Und sportliche dazu. Vielleicht können sie aufgrund ihrer Bauweise nicht so viel Gewicht tragen und kommen häufig als filigrane Damenpferde daher (aber auch nicht alle), doch ansonsten gibt es keinen Grund, warum man es NICHT nehmen sollte. Außer irgendwelcher bescheuerten Gerüchte.

Das Rennpferd kommt erst mal mit der Umgebung sehr gut klar. Was andere in mühsamer Bodenarbeit erwirtschaften, hat das Rennpferd bereits komplett inhaliert. Es geht überall hin, es geht überall vorbei (vielleicht mal schneller) und es steht sicher nicht in Watte gepackt irgendwo herum und sieht nichts von der Welt. Rennpferde gehen auf Hänger, sind artig beim Schmied (haha, mein Schmied lacht gerade), beim Tierarzt und vor allem sind sie eine Menge Trubel gewohnt. Ein typischer Rennstall beherbergt viele Pferde, Hunde, Katzen, manchmal auch Kinder und sicher flüstert da keiner. Das heißt: Es kennt das ganz normale Stallleben. Nur ist es eben keine Hallenpflanze und wird komplett draußen trainiert. Das heißt, da kommt auch mal ein Golfer vorbei, ein Vogel, ein entlaufener Hund und das Rennpferd kennt auch fiese Blumen und Hölzer, die so herumliegen. Das heißt zwar nicht, dass es sich an manchen Tagen dabei nicht in die Hose macht – aber es kennt die Sachen.

Dann kennt es natürlich den Reiter. Es kennt den Sattel, die Trense und Schritt, Trab sowie Canter und Galopp. Es kennt Pausen, es kennt “ruhige Tage”, es kennt (bei Hengsten etwas schwieriger im Rennstall, aber aus dem Gestüt schon), Herdenhaltung auf der Koppel, es hat Sozialkontakte, es ist einfach ein ganz normales Pferd. In vielen Rennställen wird auf Gymnastizierung Wert gelegt, sodass ihm das auch nicht fremd ist. In ganz wenigen Fällen kennt es sogar ein bisschen Longenarbeit und Bodenarbeit – das sind aber Trainerpräferenzen. Es ist ein junges Pferd, mit dem man “loslegen” kann – in einer zweiten Ausbildung, in der andere Dinge als schnelles Laufen gefordert werden. Und wenn man ihm das schmackhaft macht (und nie vergisst, dass das Rennpferd eben auch manchmal ein bisschen laufen will), dann hat man einen tollen Newcomer, der für viele Dinge offen ist. Für den Traber gilt vielleicht der Reitpart nicht – der erste aber genauso. 

Trotzdem hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Rennpferde krank wären, wenn sie von der Bahn kommen. Oder total Gaga. Oder völlig unsozialisiert. Ist da was dran? Sicherlich gibt es AUCH kranke Pferde, die von der Bahn kommen. Allerdings heißt “krank” im Rennsport nicht zwingend, dass ein Freizeitreiter das Pferd deswegen nicht mehr reiten kann. Nur im Profisport hat es dann vielleicht nichts mehr zu suchen. Das ist zum Beispiel bei Lungenblutern der Fall. Das würde bei herkömmlicher Nutzung gar nicht auftreten, bei einem Sport, der die Lunge sehr beanspruchen kann, ist es aber nicht hilfreich. Und solange alle Probleme adressiert und untersucht wurden und sich alle Parteien darüber im Klaren sind, spricht gar nichts dagegen. 

Gaga? Kann auch mal sein. Manche sind von Haus aus Gaga, andere werden im Rennstall Gaga, weil es ihnen dort nicht gefällt, etc. Gaga … kann man haben wollen oder eben nicht. Muss man selbst herausfinden. Unsozialisiert sind die auch nicht. Ein Rennpferd achtet sehr auf seine Kollegen, auch sie kraulen sich auf der Weide und sie gehen viel zusammen raus, wo sie sich beständig nahe sind. Die sind nicht unsozialer als andere Pferde. Außerdem verbringen die ihre ersten Jahre sowieso komplett im Herdenverband – Nonstop. 

Sicherlich ist so ein Rennpferd nichts für jeden. Aber ein versierter Reiter kann mit denen sehr viel Spaß haben. Unsichere Reiter übertragen die Unsicherheit schnell auf das Pferd und gerade das sensible Vollblut riecht so was auf zehn Kilometer. Doch ansonsten kann man da auch getrost ein Kind draufsetzen – das Vollblut macht einen großartigen Job mit ihnen. Und nicht nur mit ihnen. Generell. Man muss eben nur ein bisschen Arbeit investieren.

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