Deutsches Galopp-Derby: Schinken-Dieb und ein vergessenes Pferd

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Zum 151. Mal wird am Sonntag das Deutsche Derby in Hamburg ausgetragen. Wer wird der Nachfolger des Ittlingers Laccario, der sich vor einem Jahr das Jubiläums-Derby holte und Jockey Eduardo Pedroza nach unzähligen Fehlversuchen endlich mit dem Triumph im Blauen Band bescherte? Das ist die Frage, mit der sich sämtliche Turffreunde schon seit Monaten beschäftigen.

Auch für RaceBets mit seinem Langzeitwettmarkt ist das Rennen des Jahres das absolute Highlight des Jahres hierzulande. Doch bevor sich am 12. Juli die Boxen für das Rennen der Rennen in der Hansestadt wieder öffnen, wollen wir ein wenig zurückblicken. Denn in all den letzten 150 Jahren hat sich vieles ereignet, wobei wir uns auf Platzgründen auf die vielleicht kurioseste Story, einige weitere Anekdoten sowie den Rekordhalter auf Besitzerseite konzentrieren möchten.

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Olaf Schick
Olaf Schick

Bei solch einer langen Historie gab es immer wieder ungewöhnliche Geschichten, die man sich kaum so hätte ausdenken können. Wie im Jahr 1988. Olaf Schick, seines Zeichens Spitzenjockey, aber so etwas wie ein „Enfant terrible“ war für den Ritt auf Luigi in den Farben des Stalles Macassargues von Dietrich von Boetticher vorgesehen.

Der Hunger war groß

Doch die Gedanken des Reiters waren in einer der Nächte zuvor woanders, der Heißhunger überkam Schick und er ließ im Schutze der Nacht einen Schinken mitgehen bei der Firma Abraham, die auf der Rennbahn einen Stand hatte. Geschmeckt haben dürfte Olaf Schick dieser nicht lange, denn die Story kam natürlich raus, und der Derby-Ritt war weg. Walter Swinburn aus England erhielt die Chance auf Luigi und gewann mit dem von Uwe Ostmann in Mülheim trainierten Außenseiter das Derby. Bitter gelaufen für Schick, aber sicher die größte Kuriosität in der Derby-Historie.

Luigi im Stand
Luigi im Stand

Vor vielen Jahren hing Olaf Schick die Reitstiefel an den Nagel, doch der Turf hat ihn seither nie losgelassen. Nahezu jedes Rennen in Deutschland, aber auch die Highlights in Frankreich und dem Rest der Welt verfolgt der in Köln wohnende Schick, der als einer der besten Wetter Deutschlands gilt. Viele Fäden laufen bei ihm zusammen. Und mit diesen Informationen, seinem Wissen und all seiner Erfahrung hat er schon so manchen Treffer gelandet. Das Schinken-Derby haftet ihm zwar auch nach 32 Jahren noch an, aber darüber kann er längst lachen. Wer soviel Humor hat wie der sympathische Kölner, der hakt solche Dinge ab und hofft vielmehr, auch den 151. Derbysieger zu treffen. Wir sind und sicher, dass Olaf Schick schon die ein oder andere besonders spannende und interessante Wette für das IDEE 151. Deutsche Derby platziert hat und auf einen erfolgreichen 12. Juli hofft.



Das vergessene Pferd

Hans Klöber
Hans Klöber im Portrait

Einmal ist sogar ein Pferd am Start vergessen worden: Im Jahr 1989 musste Besitzer Hans Klöber konsterniert feststellen, dass sein Pferd Argentano noch hinter der Startbox stand, als das Rennen auf die Reise ging. Der Hilfsstarter hatte ihn schlichtweg übersehen, die Flagge gehoben, worauf Hauptstarter Jobst Spengemann auf den Knopf drückte und das Derby abging. Klöber reichte sogar Klage ein, man einigte sich Jahre später. Und mit Robertico 1998 gab es dann doch noch die Entschädigung und den derby-Sieg. Vor Ort war der Besitzer allerdings nicht, der aus Aberglauben einen Spaziergang vorzog. Auch Manfred Ostermann weilte bei den Derbysiegen von Lando und Laroche 1993 und 1994 lieber in der benachbarten Kneipe Pony anstatt auf der Horner Rennbahn, und bei Laccario vor einem Jahr schaute er vom benachbarten Hotel aus zu.

Die umstrittene Disqualifikation

Doch zurück zum Jahr 1989, dem vielleicht kuriosesten Derby überhaupt. In jedem Jahr wurde der Sieger Taishan mit Jockey Roman Madejski disqualifiziert. Wegen Behinderung an Mondrian, den Kevin Woodburn steuerte, der im Finish alle Register zog. Hamburgs Geschäftsführer Heinz Kütemann stand mit seinen breiten Schultern wie ein Türsteher vor der Discot im Hamburger Waagegebäude vor dem Zimmer der Stewards. Nach 27 Minuten wurde Taishan tatsächlich disqualifiziert und hinter Mondrian gesetzt. Ob das gerecht war oder nicht, darüber herrscht auch heute noch keine Einigkeit.

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Keiner war so erfolgreich wie Schlenderhan

Gestüt Schlenderhan
Gestüt Schlenderhan

Das Gestüt Schlenderhan in Quadrath-Ichendorf schaffte im Jahr 2009 den 18. Erfolg im Blauen Band. Das Phänomen Schlenderhan wollen wir Ihnen nun nahebringen, die Zuchtstätte Nummer eins in Deutschland mit dem All Time-Rekord.

Genau 1869 gründete Eduard Freiherr von Oppenheim Schlenderhan. Der Name stammt von dem dazugehörigen Schloss und ehemaligen Rittergut Schlenderhan. Ohne jetzt in die ganze Familiengeschichte gehen zu wollen, sei doch erwähnt, dass Karin Baronin von Ullmann bis zu ihrem Tod im Jahr 2009 als Besitzerin eine herausragende Rolle spielte. Die „Grande Dame“ des deutschen Galopprennsports erlebte den 17. Derbysieg von Adlerflug 2007 noch mit, zwei Jahre später war ihr dies bei Wiener Walzer leider nicht mehr vergönnt.

Seither steht ihr Sohn Georg gemeinsam mit Ehefrau Corinna an der Spitze und führt Schlenderhan so erfolgreich weiter wie eh und je. Deutlich mehr als jeweils über 30 Züchter- und Besitzer-Championate sprechen für sich. Schon vor einigen Jahren stellte das Team die Weichen für die Zukunft. Man schuf in der Nähe des in Quadrath-Ichendorf bei Bergheim gelegenen Gestüts in Disternich eine Dependance für Jährlinge und rekonvaleszente Pferde.  Ende 2006 eröffnete die neue gebaute Trainingszentrale, die allerdings Ende 2019 wieder geschlossen wurde. Der Deckhengst Monsun war schon zu Lebzeiten eine Legende, denn er zählt zu den besten Vererbern in Europa.



Ideale Voraussetzungen

Aber was sind die Hintergründe für all diese Erfolge, die ihresgleichen suchen? General Manager Gebhard Apelt vor einigen Jahren in einem Interview: „Das Wichtigste am Phänomen Schlenderhan ist unsere Scholle, der Grund und Boden“, erklärt er. „Das Gestüt befindet sich in der rheinischen Tiefebene. Hier sind die Böden qualitativ hochwertig. Allein schon die Größe schafft ideale Voraussetzungen. Wir haben sehr viel Platz. Die Pferde sind oft an der Luft und haben Bewegung.“

Deckhengst Adlerflug im Gestüt Schlenderhan
Deckhengst Adlerflug im Gestüt Schlenderhan

Doch nicht nur die Bedingungen sind erstklassig, auch die Personen, die hinter Schlenderhan stehen, sind Profis. Apelt: „Die Familie Ullmann hat sehr in die Zukunft investiert, und zwar so viel wie kein anderer in Deutschland. Man hat kein Mittelmaß gekauft, sondern das Beste, was möglich war. Das fängt schon bei der Auswahl der Deckhengste an. Man ist nicht zu Billig-Hengsten, die vielleicht eine schnelle Rendite versprachen, gegangen, sondern hat bewusst Pferde für die Derby-Distanz von 2.400 Metern gezüchtet und erworben. Außerdem ist unsere Anlage nicht nur einzigartig in Deutschland, sondern neben Ballydoyle (Anm. d. Red.: das Coolmore Stud in Irland) auch, was den technischen Fortschritt angeht, auch in Europa führend.“

Geduld, Glück und Geld

Damit solche Erfolge nicht nur kurzer Natur sind, sondern dauerhaft, verfolgt Georg Baron von Ullmann mit seiner Mannschaft eine ganz klare Linie: „Das sind die drei G´s“, verriet Gebhard Apelt. „Geduld, Glück und Geld. Und über all diese Vorzüge verfügt die Familie. Nicht umsonst existiert der Betrieb schon so lange. Denn man hat sich in den verschiedensten Bereichen sehr hohes Know-how gesichert. Man ist nicht am Status Quo, sondern am langfristigen Erfolg interessiert. Schnell-schnell oder hoppla-hopp zählt hier nicht.“ Sich immer weiter zu verbessern nach betriebswirtschaftlichen Bedingungen, das ist das Credo.  „Wir hatten auch das Glück, in den vergangenen Jahren immer wieder investieren zu können, das Gestüt und die Rennbahn zu bauen. Denn durch die Entwicklung von Monsun zu einem Weltklasse-Vererber und den Verkäufen von solchen Ausnahmepferden wie Tiger Hillund Welt-Champion Manduro wurden Liquiditäten frei (Anm. d. Red.: Beide Pferde wurden für Millionensummen an Dubai-Herrscher Sheikh Mohammed verkauft). Dieses Geld wurde nie für private Zwecke genutzt“, erklärt Gebhard Apelt. Nicht vergessen darf man in der Aufzählung von Klassepferden auch Shirocco, der sogar den Breeders´ Cup, eines der bedeutendsten Rennen in den USA, gewann.

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Michael Hähn
Michael Hähn
Unser Autor Michael Hähn arbeitet als freier Journalist in Baden-Baden. Der Galopprennsport ist seit vielen Jahren sein Metier, und seine Leidenschaft sind Rennveranstaltungen in Deutschland und auf der ganzen Welt.

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